Parkinson-bedingte Sehstörungen

Störungen der Lidmuskulatur

Lidschlag

Das Augenlid besteht aus einer dünnen Haut-Muskelschicht, die sich in Ober- und Unterlid aufteilt, beide Lidanteile sind seitlich miteinander verbunden. Die Öffnung zwischen Ober- und Unterlid wird Lidspalte genannt, im Idealfall ist diese Lidspalte symmetrisch. Das Augenlid bedeckt das Auge im Schlaf und schützt es somit vor Licht und Austrocknung. Im Wachzustand ist das Augenlid geöffnet. Um das Auge vor Umwelteinflüssen und Austrocknung zu schützen, erfolgt ein beidseits zeitgleich ablaufendes unwillkürliches Augenschließen, auch Blinzeln genannt. Durch das Blinzeln wird die Hornhaut des Auges mit Tränenflüssigkeit benetzt. Pro Minute blinzelt der Mensch fünf bis zehn Mal, also aller 4 - 6 Sekunden. Darüber hinaus ist Blinzeln im physiologischen Zustand jederzeit auch willkürlich möglich. Sobald sich etwas auf das Auge zubewegt, erfolgt ein reflektorischer Lidschluss (Lidschlussreflex).

Lidspaltenasymmetrie

Die Form der normalen Lidspalte ist nicht völlig symmetrisch, aber die Höhe ist beim gesunden Erwachsenen im Durchschnitt 11 – 14 mm. In einigen Arbeiten wird über eine Amplitudenminderung der Lidschlussbewegung und eine Verlangsamung (Bradykinese) berichtet. Bei genauer Untersuchung fällt eine Seitendifferenz der Lidschlag-Geschwindigkeit und der Lidspalte auf.

Zu seltener Lidschlag

Die klassischen Symptome der Krankheit, Steifheit und Verlangsamung, treffen auch auf die Lidmuskulatur zu. Der kreisrunde Muskel um das Auge herum (Augenringmuskel), welcher Oberlid und Unterlid bildet, bewegt sich langsamer und der Lidschlussreflex, sprich das Blinzeln, findet deutlich seltener statt, in der Fachliteratur wird von einem „seltenen Lidschlag“ gesprochen. Es wird angenommen, dass der innere Taktgeber durch den Dopaminmangel gestört ist.

Ein gesunder Mensch blinzelt aller 4 – 6 Sekunden und hält damit die Augen feucht und sauber. Über die Tränenflüssigkeit wird zudem die Augenoberfläche geschützt. Infolge des seltenen Lidschlags trocknet die Augenoberfläche aus und es resultiert ein „trockenes Auge“. Der medizinische Fachbegriff lautet: Keratokonjunctivitis sicca, Sicca-Syndrom oder Sicca-Symptomatik, englisch: dry eye syndrome.

Betroffene klagen über ein reibendes, juckendes oder brennendes Gefühl in den Augen, "wie Sand in den Augen", morgens nach dem Erwachen, sind die Augen verklebt. Tränen die Augen (Triefauge Epiphora), ist die Ursache ein mangelnder Abfluss der Tränen über das zugeklebte Tränenpünktchen, welches sich im Unterlid innen befindet. Zudem wurde in Studien nachgewiesen, dass auch die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit verändert ist, ähnlich einem „zähen“ Speichel.

Verschwommensehen, erhöhte Lichtempfindlichkeit, Entzündungen der Augen oder der Augenlider, Druck auf den Augen, gerötete Augen, Augenbrennen- Fremdkörper- oder auch Sandkorngefühl werden beschrieben.

Was genau passiert?

Das Blinzeln hat zwei Funktionen, zum einen eine Pumpfunktion - die Tränenflüssigkeit wird dadurch auf die Augenoberfläche gepumpt, und zum anderen eine Scheibenwischerfunktion - die Tränenflüssigkeit wird über die gesamte Augenoberfläche gleichmäßig verteilt, damit man gut und deutlich sehen kann.

Der gesunde Mensch produziert etwa 1.5 Milliliter Tränenflüssigkeit pro Tag. Mit Hilfe dieser Flüssigkeit wird die Augenoberfläche glatt und geschmeidig gehalten, sie transportiert Sauerstoff und Nährstoffe, spült Staub und Fremdkörper aus dem Auge und wehrt Krankheitserreger ab. Im Schlaf durchläuft das Auge ein komplettes Reinigungsprogramm. Im Ergebnis findet man frühmorgens kleinen Sandkörnchen im Augenwinkel, welche täglich sorgfältig gereinigt werden müssen.

