Wissenswertes über Alkohol,
seine Wirkungen und die Gefahren

In Teil 3 wird über u. a. auf die Messung von Alkohol in der Atemluft, Warnsignale zur Erkennung von Alkohol- und/oder Drogenproblemen sowie Strategien zur Beeinflussung der Blutalkoholkonzentration (BAK) eingegangen.

Zur objektiven Feststellung der Alkoholkonzentration im Blut muss man die inzwischen auch für den Notfalleinsatz verfügbaren Messgeräte einsetzen, die den Atem (z.B. Alcomatâ, Alcometerâund Alcotestâ 7010 / 7310 / 7410) und Speichel, sowie das Blut bzw. Serum (gelegentlich auch den Harn) als Untersuchungsmaterial nutzen. Für die spätere Verwertbarkeit, z.B. in Gerichtsverfahren, muss die Blutalkolbestimmung jedoch nach strengen Richtlinien (2 unterschiedliche Methoden, 4 Einzelwerte mit enger Variationsbreite) erfolgen.

Frage 6: Gibt es Warnsignale, die auf Alkohol- und Drogenprobleme hinweisen?

Folgende Warnsignale können außerdem auf Alkohol- und Drogenprobleme hinweisen und sind daher für Eltern und Erzieher wichtig:

  • Plötzliches Absinken der Schulleistungen auf allen Gebieten (nicht nur in einem Fach!)

  • Aufgabe oder ständiger Wechsel des Freundeskreises

  • Rückzug in die totale Isolation (man erscheint nicht mehr zu den häuslichen Mahlzeiten)

  • Aufgabe bisheriger Interessen bis zur Teilnahmslosigkeit (die früher heißgeliebte Gitarre verstaubt)

  • Unerklärlicher Geldmangel (man pumpt ständig Freunde und Verwandte an)

    Schließlich noch eine häufig gestellte Frage.

    Frage 7: Liefern erhöhte Leberwerte eindeutige Hinweise auf Alkoholabusus oder gibt es objektivere „Alkoholismusmarker“ (besser mit Alkoholkonsummarker bezeichnet)?

    Dieses Thema wurde bereits im Gesundheits Kompass 20, (4) 21 22 (2017) behandelt!

    Frage 8: Gibt es Strategien zur Beeinflussung der Blutalkoholkonzentration?

    Jeder kennt solche Ausreden und vermeintlichen Ratschläge und der Sachverständige bei Gerichtsverfahren ist fast täglich damit konfrontiert. Doch was ist wirklich dran?

    Ernüchterungsmittel bzw. „Promille-Killer“

    Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Präparaten, die eine Senkung der Blutalkoholkonzentration bewirken sollen, und solchen, die bei unveränderter Blutalkoholkonzentration angeblich die Wirkung des Alkohols vermindern.

    Hierbei handelt es sich um Kapseln, Pulver oder Limonaden, die häufig als so genannte Nahrungsergänzungsmittel lebensmittelrechtlich zugelassen sind und beispielsweise im Internet angeboten werden. Eine forensisch relevante Wirkung ist bisher jedoch bei keinem dieser Produkte wissenschaftlich nachgewiesen worden.

    Alcopops

    Weit verbreitet ist auch die Meinung, dass sog. Alcopops keinen oder kaum Alkohol enthalten, da man diesen häufig nicht schmeckt. Tatsächlich beträgt der Alkoholgehalt üblicherweise 5 bis 10 Vol.-% (in Ausnahmefällen auch mehr). Es wird lediglich der Eigengeschmack des Alkohols durch Zusätze von beispielsweise Fruchtaromen (Limonaden) überdeckt.

    Entstehung von Alkohol durch Gärung im Körper

    Die Entstehung nennenswerter Mengen von Alkohol durch Gärung (z.B. von Erdbeeren im Magen oder Darm), die zu einer messbaren Blutalkoholkonzentration führen würde, ist auszuschließen.

    Alkoholfreies Bier und Diätbier

    Nach dem Lebensmittelgesetz ist es erlaubt, Getränke bis zu einem Alkoholgehalt von 0,5 Vol.-% als „alkoholfrei“ zu bezeichnen. Dieser Alkoholgehalt ist verkehrsmedizinisch gesehen ebenfalls kaum relevant. So müsste etwa eine erwachsene männliche Person mit einem Körpergewicht von 75 kg und normaler Konstitution (r = 0,7) mindestens 26 g Ethanol trinken, um theoretisch (!) auf 0,5 ‰ zu kommen, und diese Menge wäre erst in etwa 6 ½ L eines solchen Bieres enthalten.

    Zu warnen ist allerdings vor der weitverbreiteten Auffassung, dass die sog. Diätbiere keinen oder weniger Alkohol enthielten. Geringer ist lediglich der Gehalt an Kohlenhydraten. Der Ethanolgehalt kann sogar über dem normaler Biere liegen.

