SARS-CoV-2-Diagnostik:
Antigen-Schnelltests als Ergänzung zu PCR-Tests

Antigen-Schnellteste können die SARS-CoV-2-Diagnostik entlasten, PCR-Tests aber nicht ersetzen.

Beide Methoden weisen das SARS-CoV-2-Virus direkt nach: Antigen-Schnelltests mit Hilfe viraler Oberflächenproteine, PCR-Tests über spezifische Sequenzen der viralen Erbinformation. Benötigt wird in beiden Fällen ein tiefer Rachenabstrich, aus dem das Virusmaterial isoliert wird.

Prinzip des Antigentest

Die einfachste Form von Antigen-Schnelltests erinnern in Durchführung und Aussehen an einen Schwangerschaftstest. Die Durchführung durch medizinisches Fachpersonal erfolgt in wenigen Schritten: Das Virusmaterial wird aus dem Rachenabstrich in einem Röhrchen mit Pufferlösung extrahiert. Von der Lösung wird eine definierte Tropfenzahl auf die Testkassette gegeben. Spezifische Antikörper in der Testkassette binden das Corona-Antigen, was durch eine chemische Reaktion im Verlauf sichtbar gemacht wird. Nach 15–30 Minuten ist ein Ja/Nein-Ergebnis ablesbar.

Prinzip der PCR (Polymerase-Kettenreaktion)

Beim PCR-Test werden spezifische Sequenzen des viralen Erbmaterials um ein Vielfaches vermehrt, so dass auch geringste Mengen nachgewiesen werden können. Die Reaktion durchläuft mehrere sich wiederholende Zyklen. Dabei gilt: Je mehr SARS-CoV-2 Erbsubstanz das Ausgangsmaterial enthält, desto weniger Zyklen sind notwendig bis ein Nachweis erbracht werden kann und umgekehrt. Somit ist die Anzahl der Zyklen (auch Zyklusschwellenwert genannt, CT-Wert, engl. cycle threshold) ein Maß für die Viruslast und damit für die Infektiosität eines Betroffenen. Faustregel: Je kleiner der CT-Wert, desto ansteckender ein SARS-CoV-2 Infizierter. Das Ergebnis eines PCR-Tests liegt frühestens 3-4 Stunden nach Laboreingang vor.

Einsatzmöglichkeiten und Aussagekraft beider Testverfahren

SARS-CoV-2 Infizierte sind nicht zu allen Phasen der Erkrankung gleichermaßen ansteckend. So ist die Infektiosität z.B. am Anfang einer Infektion und beim Abklingen aufgrund einer geringen Viruslast niedrig. Während der 2 bis 14 Tage dauernden Inkubationszeit nimmt die Viruslast stetig zu und ist besonders hoch am Tag vor dem Auftreten von Symptomen. Auch Betroffene, deren Infektionen ganz ohne Symptome verlaufen, können hoch ansteckend sein, je nachdem wie hoch die Viruslast ist, während bei schwer bis lebensbedrohlicher Symptomenlage die Infektiosität gering sein kann. Gerade um symptomfreie Infizierte erkennen und isolieren zu können, könnten die günstigen Antigentests regelmäßig bei medizinischem Personal, vor Unterrichtsbeginn an Schulen, am Arbeitsplatz, vor Besuchen in Kliniken und Altenheimen, etc. durchgeführt werden. Auch ein flächendeckendes Screening wäre damit möglich. Siehe dazu auch eine aktuelle Grafik des Robert-Koch-Instituts hinsichtlich der Verbreitung des SARS-CoV-2 Virus in der Bevölkerung und der Aussagekraft von Antigen-Schnelltests:

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Infografik_Antigentest_PDF.pdf?__blob=publicationFile

Grundsätzlich sind sowohl Empfindlichkeit (Sensitivität) und Genauigkeit (Spezifität) beim PCR-Test deutlich höher als beim Antigentest, d.h. die Fehlerquote von Schnelltests ist höher als die von PCR-Tests. Z.B. wirken sich Fehler bei der Abstrichnahme beim Antigentest stärker aus und können zu falsch-negativen Ergebnissen führen. Positive Antigen-Schnelltests sollten durch nachfolgende PCR-Tests verifiziert werden, u.a. weil die Antigen-/Antikörper-Bindung anfällig für Kreuzreaktionen ist und zu falsch-positiven Ergebnissen führen kann. Darauf geht auch eine aktuelle Studie mit sieben verschiedenen Antigen-Schnelltests ein, die die Berliner Charité kürzlich durchgeführt hat: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.11.12.20230292v1 .

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Antigen-Schnelltests einen wichtigen Platz bei der SARS-CoV-2-Diagnostik einnehmen hinsichtlich der schnellen Erkennung infektiöser Personen. Um aber eine SARS-CoV-2 Infektion ziemlich sicher auszuschließen oder nachzuweisen zu können, und zwar in allen Infektionsstadien, bleibt die PCR der Goldstandard.

Über den Autor

Dr. med. Tunay Aslan
Dr. med. Tunay Aslan
Ärztlicher Leiter
Bioscientia MVZ Labor Mittelhessen GmbH

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