Kinder ertrinken leise!

DLRG: „zurückgehende Schwimmfertigkeit bei den Kindern eine Ursache.“

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) teilte am 20.03.2020 in München folgendes mit:

„Im Jahr 2019 sind in Deutschland mindestens 417 Menschen ertrunken. In Binnengewässern verloren 362 Männer und Frauen, das sind rund 87 Prozent der Opfer, ihr Leben. Flüsse, Seen oder Kanäle sind nach wie vor die größten Gefahrenquellen. Nur vergleichsweise wenige Gewässerstellen werden von Rettungsschwimmern bewacht. Das Risiko, dort zu ertrinken, ist deshalb um ein Vielfaches höher als an Küsten oder in Schwimmbädern.

Besonders vom Ertrinken betroffen sind Kinder und junge Menschen. 17 Kinder im Vorschul- und 8 im Grundschulalter kamen im Wasser ums Leben.

Ertrinken gehört zu den häufigsten tödlichen Unfallursachen bei Kindern. Leider werden die Risiken im häuslichen Umfeld unterschätzt, ganz im Gegensatz zu den Gefahren im Straßenverkehr. Die Zahl der beinahe ertrunkenen Kinder ist deutlich höher. Die Gefahr von Hirnschäden nach erfolgreicher Wiederbelebung infolge Sauerstoffmangels des Gehirns kann eine dramatische Spätfolge sein.

Die Gefahr lauert auch im eigenen Swimmingpool

Leider können schon wenige Zentimeter Wasser ein kleines Kind in Lebensgefahr bringen. Gerät das Gesicht unter Wasser, verschließt sich reflexartig der Kehlkopf und es kommt zu einer Art „Starre“ mit Atemsperre. Dadurch tritt kein automatischer Selbstrettungsversuch durch Schreien oder „lautes Wasserschlagen“ ein, das Kind sinkt unter Wasser und bleibt orientierungslos am Boden liegen. Dies geschieht mitunter so schnell, dass Außenstehende mitunter die Not des Kindes nicht wahrnehmen, das Kind ertrinkt „leise“ und unbemerkt.

Gefahren minimieren

Die Einhaltung von Vorschriften und Gebrauchsanweisungen für eingelassene oder aufgestellte Schwimmbecken mit Sicherheitshinweise nach DIN EN 16582 (Europäische Sicherheitsnorm) sind Voraussetzung im Sinne der technischen Seite.

Nach dieser Norm soll jederzeit eine ständige, aktive und wachsame Beaufsichtigung schwacher Schwimmer und Nichtschwimmer durch eine sachkundige erwachsene Aufsichtsperson erfolgen (es wird daran erinnert, dass das größte Risiko des Ertrinkens bei Kindern unter 5 Jahren besteht).

Schwache Schwimmer oder Nichtschwimmer sollten persönliche Schutzausrüstung tragen, wenn sie ins Schwimmbecken gehen.

Wenn das Schwimmbecken nicht benutzt oder überwacht wird, werden sämtliche Spielsachen aus dem Schwimmbecken und seiner Umgebung entfernt, um zu verhindern, dass Kinder davon angezogen werden.

Gefahren minimieren heißt aber in erster Linie: So früh wie irgendwie möglich Schwimmen erlernen!

In der oben zitierten Pressemitteilung kritisiert die DLRG in diesem Zusammenhang die sich weiter verschlechternden Rahmenbedingungen für die Schwimmausbildung. „20 bis 25 Prozent aller Grundschulen bieten keinen Schwimmunterricht mehr an, weil ihnen kein Bad zur Verfügung steht und ausbildende Verbände wie die DLRG haben lange Wartelisten von ein bis zwei Jahren für einen Schwimmkurs. Mehr als jeder zweite Grundschulabsolvent ist kein sicherer Schwimmer mehr.“

Die DLRG startet daher ihre Aufklärungskampagne „Sicheres Schwimmen“ und fordert Eltern, Lehrkräfte und Schwimmtrainer auf, ihren gesellschaftlichen Auftrag, den Kindern das Schwimmen zu lehren, ernst zu nehmen und diesem mit allen Mitteln nachzukommen.

Die DLRG nennt grundlegende Baderegeln:

  • Nimm Rücksicht auf andere Badende, besonders auf kleine Kinder!
  • Als unsicherer Schwimmer nur bis zur Brust ins Wasser gehen!
  • Verwende nur sichere Schwimmhilfen (Gütesiegel), Badetiere sind als „Schwimmhilfe“ ungeeignet und auch gefährlich!
  • Bringe andere Schwimmer nicht durch Stoßen und Untertauchen in Gefahr!
  • Verlasse beim Auftreten von Übelkeit oder Schwindelgefühl sofort das Wasser!
  • Meide sumpfige und pflanzendurchwachsene Gewässer!
  • Bei Gewitter ist Baden lebensgefährlich!
  • Rufe nie aus Spaß um Hilfe aber hilf anderen, wenn sie in Not sind!
  • Mache Dich mit den Regeln zur Selbsthilfe im Wasser für unerwartete Situationen vertraut.

Darüber hinaus sind gut gemeinte Badetips der DLRG wichtig für Nichtschwimmer und Schwimmer:

  • Kühle Dich ab, ehe Du ins Wasser gehst und verlasse das Wasser sofort, wenn Du frierst!
  • Nur springen, wenn das Wasser unter Dir tief genug und frei ist!
  • Schifffahrtswege, Buhnen, Schleusen, Brückenpfeiler und Wehre sind keine Schwimm –und Badezonen!
  • Überschätze im freien Gewässer nicht Kraft und Können!
  • Schwimmen und Baden an der See ist mit besonderen Gefahren verbunden!
  • Unbekannte Ufer bergen Gefahren
  • Verunreinige das Wasser nicht und verhalte Dich hygienisch!
  • Ziehe nach dem Baden das Badezeug aus und trockne dich ab!
  • Meide zu intensive Sonnenbäder!

 

Das A und O: Auf Kinder achten!

Mangelnde Aufsicht durch Eltern und Aufsichtspersonen sowie die Unterschätzung der wirklichen Gefahren für Kinder, die selbst bei einem kleinen Bach mit geringer Wassertiefe besteht, sind die Hauptursache für Ertrinken im Kindesalter.

Über den Autor

Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold
Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold

Bildergalerie

Aktuelle Ausgabe03.10.