Radon, das unbekannte Krebsrisiko

Rauchen gilt als häufigste Ursache für die Entstehung von Lungenkrebs. Das ist mittlerweile Allgemeinwissen. An zweiter Stelle der Lungenkrebsrisiken steht ein Gas, das nur wenige kennen: Radon, ein inhalierbares radioaktives Edelgas. Nach wissenschaftlichen Berechnungen ist Radon in Europa für ca. 9% aller Lungenkrebstodesfälle und ca. 2% aller Krebstodesfälle insgesamt verantwortlich. Neben dem Lungenkrebs ist das Gas auch an der Entstehung von schwarzem Hautkrebs, dem "malignen Melanom" beteiligt.

Was ist Radon?

Radon ist ein chemisches Element das zu den Edelgasen gezählt wird. Radon entsteht in der Erde durch radioaktiven Zerfall, vorwiegend aus den Zerfallsreihen von Uran und Thorium. Es entweicht aus dem Erdreich in die Atmosphäre, wo es weiter radioaktiv zerfällt und daher strahlt. Die Halbwertszeit von Radon, d.h. die Zeit in der die Strahlenmenge um die Hälfte abnimmt, beträgt ca. 3,8 Tage. Die Radonstrahlung verursacht den weitaus größten Anteil der sogenannten natürlichen Strahlung der Erdoberfläche, der wir Menschen ausgesetzt sind. Bei der Radonstrahlung handelt es sich um eine Alphastrahlung, die aus schweren Teilchen besteht und im Gegensatz zur kosmischen Gammastrahlung (oder zur Röntgenstrahlung) nur eine sehr kurze Reichweite (in Luft einige Zentimeter) hat. Die schädliche Wirkung der Alphastrahlung setzt daher einen unmittelbaren Kontakt voraus, wie er beispielsweise auf der Haut oder durch Inhalation in der Lunge entstehen kann.

Wo kommt Radon vor?

Für die Entstehung von Radon werden bestimmte andere radioaktive Elemente im Erdreich benötigt. Daher ist sein Vorkommen von der geologischen Beschaffenheit der jeweiligen Region abhängig. Hohe Radiumkonzentrationen gibt es in Deutschland in den Mittelgebirgen mit Granitgestein und in ehemaligen Bergbaugebieten - insgesamt sind die Radonkonzentrationen in Süddeutschland viel höher als im Norden. Das Gas diffundiert aus den obersten Gesteinsschichten nicht nur in die Atmosphäre, sondern auch ins Grundwasser, in Keller und geschlossene Räume jeder Art. Da Radon schwerer als Luft ist, kann es sich in geschlossenen Räumen ansammeln und so hohe Konzentrationen erreichen.

Wie wird Radon gemessen?

Der Anteil des Radons in der Luft ist so gering, dass die sonst bei Gasen übliche Angabe eines Partialdruckes keinen Sinn ergeben würde. Radonkonzentrationen werden in Becquerel/Kubikmeter (Bq/m³) gemessen. In Deutschland beträgt die durchschnittliche Radonbelastung unter freiem Himmel ca. 15, in geschlossenen Räumen 60 in einem Meter Tiefe im Erdreich bereits mehr als 5000 und im Trinkwasser ca. 6000 Bq/m³. Die Werte in geschlossen Räumen sind jedoch je nach Lage des Gebäudes sowie der Dichte von Fundament und Wänden extrem unterschiedlich sein (<60 bis >1000 Bq, im Keller deutlich mehr als unter dem Dach). Radon richtet in Wasser gelöst keine Schäden an, beim Kontakt mit Luft löst es sich jedoch aus. So wurden beispielsweise in einem Wasserwerk 40.000 Bq/ m³ Luft festgestellt.

Geräte zur Radonmessung gibt es im Fach- und Versandhandel zu Preisen von ca. 250 bis 500 Euro. Für die Messung ist wichtig, dass Durchschnittswerte über einen längeren Zeitraum gemessen werden, da Raumkonzentrationen häufig Schwankungen unterliegen.

In welcher Menge ist Radon gesundheitsschädlich?

Die Wahrscheinlichkeit einer gesundheitlichen Schädigung durch radioaktive Strahlung steigt mit der Strahlenmenge (sogenanntes "stochastisches Risiko"). Auch wenn sehr niedrige Dosen mit einem sehr niedrigen Schädigungsrisiko einhergehen gibt es keine Schwelle unterhalb derer Strahlung keine Schäden verursachen könnte. Andererseits können wir uns dem Einfluss radioaktiver Strahlung nicht gänzlich entziehen, da überall eine zumindest geringe natürliche Strahlung vorkommt.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt die Radonkonzentrationen in geschlossenen Räumen auf 100 Bq/m³ zu begrenzen, da bei Werten über 150 bereits ein statistisch relevanter Anstieg des Lungenkrebsrisikos nachweisbar sei. Die Europäischen Kommission hat mit Wirkung zum 6.2.2018 Grenzwerte für den Jahresdurchschnitt in Wohnraum festgelegt, die in nationales Recht umzusetzen sind. In Deutschland legt das Strahlenschutzgesetz einen Referenzwert von 300 Bq/m³ für Gebäude fest, bei dessen Überschreitung Maßnahmen ergriffen werden sollen. Diese Maßnahmen sind im deutschen Recht aber nur für Arbeitsplätze vorgeschrieben, bei bestehendem Wohnraum sind sie freiwillig (s.a. Bundesamt für Strahlenschutz, www.bfs.de).

Wie kann man sich vor Radon schützen?

Unter freiem Himmel ist das Radon kein Problem. Nur in geschlossenen Räumen können sich bedenkliche Konzentrationen bilden. Die einfachste und häufig auch ausreichende Maßnahme gegen Radon in Gebäuden ist intensives Lüften. Reicht häufiges Lüften durch offene Fenster nicht aus kann eine installierte Zwangslüftung helfen. Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sind optimal. Sind die Radonwerte trotz Lüftung zu hoch, sollte über bauliche Maßnahmen nachgedacht werden. Ein Abdichten des Fundamentes und der Kellerwände kann das Eindringen des Gases verhindern. Auch der Bau eines sogenannten "Radonbrunnens" neben dem Wohnhaus gilt als effektive Maßnahme. Bei Neubauten in Gegenden mit hohem Radonvorkommen sind Häuser ohne Keller im Vorteil.

Wieviel Radon gibt es im Lahn-Dill-Kreis?

Diese Frage kann ich nicht verlässlich beantworten. Wieviel Radon in einem Haus vorkommt hängt von der genauen Lage, Alter und Bauweise und der Frage ob ein Keller vorhanden ist ab. Im eigenen Keller habe ich nach einem Urlaub mit geschlossenen Fenstern Werte über 1200 Bq/m³ gemessen - im Jahresmittel liegen die Werte um 200 Bq/m³. In den darüberliegenden Wohnräumen sind sie deutlich geringer.

Über den Autor

Dr. med. Roger Agne
Dr. med. Roger Agne
Chefarzt Innere Medizin
Dill-Kliniken

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