COVID-19 und Schwangerschaft - die Fakten! (Teil 2)

Woran können Frauen erkennen, dass eine COVID-19-Erkrankung vorliegt?

Die Symptome von schwangeren Frauen sind identisch mit allen anderen COVID-19 -Infizierten. Die meisten schwangeren Frauen haben im Falle einer COVID-19-Erkrankung nur milde Erkrankungszeichen, vorwiegend im letzten Schwangerschaftsdrittel. In der früheren Schwangerschaft verläuft die Infektion meistens symptomlos. Die häufigsten Symptome der COVID-19-Erkrankung sind Fieber, Husten, Luftnot und Geruchs-/Geschmacksstörungen (vgl. Tabelle 3).

Symptom

Häufigkeit

Fieber

40 – 67 %

Husten

39 – 66 %

Dyspnoe

7 – 19 %

Halsschmerzen

7 %

Fatigue

7 %

Diarrhoe

7 %

Myalgie

6 – 10 %

Moderate Leberwerterhöhung

5 %

Thrombozytopenie

1 %

Geruchs-/Geschmacksstörungen

Bis 64 % (Spinato et al.)
15 – 89 % (Moein et al.)

Rinorrhoe, Anorexie, Nausea/Vomitus, Kopfschmerzen

Tabelle 3: Symptome bei COVID-19 Erkrankung

Eine weitere gute Nachricht betrifft die Frühschwangerschaft:

Die Fehlgeburtsrate ist bei infizierten Schwangeren nicht erhöht, sie beträgt etwas über 2 % der Schwangerschaften. Dies entspricht der "normalen" Fehlgeburtsrate.

In einigen Fallserien wurde jedoch berichtet, dass in der fortgeschrittenen Schwangerschaft der Fetus (Kind im Mutterleib, ab der 12. Schwangerschaftswoche bis zur Geburt) nicht zeitgerecht weiter gewachsen ist. Verantwortlich hierfür ist eine Funktionsstörung der Plazenta (Mutterkuchen). Bei 21 % SARS-CoV-2 positiv getesteter Plazenten hat man eine krankhafte Gefäßveränderung in der feingeweblichen Untersuchung gefunden.

Ebenfalls erhöht ist die "Schwangerschaftsvergiftungs"-Rate (Präeklampsie) mit erhöhtem Blutdruck, erhöhter Eiweißausscheidung im Urin und vermehrter Wasseransammlung (Ödeme). Die Rate an erkrankten COVID-19 Schwangeren ist fast verdoppelt. Auch hierfür macht man die Gefäßveränderungen an der Plazenta verantwortlich.

Problem Frühgeburt

Bezüglich der Frühgeburtsrate gibt es im internationalen Vergleich große Unterschiede, sie schwankt zwischen 6 - 39 %. Die meisten Frühgeburten waren aber in der fortgeschrittenen Schwangerschaft, zwischen der 35. und 37. SSW (Schwangerschaftswoche). Damit liegt die Frühgeburtsrate im Mittel um den Faktor 3 höher, als bei nicht COVID-19 infizierten Schwangeren. Zu 94 % wurde die Entscheidung zur Frühgeburt jedoch ärztlich gestellt. Nicht wegen kindlicher Komplikationen, sondern aufgrund des Gesundheitszustandes der Mutter. Die Rate an spontanen Frühgeburten, z.B. aufgrund vorzeitiger Wehentätigkeit oder eines vorzeitigen Blasensprunges, war nicht erhöht.
In Großbritannien lag die Frühgeburtsrate bei 27 % der Schwangeren. Bei uns in Deutschland war sie deutlich niedriger als im internationalen Vergleich. Frühe Frühgeburten (< 35.SSW) gab es in 2,16 % der an COVID-19 Erkrankten und spätere Frühgeburten (35. - 37. SSW) bei 7,45 %.

Es wurden aber international auch eine Zunahme nicht COVID-19 bedingter Risiken und Komplikationen beobachtet. Man vermutet, dass vielfach Frauen ihre Vorsorgetermine nicht wahrgenommen haben (aus Angst vor einem erhöhten Infektionsrisiko bei der Untersuchung) und dadurch Risiken in der Schwangerschaft nicht oder zumindest erst später entdeckt wurden. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Schwangere alle ihre Mutterschutzvorsorgeuntersuchungen wahrnehmen.

