Die gute, alte Hausapotheke

 

Mit aktuellem Inhalt ein unverzichtbares Möbelstück

In der Juli Ausgabe des „Gesundheitskompass“ stand die Erste Hilfe bei akut lebensbedrohenden Situationen im Kindes- und Jugendalter im Vordergrund.

Sehr viel häufiger ereignen sich jedoch Verletzungen bei Sport und Spiel, Werkeln oder im Haushalt, die zur Versorgung keinen Notarzteinsatz erfordern. Mit einiger medizinischer Grundkenntnis und Geschick sowie – unersetzlich - spontan liebevoller Tröstung und Ablenkung werden kleine Blessuren von Eltern und Betreuern allermeist ausreichend behandelt, wobei emotionale Überreaktion oder ängstliche Zurückhaltung bei der Erstversorgung nicht wirklich hilfreich sind. Eine gut sortierte Hausapotheke leistet insbesondere bei leichteren Infektionskrankheiten in der Anfangsphase ohne ärztlichen Rat gute Dienste.

Der nicht selten „mystische“ Notfallkasten fristet in manchem Haushalt

jedoch ein eher vernachlässigtes Dasein. Er sollte ein stabiler, von weitem am roten oder grünen Kreuz erkennbarer Hängeschrank mit ausreichend Regalplatz für den gut sichtbar und gekennzeichneten Inhalt zur Ersten Hilfe sein.

Der beste Standort für die Notfallapotheke ist ein trockener, kühler Raum wie eine Abstellkammer oder der Flur - wenn immer irgend möglich nicht in der Küche, dem Badezimmer oder einem gar feuchten Kellerraum. Zum Schutz vor der angeboren, potentiell gefährlichen „Neugier“ aller Kleinkinder sollte er abschließbar, der Schlüssel für Jugendliche und Erwachsene im Ernstfall jedoch schnell erreichbar sein.

Grundausstattung der Hausapotheke

Zum festen Bestandteil jeder Familienhausapotheke gehören Medikamente sowie medizinische Hilfsmittel aller Art. Wenn Babys, Kleinkinder und Jugendliche den Familienalltag bereichern, muss jede Arznei - dem Körpergewicht entsprechend – vorrätig gehalten werden. Insbesondere für kleine Patienten stehen meist verschiedene Darreichungsformen wie Saft, Tropfen, Zäpfchen, Tabletten oder Spray zur Verfügung. Lesen

Sie bitte den Beipackzettel vor der Medikamentengabe genau durch - auch wenn er meist lang und wegen der juristischen Aufklärungspflicht über Zusammensetzung, Wirkung und Nebenwirkungen des Präparates durchaus verwirrend und durch die minimale Schriftgröße kaum entzifferbar ist – und heben sie ihn auf!

Dies gilt auch bei ärztlicherseits aktuell verordneten Medikamenten.

Für viele Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen können alt bewährte pflanzliche Heilmittel der Phytotherapie wie Tees, Tinkturen, Säfte oder Salben auch Einreibungen und Umschläge eingesetzt werden – sammeln sie eigene Erfahrung ohne ihre kleinen Patienten durch eine Verschleppung oder Verkennung bedrohlicher Symptome zu gefährden. Für homöopathische Darreichungen gibt es in der Notfallmedizin keine medizinwissenschaftliche Grundlage.

Welche Medikamente sollten vorrätig gehalten werden?

Wundreinigung und Desinfektionmittel:

Wasserstoffperoxid, „Mercuchrom“, „Octenisept Spray“, 70 % Alkohollösung „Rivanol“, „Kodan Tinktur“, „Betaisodona“, „Nebacetin“ oder „Tyrosur“ als Antibiotikasalben

Zur Not Säuberung einer Schürfwunde mit weicher Bürste und Seife

Wundheilsalbe: „Panthenol“, „Hametum“

Leichte Infektionssymptome oder Schmerzen:

Augentropfen: beruhigend „Bepanthen“, „Gentax AT“ bei eitriger Infektion

Nasentropfen: abschwellend “ Otriven“

Ohrentropfen: „Otalgan“, „Otobacid“

Husten: „Mucosolvan“ oder „Acetylcystein“, „Prospan“ als Efeuextrakt, „Tussamag“

trockener Reizhusten:, „Aspecton “ Isländisch Moos

Bauchschmerzen: „Iberogast“, „Lefax“ oder „Sab simplex“, Kamillen- oder Fencheltee, warme Wickel, bei Übelkeit, Erbrechen: „Buscopan“, „Vomex“- kein „Paspertin“ im Kindesalter!

