Aromatherapie im Alltag

Aromatherapie bezeichnet die Anwendung ätherischer Öle zur Linderung von Krankheiten oder zur Steigerung des Wohlbefindens. Berufs- oder gewerbsmäßig ist jede Form der Heilkunde nur approbierten Ärzten und in Deutschland nach § 1 Heilpraktiker Gesetz auch Heilpraktikern erlaubt. Das gilt auch für alternative Heilmethoden wie die Aromatherapie.

Es existieren über 300 ätherische Öle, von denen manche entspannend wirken und Stress lindern; andere beleben oder heben die Stimmung. Die Aroma Öle werden auf unterschiedliche Arten gewonnen: Je nach Pflanze werden Blätter, Blüten, Schale oder Holz verwendet. Die Aromatherapie ist Teil der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) und eine der ältesten Heilmethoden der Welt.

Aroma Öle können unerwünschte Nebenwirkungen auslösen, die von leichten Hautreizungen bis hin zu einem lebensbedrohlichen allergischen Schock reichen. Vor der eigenhändigen Anwendung sollten Sie deshalb immer einen Experten oder eine Expertin befragen, zum Beispiel einen naturheilkundlichen Arzt oder eine naturheilkundliche Ärztin. Besonders bei akuten oder chronischen Krankheiten, Allergien oder einer bestehenden Schwangerschaft sollten Sie äußerst vorsichtig sein. Außerdem gilt, dass die ätherischen Öle nicht pur auf der Haut angewendet werden dürfen. Einzige Ausnahme ist das Lavendelöl.

Geschichtlicher Rückblick

Schon früh erkannten die Chinesen, dass man mit ätherischen Ölen bestimmte Wirkungen auf Körper und Psyche erzielen kann. So setzten sie den Duft von Weihrauch ein, um eine Stimmung von Harmonie und Ausgeglichenheit zu erreichen. Die Ägypter entdeckten circa 3.000 vor Christus die Einsatzmöglichkeiten der Pflanzenessenzen für sich und verwendeten sie beispielsweise zur Einbalsamierung, in der Kosmetik oder zur Massage. Außerdem wurden damals schon Pillen, Salben, Puder und Zäpfchen aus den ätherischen Ölen hergestellt.

Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte der französische Chemiker und Parfumeur René-Maurice Gattefossé durch Zufall, dass Lavendelöl nicht nur einen äußerst angenehmen Duft verströmt, sondern auch für die Desinfektion und schnellere Heilung von Wunden angewendet werden kann. Gattefossé experimentierte mit verschiedenen ätherischen Ölen um ihre Heilwirkungen zu dokumentieren. Er war es auch, der der Aromatherapie ihren Namen gab.

Im Mittelpunkt der Aromatherapie steht der Geruchssinn, über den die Düfte der ätherischen Öle als Erstes aufgenommen werden. Der Geruchssinn ist unmittelbar mit denjenigen Bereichen im Gehirn verknüpft, die für unsere Gefühle zuständig sind (limbisches System). So können wir auf bestimmte Düfte zum Beispiel mit Freude, Entspannung, jedoch auch mit Ekel oder Ablehnung reagieren. Dies ist von Mensch zu Mensch verschieden. Zum einen ist es reine Geschmackssache. Manche Menschen lieben einfach den Geruch von Jasmin Blüten, andere finden ihn aufdringlich, unangenehm oder bekommen sogar Kopfschmerzen davon. Zum anderen werden Gerüche mit Erfahrungen verknüpft. Einmal gespeichert, können Gerüche Erinnerungen in uns wachzurufen: Der Duft von Vanille erinnert uns vielleicht an Omas selbstgekochten Pudding; der Geruch eines bestimmten Parfums ruft uns viele Jahre später unsere erste große Liebe wieder ins Gedächtnis. Dies passiert unbewusst und innerhalb von Sekundenbruchteilen; wir können diesen Vorgang nicht steuern.

Das Riechen selbst beginnt in der obersten Nasenmuschel. Dort befinden sich, eingebettet in Riechzellen, zwei briefmarkengroße bräunliche Bezirke. Diese nehmen den Geruch auf, leiten ihn dann über die Riechnerven ins limbische System und von dort aus in das Zentralhirn weiter. Vom Gehirn aus kommt es zu einer Rückkopplung, wodurch sogenannte Neurochemikalien ausgeschüttet und eine Reaktion in Form von Empfindungen ausgelöst wird. Die dabei auftretenden Gefühle werden beispielsweise als beruhigend, Angst auslösend, anregend oder euphorisierend wahrgenommen.

Doch nicht nur über die Nase, sondern auch über die Haut können die heilsamen Pflanzenwirkstoffe aufgenommen werden und wirken.