Erhöhtes Thrombose-Risiko

Ein großes Risiko der COVID-19-Infektion ist ein erhöhtes Thromboserisiko, dieses wird durch Quarantäne und Immobilisation noch weiter erhöht. Häufig ist eine Thrombose auch das erste Erkrankungszeichen einer CORONA-Erkrankung. Deshalb sollten alle Schwangeren mit einer COVID-19-Infektion mit gerinnungshemmenden Spritzen (niedermolekulares Heparin) vorsorglich behandelt werden.

Kann sich das Kind im Mutterleib infizieren?

Eine allgemeine Aussage zu einer Infektion im Mutterleib (vertikale Transmission) mit COVID-19 kann derzeit nicht getroffen werden. Dazu reichen die vorliegenden Daten noch nicht aus. Nach gegenwärtiger Erkenntnis ist die Rate aber extrem gering und liegt unter 3 % der infizierten Schwangeren. Es gibt zwar Einzelnachweise von SARS-CoV-2 im Nabelschnurblut, im Fruchtwasser und im Vaginalsekret (Scheidensekret), ob dies aber eine Rolle bei der Infektion von Feten spielt ist derzeit ungewiss. Das Infektionsrisiko im Mutterleib wird insgesamt als sehr gering eingestuft und tritt allenfalls bei einer Infektion im letzten Schwangerschaftsdrittel auf.

Und wenn der Verdacht auf eine COVID-19 Erkrankung besteht?

Laboruntersuchungen - mit Ausnehme des wegweisenden Corona-Abstriches - helfen bei der Erkennung einer Erkrankungssituation nur bedingt weiter, lediglich ein Teil der Entzündungswerte (CRP) sind bei über der Hälfte der an COVID-19 Erkrankten erhöht. Da die Erkrankung häufig primär die Lunge befällt, sollte auch in der Schwangerschaft auf jeden Fall eine computertechnische Röntgenuntersuchung (CT Lunge) durchgeführt werden.

Gibt es für Erkrankte eine spezifische medikamentöse Therapie?

Zu dieser Frage gibt es nur wenige Daten, zumeist handelt es sich um Einzelfallberichte. Ganz allgemein gilt, dass alle Maßnahmen von Nichtschwangeren auch auf Schwangere, je nach Erkrankungszustand, Anwendung finden. Und hierin verfügen die Intensivmediziner mittlerweile schon über eine sehr große Erfahrung.
Die Behandlung wird bei schweren Erkrankungen immer im Krankenhaus, im Rahmen eines stationären Aufenthaltes, durchgeführt. Wie bei Nichtschwangeren auch, hilft bei sauerstoffpflichtiger Behandlung eine Kortisongabe. Es gibt auch ein antivirales Medikament (Remdesivir), das auch schon bei der Behandlung von an Ebola erkrankten schwangeren Frauen eingesetzt wurde. Wir wissen, dass dieses Medikament keinen negativen Einfluss auf das Kind hat.

Anfänglich wurde berichtet, dass der Einsatz von Hydrochloroquin und Chloroquin sich günstig auf den Erkrankungsverlauf auswirken könnte, das ist mittlerweile widerlegt. Wichtig ist, dass bei zusätzlicher bakterieller Infektion (Superinfektion) zeitnah Antibiotika eingesetzt werden.

Wann das von AstraZeneca entwickelte Medikament, das in ersten Studien gute Ergebnisse auf den Krankheitsverlauf von intensivpflichtigen Patienten zeigte, auf den Markt kommt, kann derzeit noch nicht abgesehen werden. Und natürlich wird es noch lange keine Daten geben, ob für dieses Medikament eine eventuelle Schädigung für das Kind ausgeschlossen werden kann.

 

Bislang haben wir für Sie die allgemeinen Fakten zu COVID-19 und Schwangerschaft aus über 100 wissenschaftlichen Veröffentlichungen zusammen getragen. Doch welche Maßnahmen ergeben sich aus diesen Erkenntnissen?

Über den Autor

Assem Hossein, Constance Scholl, Dr. med. Axel Valet,
Assem Hossein, Constance Scholl, Dr. med. Axel Valet,
Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Lahn-Dill-Kliniken, Dillenburg

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