    Klosterfrau Melissengeist

    Dieses Destillat enthält 79 Vol.-% Alkohol (Flaschengrößen 47 ml, 95 ml, 155 ml, 235 ml, 330 ml, 475 ml, 950 ml. / Rote Liste 2018). Der Konsum des Inhaltes einer 47-mL-Flasche könnte bei einer männlichen Person mit einem Körpergewicht von 80 kg und normaler Konstitution zu einer maximalen Blutalkoholkonzentration von etwa 0,6 ‰, der einer 330 mL-Flasche entsprechend zu einem theoretischen maximalen Wert von etwa 3,7 ‰ führen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass auch bei Unkenntnis des Alkoholgehaltes die berauschende Wirkung beim Genuss größerer Mengen subjektiv erkannt wird.

    Einatmen oder Einreiben von Ethanol bzw. anderen Mitteln

    Selbst beim Einatmen von Ethanol-Dämpfen, deren Konzentration das 20- bis 50fache der zugelassenen MAK-Werte (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) betrug, konnte lediglich eine maximale Blutalkoholkonzentration von 0,055 ‰ gemessen werden.

    Schlaf und Restalkohol

    Es besteht kein relevanter Unterschied zwischen der Abbaugeschwindigkeit des Alkohols im Schlaf- und Wachzustand.

    Ein häufig bei Gericht zu begutachtendes Phänomen ist der sog. Restalkohol. Geht man nach einem größeren Alkoholgenuss, der zu einer BAK von 2,5 ‰ führte, etwa um 01.00 Uhr zu Bett, so ist damit zu rechnen, dass morgens um 07.00 Uhr (beispielsweise bei der Fahrt zur Arbeitsstätte) immer noch eine wahrscheinliche Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰vorliegt (2,5 ‰ – 6 h x 0,15 ‰). Selbst bei einem sehr hohen Abbau von 0,2 ‰ pro Stunde wäre immer noch mit einer Mindestblutalkoholkonzentration um 1,3 ‰ zu rechnen (2,5 ‰ – 6 h x 0,2 ‰).

    Besonders verhängnisvoll kann es sich auswirken, wenn ein erneuter Alkoholkonsum (z.B. Frühschoppen) auf einen Restalkohol „aufgesetzt“ wird, da dann häufig hohe Blutalkoholkonzentrationen resultieren, die – subjektiv betrachtet – oftmals nicht als solche von Betroffenen erkannt werden.

    Arbeit, Sport, Sauna, Dusche

    Im Vordergrund der Diskussion stehen meist zwei Vermutungen: Auf der einen Seite wäre zu überprüfen, ob sich durch Schwitzen oder andere Flüssigkeitsverluste Veränderungen des Körperwassers (und damit von r) ergeben. Andererseits wäre vorstellbar, dass durch gesteigerte Stoffwechseltätigkeit auch der Alkoholabbau beschleunigt wird. Zahlreiche Untersuchungen ergaben jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass für Arbeit, Sport, Ruhe oder Schlaf, Schwitzen oder Kältebehandlung verschiedene Rückrechnungswerte angewendet werden müssen.

     

    Kaffee, Tee, Koffein

    Kaffee und das darin enthaltene Koffein haben auch keinesfalls die „ernüchternden“ Eigenschaften, die ihnen die Volksmeinung häufig zuschreibt. Zwar gelingt es oft, die durch Alkohol verursachte längere Reaktionszeit zu verkürzen, in vielen Fällen verschlechterte sich jedoch die „Reaktionsqualität“, d.h. Versuchspersonen reagieren nach Koffeingabe zwar schneller als bei alleiniger Alkoholverabreichung, sie machen jedoch mehr Fehler.

    Besonderheiten bei Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)

    Bei Diabetikern mit schwersten Krankheitsbildern können im Präkoma oder Koma zwar hohe Acetonkonzentrationen im Blut auftreten, die spezifischen Methoden zur Messung der Blutalkoholkonzentration (ADH und insbesondere die Gaschromatographie) zeigen jedoch den wahren Wert der Blutalkoholkonzentration an. Bei schwereren Krankheitszuständen muss stets auch diskutiert werden, ob nicht bereits das Leiden allein eine Leistungsminderung bewirkt, die eine Teilnahme am Straßenverkehr verbietet.

     

    (Fortsetzung in Teil 4, in dem u.a. über forensisch relevante Einflüsse auf den Verlauf der „Blutalkoholkurve“, die Möglichkeiten der modernen Begleitstoffanalyse, die Gefahren des Alkohols beim Führen von Kraftfahrzeugen, die „tödliche“ Blutalkoholkonzentration sowie den Umgang mit alkohol- sowie drogengefährdeten Personen im Alltag berichtet wird).

     

Über den Autor

Prof. Dr. rer. nat. Harald Schütz
Prof. Dr. rer. nat. Harald Schütz
Forensischer Toxikologe
Institut für Rechtsmedizin der Universität Gießen

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