Corona-Krise
Auswirkungen auf den Drogenhandel und die Abhängigkeitsentwicklung

Teil 2: LSD und andere Halluzinogene.

„Die Corona-Pandemie hat vieles verändert und auch der Drogenhandel ist davon betroffen. Die Grenzen waren teilweise erst einmal dicht, der Flugverkehr (mit Ausnahme der Frachtflüge) ist größtenteils zum Erliegen gekommen und Straßen waren vielerorts wie leergefegt. Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu bremsen, wurde das gesellschaftliche Leben in Europa und vielen anderen Ländern deutlich heruntergefahren. Für den Drogendeal auf der Straße eigentlich keine guten Bedingungen. Doch der Handel mit illegalen Drogen ging weiter und nahm sogar noch zu“.

In Teil 1 wurde über Amphetamine (z. B.„Crystal Meth“) berichtet.

Nachfolgend soll in Teil 2 das gleichfalls nach wie vor aktuelle Halluzinogen Lysergsäurediethylamid (LSD) behandelt werden.

Die „schillernde“ Entdeckungsgeschichte von LSD

Dem Verfasser dieses Beitrages war es vergönnt Albert Hofmann, den Entdecker des LSD, ebenso wie auch Leo Sternbach den Entdecker der Benzodiazepine noch persönlich gekannt zu haben.

 

Albert Hofmann berichtet, dass er am Freitag, dem 16, April 1943, eigentlich nur sein Labor im Pharmaunternehmen SANDOZ in Basel aufräumen wollte und dabei versehentlich mit Resten einer Substanz in Berührung kam aus der eigentlich ein Kreislaufmittel werden sollte. Dabei erlebte er einen „gewaltigen Rausch“ der etwa 3 bis 4 Stunden anhielt. Es sei ihm so vorgekommen als wäre er von sich selbst und dem eigenen Fahrrad überholt worden. Am folgenden Tag habe er dem Geheimnis auf die Spur kommen wollen und bewusst LSD (aus einem Mutterkornpilz) in einer allerdings viel zu hohen Dosis eingenommen (ihm war damals nicht bekannt, dass LSD bereits in Mikrogramm-Mengen hochwirksam ist). Es folgte ein „Horrortrip“: Vertraute Möbelstücke hätten groteske Formen angenommen und die Nachbarin sei ihm wie „eine bösartige, heimtückische Hexe mit einer farbigen Fratze“ erschienen.

In der Folgezeit habe man ein Medikament zur Behandlung psychisch Kranker entwickelt, die vorher „blockiert“ gewesen seien. Auch habe man die Substanz zur Therapie von „Alkoholikern“ und Schizophrenie-Patienten und schweren Traumata eingesetzt. In den 60er Jahren wurde LSD von der „Flower-Power-Bewegung“ entdeckt und der amerikanische Psychologe Professor Timothy Leary forderte die Freigabe bewusstseinsverändernder Drogen, darunter LSD. Die Beatles tönten 1967 „Lucy in the Sky with Diamonds“, abgekürzt: LSD und Jimi Hendrix galt als LSD-Anhänger.

Hauptsächlich wegen falscher Dosierung erlebten Menschen immer öfter Horrortrips. Verbrechen wurden im Rausch verübt und Suizide begangen. Die Behörden waren entsetzt und Ende der 60er Jahre wurde die Substanz zunächst in den USA und schließlich nahezu weltweit verboten.

Hofmann schrieb ein Buch über „LSD – mein Sorgenkind“ (s. Abb. 4) und war sehr traurig über den Missbrauch. Bis zuletzt war er davon überzeugt, dass LSD bei kontrollierter Einnahme eine positive Bewusstseinserweitterung bedeute die es therapeutisch zu nutzen gelte.

Substanzbeschreibung

LSD ist nach Anlage I B zu § 1 Abs. 1 BtMG ein nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel und wird aus den Indolalkaloiden des Mutterkorns Claviceps purpurea gewonnen.

Formen: Der Wirkstoff ist ein weißes bis beigefarbenes kristallines Pulver. Im Gegensatz zu den meisten anderen Drogen sind bei LSD bereits äußerst geringe Mengen unter 0,3 mg wirksam. Da diese als Pulver nur mit Spezialwaagen exakt dosierbar sind, löst man in der Szene eine bequem wägbare Menge in einem bestimmten Flüssigkeitsvolumen auf und dosiert dieses dann relativ genau durch Zählen der Tropfen (beispielsweise auf Würfelzucker) oder durch Aufsaugen der Lösung mittels Löschpapier und Zerschneiden desselben in Sektoren mit einem bestimmten Wirkstoffgehalt.

