Wovor haben wir Angst?

Über die Risiken von Infektionskrankheiten in Deutschland

Infektionen können töten. Daran erinnert die aktuelle auf den Namen CoVid-19 getaufte Lungenerkrankung. Doch welchen Stellenwert haben Infektionskrankheiten in Deutschland und wo stehen sie in der Sterbestatistik?

Hier folgt ein Faktencheck gesundheitlicher Risiken und ihrer Wahrscheinlichkeiten. Zunächst zu den Infektionskrankheiten. Welches sind die fünf tödlichsten Infektionserreger in Deutschland?

Platz 5: Legionärskrankheit

An fünfter Stelle der Todesfälle durch Infektionskrankheiten in Deutschland steht die Lungenentzündung durch das Bakterium Legionella, bekannt als Legionärserkrankung. Namensgebend war eine Tagung der Kriegsveteranenvereinigung „The American Legion“ in Philadelphia bei der viele Teilnehmer erkrankten und schließlich 34 starben. In Deutschland sind in 2018 63 Menschen an der Legionellose verstorben.

Platz 4: Tuberkulose

Leider nehmen die Tuberkulosefälle in Deutschland wieder zu. 2018 verstarben 129 Menschen mit einer Tuberkulose. Verursacht wird die Erkrankung von Erregern des Mycobacterium-tuberculosis-Komplexes. Neben der Lungentuberkulose, der bekanntesten und häufigsten Form kann die Tuberkulose auch Innere Organe betreffen. Auch können Reaktivierungen von Jahrzehnte zurückliegenden damals ausgeheilten Infektionen vorkommen, insbesondere wenn eine Schwächung des Immunsystems besteht.

Platz 3: MRSA

Die Abkürzung steht für "Methicillin-resistenter-Staphylococcus-aureus", eine besonders antibiotikaresistente Form eines Bakteriumstammes. Diese Bakterien werden gelegentlich als Krankenhauskeime bezeichnet. Sie kommen jedoch auch in sehr hohem Maße in der industriellen Tierhaltung (Schweine- und Geflügelfleisch) vor, verursacht durch den Einsatz von Antibiotika. Die durch Antibiotikaresistenz erschwerte Behandlung begründet die Gefährlichkeit dieser Bakterien. 2018 verstarben in Deutschland 184 Menschen mit einer invasiven MRSA-Infektion.

Platz 2: Clostridium difficile

Die am zweithäufigsten tödlich verlaufende Infektionskrankheit in Deutschland ist eine Durchfallerkrankung, verursacht durch ein Bakterium, das den Namen Clostridium difficile trägt. Die Erreger kommen überall in der Umwelt und auch im Magen-Darm-Trakt vor. Das Gift das sie bilden, kann zu leichten Durchfallerkrankungen, aber auch zu lebensbedrohlichen Verläufen führen (sogenannte "pseudomembranöse Kolitis"). Risikofaktoren sind zum Beispiel fortgeschrittenes Alter oder eingeschränkte Immunkompetenz. Insbesondere eine Antibiotikatherapie kann das Gleichgewicht der Darmflora stören und zu einer Überbesiedlung mit Clostridium difficile führen. 2018 verstarben in Deutschland 649 Menschen mit einer schweren Verlaufsform.

Influenza- und Coronaviren

Die tödlichste Infektionskrankheit in unserer Heimat ist die Influenza, die sogenannte echte Grippe. Sie tritt jährlich in der kalten Jahreszeit auf und ihre Gefährlichkeit schwankt stark.

Während im Winter 2017/2018 in Deutschland ca. 25.000 Menschen an Influenza starben verläuft die aktuelle Saison eher milde. Lt. offizieller Statistik des Robert-Koch-Institutes war bei Redaktionsschluss bei 182.000 Menschen eine Infektion nachgewiesen und 954 Menschen waren verstorben. Beim tödlichsten Influenzaverlauf, den Europa je erlebte, fielen in den Jahren 1918 bis 1920 mehr als 25 Millionen Menschenleben dem Virus zum Opfer - es waren mehr als die Kriegstoten des gesamten 1. Weltkrieges.

Da sich die Viren jährlich verändern, muss für jede Saison neu geimpft werden. Obwohl Influenza die bislang tödlichste Infektionskrankheit in Deutschland ist, lassen sich nur wenige Menschen dagegen impfen. Im Gegensatz zum Coronavirus erregt sie derzeit wenig Aufmerksamkeit.

Und was ist mit Corona?

Das Coronavirus SARS-CoV-2 bzw. die dadurch verursachte Lungenerkrankung CoVid-19 ist die derzeit weltweit größte Herausforderung für Gesundheit und Ökonomie nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Da sich meine Rangliste auf Sterbefälle vergangener Jahre stützt kann Corona hier nicht bewertet werden. Eine abschließende Bewertung wird man auch erst nachträglich vornehmen können. Der weltweite Infektionsverlauf zeigt eine hohe Dynamik und die Entwicklung wird entscheidend davon abhängen, wie gut sich die Ausbreitung verringern lässt. Solange die Zahl der Personen die ein Infizierter neu ansteckt größer eins ist werden die Infektionszahlen steigen, liegt diese Zahl kleiner eins, werden sie abnehmen. Wie es ökonomisch und gesundheitlich in unserem Lande weiter geht und wie lange die Krise anhält wird entscheidend von unserem Verhalten, dem eines jeden einzeln Bürgers abhängen.

Infektionen dominieren nicht die Todesstatistik

Häufigste Todesursache in Deutschland waren in den vergangenen Jahren nicht Infektionskrankheiten, sondern Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im letzten Jahr führten Sie die Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes mit 344.500 Fällen mit Abstand an. Danach folgen die Krebserkrankungen (227.600), dann die Erkrankungen der Atmungsorgane (68.400). Unter den Todesfallzahlen durch Krebs führt Darmkrebs mit ca. 25 Tsd. pro Jahr, gefolgt vom Brustkrebs mit ca. 18 Tsd. und Prostatakrebs mit ca. 17 Tsd. Das Risiko im Straßenverkehr zu sterben ist dagegen geringer, trotz 2,6 Mio. Unfällen starben in 2019 nur (?) 3.275 Menschen. Mordopfer gab es übrigens 386 (in 2018).

 

Fazit

Gemeinsam werden wir die Coronakrise bewältigen. Tragen Sie dazu bei in dem Sie die Empfehlungen und Anweisungen von Regierung und Behörden befolgen.

Es wird auch eine Zeit nach Corona geben. Bitte verhalten Sie sich so, dass Sie auch dann stolz auf sich sein können. Hamsterkäufe sind übrigens sehr unsozial. Panik und Hysterie sind unnötig und haben auch noch nie geholfen.

 

Über den Autor

Dr. med. Roger Agne
Dr. med. Roger Agne
Chefarzt Innere Medizin
Dill-Kliniken

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