Die Haut ist ein großes Entgiftungs- und Aufnahmeorgan mit einer Fläche von circa zwei Quadratmetern. Sie trennt die Außenwelt von der Innenwelt. Über feine Öffnungen, die sogenannten Poren, und auch über ihre Haarfollikel können kleine Moleküle in den Körper gelangen. Ätherische Öle besitzen eine einfache Molekularstruktur von geringer Größe, was ihnen das Eindringen in die Haut erleichtert. Werden ätherische Öle über die Haut angewandt, gelangen sie ins Blut, werden dadurch im Körper verteilt und wirken auf diesem Weg auf Organe, töten Bakterien und Viren und stärken das Immunsystem. Über die Nieren und die Lunge werden die Aromastoffe anschließend wieder ausgeschieden. Bei einer Massage mit ätherischen Ölen kann man die verwendeten Inhaltsstoffe bereits circa 20 Minuten später im Urin der behandelten Person nachweisen.

Die verschiedenen Herstellungsverfahren der ätherischen Öle basiert auf Wasserdampfdestillation, Enfleurage, Kaltpressung oder Extraktion. Die Wasserdampfdestillation ist das gebräuchlichste Verfahren, dabei wird zerkleinertes Pflanzenmaterial im Destillierkolben auf einen Rost gelegt. Von unten wird Dampf hinzugefügt. Dadurch löst sich das ätherische Öl heraus. Der Dampf wird aufgefangen und in ein Auffanggefäß geleitet, das Wasser enthält. Das Öl schwimmt auf der Wasseroberfläche. Dies wird anschließend abgeschöpft.

Enfleurage wird angewandt, um schwer isolierbare Blütenteile zu gewinnen, wenn dies mit der Wasserdampfdestillation nicht möglich ist. Es kommt vor allem bei der Jasmin blute und der Rose angewendet. Durch das aufwendige Verfahren spiegelt sich der Preis des hochwertigen Öls wieder.

Die Extraktion wird bei Blüten angewandt, die sehr temperaturempfindlich sind.

Das Herstellungsverfahren der kaltgepressten Öle kommt normalerweise zum Einsatz, um ätherische Öle aus Fruchtschalen zu gewinnen, zum Beispiel für Zitronenöl, Grapefruit Öl, Mandarinen- oder Orangenöl. Die Fruchtschalen werden zerkleinert und anschließend kalt gepresst. Produkte aus biologischem Anbau sind beim Kauf die sichere Wahl: So können Sie ausschließen, dass sich Rückstände von Spritzmitteln in den ätherischen Ölen befinden, die über die Anwendung in Ihren Organismus gelangen.

Die Anwendung der Öle kann auf verschiedene Arten erfolgen. Die Duftlampe erfüllt den Raum mit wohltuenden Gerüchen, bei der Körpermassage gelangen die Öle über die Haut in den Organismus, als Badezusatz für Vollbäder, als Öl zur Inhalation beispielsweise bei einer Erkältung, zum Gurgeln oder auch als Ergänzung zum Kochen. Generell gilt, weniger ist mehr insbesondere wenn mögliche Allergien etc. nicht ausgeschlossen werden können, ebenso die Anwendung bei Kindern sollte nicht in Eigentherapie erfolgen.

Die Einsatzgebiete der Aromatherapie sind vielfältig, sie wird zu therapeutischen Zwecken bei verschiedensten Krankheiten und Beschwerden eingesetzt, zum Beispiel bei Erkältungssymptomen, Magenbeschwerden, zur Beruhigung bei Angststörungen oder Stress, zur Steigerung der Aufmerksamkeit und bei vielen weiteren Gesundheitsproblemen.

Bekannte, zu therapeutischen Zwecken angewendete Pflanzenöle, sind zum Beispiel Anis als krampflösendes Mittel auch bei Regelbeschwerden, Eukalyptus hat eine schleimlösende Wirkung, Fenchel ist für die entzündungshemmende und verdauungsfördernde Wirkung bekannt, Pfefferminze gerne bei Erkältungserkrankungen und Kopfschmerz eingesetzt, Melisse hat eine ausgleichende Wirkung und kann stärkend auf die Nerven wirken. Lavendelöl entspannt und entgiftet. Zitrone und Orange wirken stimmungsaufhellend, Zimt regt das Immunsystem an.

Aromatherapie ersetzt keine konventionelle Behandlung!

Ein Verzicht auf Aroma Öle und eine Therapie mit diesen wird bei Anfallsleiden, Schwangerschaft und Neigung zu Venenthrombose und Krampfaderleiden, frischen Operationsnarben und Hautverletzungen empfohlen. Ebenfalls dürfen bestimmte Ätherische Öle wie Kampfer, Menthol oder Cineol bei Säuglingen und Kleinkindern nicht zum Einsatz kommen, da sie Verkrampfungen und Atemnot auslösen können.

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

Über den Autor

René Weigand
René Weigand
Liebig-Apotheke, Dillenburg
Aktuelle Ausgabe2/2024