Mit Herzschrittmacher oder Defibrillator verreisen

Über 70 % der Deutschen verreisen mindestens einmal pro Jahr für durchschnittlich 13 Tage. Darunter dürften sich auch viele Menschen mit implantierten Herzschrittmachern und Defibrillatoren befinden. Auch wenn das Implantat meist keine Einschränkung für die Reiseaktivität bedeutet, sollten ein paar Besonderheiten beachtet werden.

Nach Implantation eines Herzschrittmachers bzw. Defibrillators kann der Patient bei unkompliziertem Verlauf nach 2 Tagen fliegen. Im Fall einer Reise früh nach Implantation müssen eine Wundkontrolle und die Behandlung von Frühkomplikationen am Reiseziel sichergestellt sein. Urlaubsreisen sollten daher möglichst erst nach der Einheilung erfolgen. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass der Arm auf der Operationsseite für die ersten 6 Wochen geschont und nicht über 90° angehoben werden soll sowie Baden/Schwimmen bis zur vollständigen Wundheilung vermieden werden muss. Rechtzeitig vor der Reise sollte eine Kontrolle des Schrittmachers oder Defibrillators erfolgen.

Des Weiteren ist das Mitführen des Aggregatausweises im Portemonnaie oder Handgepäck zwingend erforderlich. Unbedingt sollte eine Kopie des Aggregatausweises angefertigt und an anderer Stelle im Gepäck verwahrt werden. Die Kontaktdaten des betreuenden Zentrums zu Hause müssen selbstverständlich ebenfalls mitgenommen werden.

Bei Reisen ins Ausland kann es sinnvoll sein, sich über mögliche Behandlungszentren am Urlaubsort zu informieren. Die entsprechende Information kann von den Patienten entweder telefonisch von den Herstellern erfragt oder über die Homepage in Erfahrung gebracht werden.

Das Implantat stellt für fast keine Reise eine Einschränkung dar. Als Ausnahme gilt hier lediglich ein Tauchurlaub. Da der Umgebungsdruck mit der Tauchtiefe zunimmt, kann es zu geringen Verformungen des Gehäuses kommen. Bis 2 m Tauchtiefe bestehen keine Bedenken, so dass dem Schnorcheln nichts entgegensteht. Ob darüber hinaus mit dem Implantat getaucht werden darf, muss individuell mit dem Hersteller im Vorfeld besprochen werden.

Bei den Sicherheitskontrollen am Flughafen oder in Kreuzfahrtschiffen werden entweder Metalldetektoren oder Ganzkörperscanner verwendet. Konventionelle Metalldetektoren arbeiten mit einem niedrig frequenten Magnetfeld, das beim Durchschreiten weder Schrittmacher noch Defibrillatoren beeinflusst, diese jedoch unter Umständen detektiert. Wird ein Hand-Metalldetektor verwendet, besteht die Gefahr, dass der Detektor wiederholt über das Implantat geführt wird, wodurch dieses beeinflusst werden kann. Daher sollten Hand-Metalldetektoren bei Patienten mit elektrischen Implantaten in der Nähe der Aggregate vermieden werden. Ganzkörperscanner arbeiten mit hochfrequenten Radiowellen, die von der Körperoberfläche reflektiert werden. Eine Beeinflussung von Herzschrittmachern oder Defibrillatoren tritt nicht auf. Im Gegensatz zu herkömmlichen Metalldetektoren werden elektrische Implantate von den Ganzkörperscannern nicht erkannt.

Neuerdings stehen an Flughäfen Hinweisschilder für Passagiere, die einerseits darauf hinweisen, dass gemäß gesetzlicher Vorgaben die Verwendung von Scannern auf freiwilliger Basis geschieht, andererseits darüber informieren, dass Reisende mit Herzschrittmachern und Defibrillatoren die Ganzkörperscanner gefahrlos benutzen können.

Beim Starten und Landen eines Flugzeugs könnte es über die Sensor-vermittelte Herzfrequenzsteuerung vorübergehend zu einem kurzfristigen Anstieg der Stimulationsfrequenz kommen. Dieser überschreitet jedoch die geringen Frequenzanstiege beim Reisen mit dem Auto nicht. Lediglich bei stärkeren Turbulenzen wurden Anstiege der Sensorfrequenz bis 15 % beschrieben. Bei Patienten mit Flugangst ist durch die auftretende Hyperventilation gleichfalls mit einer höheren Stimulationsfrequenz zu rechnen.

Patienten, deren Aggregat telemedizinisch nachgesorgt wird, können den Transmitter auf Reisen mitnehmen. In den meisten Fällen ist eine telemedizinische Nachsorge auch im Ausland möglich. Im Einzelfall empfiehlt sich eine vorherige Rücksprache beim Hersteller. Dies ist jedoch nur in den Fällen sinnvoll, in denen der Patient vom nachsorgenden Zentrum im Fall von Auffälligkeiten auch im Ausland kontaktiert werden kann.

Kosmische Strahlung stellt einen nichtvermeidbaren Teil der radioaktiven Hintergrundstrahlung dar, deren Intensität u.a. vom Abstand zur Erdoberfläche abhängt. Während einer Flugreise ist die kosmische Strahlung etwa 100-fach höher als auf der Erde, so dass ein höheres Risiko einer Beeinflussung von Herzschrittmachern oder Defibrillatoren besteht. Durch verbesserte Sicherheitsmaßnahmen ist jedoch nahezu nicht mehr mit einem Ausfall des Implantats zu rechnen.

Über den Autor

Prof. Dr. med. Martin Brück
Prof. Dr. med. Martin Brück
Chefarzt der Medizinischen Klinik I
Klinikum Wetzlar

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