Street-names (Beispiele) ace, acid, crackers, D, dots, frisco speed balls

(mit Kokain u. Heroin), ghost, hawk, L, morning glory,

pink dots, purple haze, purple wedges,

sunshine acid, the bast, the chief, Trips, 25+, yellow

submarine

Applikationsform(en) hauptsächlich oral

Wirkungsspektrum halluzinogen

Nebenwirkungen Hyperthermie, Schweißausbrüche, vegetative

Erscheinungen wie Tachykardie und Bradykardie,

Depressionen, Müdigkeit, Erschöpfung, Reizbarkeit

und später Antriebsarmut

Übliche Dosis 0,02 bis 0,3 mg

Wirkungsdauer Wirkungseintritt nach etwa 15 – 45 Minuten,

Wirkungsdauer Stunden bis Tage

(Vorsicht Echorausch)

Anmerkungen:

Besondere verkehrsmedizinische Relevanz: Im Hinblick auf die extrem halluzinogene Wirkung (Wahrnehmungsverschiebungen, Wahnvorstellungen, Sinnestäuschungen, Verschiebungen des Zeitgefühls, Depersonalisierungstendenzen) und die Gefahr des Echorausches (flashback) muss die Verkehrsuntüchtigkeit uneingeschränkt bejaht werden. Deutliche Leistungseinbußen sind aber auch in der Entzugsphase möglich.

 

 

Am Ende dieses Beitrages zur Wirkungsweise von unterschiedlichen psychotropen Substanzen und anderen Phänomenen sollen noch einige Einflüsse verschiedener Drogen auf die Netzarchitektur von Kreuzspinnen demonstriert werden.

Diese einfachen pharmakologischen Tests wurden früher tatsächlich bei der Prüfung von Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten und anderen Substanzen herangezogen. Es sei allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nicht jeder Genuss von Koffein zu den Ausfällen führen muss wie sie in Abb. 7 bei einer offensichtlichen Überdosierung gezeigt ist.

Am Ende dieses Beitrags noch eine Beschreibung von typischen Verhaltensweisen Drogenbeeinflusster mit der der Verfasser dieses Beitrags in Vorlesungen und Vorträgen die unterschiedliche Reaktion auf Drogen anschaulich zu vermitteln versuchte:

3 Wanderer treffen verspätet an einer mit einem soliden Tor verschlossenen Herberge ein und begehren Einlass. Der Eintritt zu nächtlicher Stunde bleibt jedoch verwehrt und man berät was zu tun sei.

Die unterschiedlichen Reaktionen:

Wanderer 1 (ein Alkoholiker): „Lasst uns das Tor eintreten!“

Wanderer 2 (ein Morphinist): „Legen wir uns doch einfach schlafen und träumen: Morgen früh wird das Tor doch eh wieder geöffnet!“

Wanderer 3 (ein LSD-Konsument): „Ich verstehe eurer Problem nicht! Schlupfen wir doch einfach durch das Schlüsselloch!“

Fazit

In den Anfängen der Corona-Krise wurde das gesellschaftliche Leben stark heruntergefahren. Kriminelle Organisationen scheinen jedoch neue Wege gefunden zu haben, illegale Drogen zu verbreiten. Als ein Beispiel werden so genannte „Dead Drops“ („Tote Briefkästen“) genannt. Auch habe es eine Zunahme bei den Transaktionen im Darknet (anonymes Netz) gegeben. Insbesondere habe die Anzahl an Käufen von Cannabis über das Darknet zugenommen.

Hingegen sei die Nachfrage nach synthetischen Drogen eingebrochen, da das Partyfeiern im Corona-Lockdown kaum möglich war. Die Produktion sei insofern betroffen gewesen, als die Lieferketten für Vorläufersubstanzen von synthetischen Drogen teils unterbrochen waren. Die Folge sei mitunter eine verminderte Qualität der Drogen.

Ausblick und Perspektiven

Es bleibt zu hoffen, dass es nach dem erfolgreichen Einsatz der momentan bereits existierenden bzw. noch in der Entwicklung befindlichen Impfstoffe zu einer möglichst baldigen Entspannung der gegenwärtig besonders kritischen bis desaströsen Lage kommt!

Über den Autor

Prof. Dr. rer. nat. Harald Schütz
Prof. Dr. rer. nat. Harald Schütz
Forensischer Toxikologe
Institut für Rechtsmedizin der Universität Gießen

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