Der aus der Tränenflüssigkeit entstehende Tränenfilm über dem Auge besteht aus Wasser, Fett und Schleim und hält die Augenoberfläche feucht. Direkt auf der Hornhaut liegt eine dünne Schleimschicht, die die Hornhaut benetzbar macht. Aufgelagert ist eine wässrige Schicht mit Nährstoffen, Salzen und keimtötenden Abwehrstoffen, welche das Auge vor Infektionen schützen. Um ein Verdunsten zu vermeiden, ist dies wässrige Schicht von einer dünnen Fettschicht überzogen. Diese Fettschicht verhindert, dass die Tränenflüssigkeit einfach aus dem Auge läuft. Im Normalfall fließt die Tränenflüssigkeit über die Tränenpünktchen am inneren Lidrand in die Tränenkanälchen, von dort in den Tränensack und zuletzt in die Nase.

Damit man gut und deutlich sehen kann, ist es wichtig, dass die Augen gleichmäßig und in ausreichender Menge befeuchtet werden. Kommt es nun durch eine verminderte Blinkrate zum Austrocknen der Fettschicht, kommt es paradoxerweise trotz einem trockenen Auge zum Herauslaufen der Tränenflüssigkeit über den Lidrand, dem typischen "Augentränen".

Behandlung

Pflege der Augen mit Tränenersatzmitteln, auch "künstliche Tränen" genannt. Neben einfachen Augengeltropfen und pflegenden Augensalben für die Nacht gibt es liposomale Augensprays und sogar winzig kleine Stöpselchen, „Punctum Plugs“ genannt, womit in schweren Fällen die Tränenpünktchen verschlossen werden. Sie befinden sich am unteren Augenlid innen. Dadurch wird das Abfließen der Tränenflüssigkeit verhindert, so dass diese im Auge verbleibt und es länger feucht hält. In sehr schweren Fällen kommen auch Kortisontabletten oder Immunsuppressiva zum Einsatz. Diese Behandlung ist jedoch dem Augenarzt vorbehalten. Beim Kauf der "künstlichen Tränen" sollte man darauf achten, dass sie keine Konservierungsstoffe enthalten, insbesondere kein Benzalkoniumchlorid. Weitere Hinweise siehe Csoti I., Das trockene Auge, Gesundheitskompass 2015, Nr. 4 (Archiv).

Zu häufiger Lidschlag

Im Gegensatz zum seltenen Lidschlag kommt es beim Lidkrampf zu einem nicht zu unterdrückenden vermehrten Zukneifen eines oder beider Augenlider. Betroffen ist insbesondere der Augenringmuskel, aber auch andere Muskeln in Augennähe. Auch ein nicht steuerbares Zufallen der Augenlider kommt vor, häufig bei atypischen Parkinson-Syndromen, wie der progressiven supranukleären Blickparese (PSP). Das sichtbare Verkrampfen wird Blepharospasmus genannt, das Zufallen Lidheber-Apraxie. Beides kann bei M. Parkinson spontan, aber auch als Folge eines trockenen Auges auftreten. Deshalb sollte auf jeden Fall eine Augenpflege mit künstlichen Tränenersatzstoffen erfolgen.

Sowohl der Blepharospasmus als auch die Lidheber-Apraxie zählen zu den Dystonien. Man versteht darunter unwillkürliche Anspannungen/Verkrampfungen einzelner Muskeln oder Muskelgruppen mit der Folge einer unwillkürlichen Bewegung (Lidkrampf) oder der Verhinderung einer Willkürbewegung (das Augenlid kann bei der Lidheber-Apraxie nicht willkürlich geöffnet werden). Ein leichter Lidkrampf äußert sich durch ein vermehrtes Zwinkern mit Fremdkörpergefühl, ein schwerer kann zu einem vollständigen Lidschluss, das Auge kann willkürlich nicht geöffnet werden (funktionelle Blindheit). Typisch für diese Dystonien am Augenlid ist eine Besserung durch bestimmte Tricks, z.B. das Antippen unterschiedlicher Stellen im Gesicht mit dem Zeigefinger (geste antagoniste). Häufig hilft das Tippen neben oder schräg unter dem Auge oder an der Schläfe. Länger effektiv ist die Behandlung mit Botulinumtoxin in der umgebenden Lid- und Stirn-Muskulatur. Wenig Erfolg haben Medikamente, auch die in der Literatur zur Behandlung zählende Operation ist bei M. Parkinson nur selten indiziert.

 

Quellen:

Csoti I. Das trockene Auge. Gesundheitskompass Mittelhessen, 2015; 4.

Csoti I. Augen- und Lidmotorikstörungen bei M. Parkinson, Masterarbeit 2018, Donau-Universität Krems

 

Über den Autor

Dr. med. Ilona Csoti
Dr. med. Ilona Csoti
Ärztliche Direktorin
Gertrudisklinik Biskirchen

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