Schmerz/ Fiebermittelmittel

Temperatur über 38,5, auffälliger Allgemeinzustand mit engmaschiger Verlaufskontrolle

Ibuprofen als Saft oder Zäpfchen“ Nurofen“ oder „Paracetamol“, „Benuron )

„Viburcol“, Lindenblütentee

im Kindesalter kein „Aspirin“, „Novalgin“ oder „Diclofenac“

Bei Prellung, Verstauchung, Muskelkrämpfen „Sport-Eis-Spray“

Beruhigungsmittel:

Kamillentee, Fencheltee, bei Schmerzen Versuch mit Arnicatee

Antiallergische Medikamente:

Bei Insektenstich, Pollen- oder Nahrungsmittelallergie Antihistaminika lokal und systemisch als Salbe und Tabletten: „Fenistil“,“ Cetirizin“ auch bei starken oder langanhaltenden Beschwerden mit Kortison „Fenistil-Hydro“ Salbe, „Symbicort“ -Augentropfen

Kombipackung bei Heuschnupfen für Augenschwellung und Nasenlaufen/jucken „Livocab“

Bei bekanntem Asthma das ärztlicherseits verordnete Asthmaspray und Spirometer

Für akut schwere Symptomatik auch systemisch Kortison Tbl. „Prednisolon 5 mg“ vorhalten.

Lokalbetäubung: Lidocain „Emla“ Salbe/Spray, „Tapfi-Pflaster“- wirksam auch gegen „Spritzenangst“ vor einem Impfpiks!

„Warum hilft mir denn keiner beim Einräumen?“

Alle in der Hausapotheke gelagerten Medikamente und Hilfsmittel sollten mindestens einmal im Jahr auf ihr Haltbarkeitsdatum überprüft werden. Dies umso mehr, als diese wichtige Information seitens der Industrie meist unverantwortlich mühsam entzifferbar ist.

Das Mindesthaltbarkeitsdatum gilt insbesondere für alle Medizinprodukte. Angebrochene Packungen wie Nasen, Augen oder Ohrentropfen sollten nach dem Infekt entsorgt werden. Bei Säften, Lösungen oder Salben trennen sich deren Bestandteile durch zu lange Lagerung und verlieren damit jedwede Konsistenz und Wirksamkeit. Tabletten in Blisterpackungen oder eingeschweißte Verbandsstoffe sind meist länger haltbar. Zur besseren Übersicht empfiehlt es sich, das Datum des „Erstgebrauchs“ zu notieren. „Abgelaufene“ Medikamente können fachgerecht und kostenlos in der Apotheke entsorgt werden.

Welche Hilfsmittel sollen vorrätig gehalten werden?

Verbandmaterial

Heftpflaster in verschiedenen Größen auch wasserabweisend, hypoallergisch z.B. „Hansa- oder Leukoplast“, bunte Kindertrostpflaster auch Klammerpflaster für desinfiziert gereinigte, unkompliziert klaffende Hautwunden sind auch als Fertigsortiment im Handel frei erhältlich.

Mullbinden, sterile Kompressen, Verbandpäckchen sowie Brandwundfolien in verschiedenen Größen (2x), Verbandwatte,

Elastische Binden bei Gelenksverletzung (2x in 8 und 10 cm Breite)

Dreiecktuch 2x für Schienung, Verband, Trageschlinge, Abschnürung bei starken Blutungen

Kühl- und Wärmepack „Hot-Cold-Pack“ zum Abschwellen -Lagerung im Eisfach und zum Aufwärmen in die Mikrowelle

Unverzichtbare medizinischen Hilfsgeräte

Digitales Fieberthermometer, stabile Verbandsschere, spitze Kleinschere, Zeckenzange, Spitz- und Flachpinzette, Sicherheitsnadeln, sterile Einmalhandschuhe.

Immer wieder nützlich, nicht nur für die Älteren: Ein automatisches Blutdruck-Pulsmessgerät sowie ein Inhalationsgerät mit altersentsprechenden Masken bei Atemnot oder starkem trockenen Husten

Im oder am Notfallschrank sollte ein gut sichtbares aktuelles, regionales Telefonnotfallinfoblatt befestigt werden - im Zweifelsfall immer 112 wählen!

Reiseapotheke:

Reisemedikamente für Kinder und ausreichenden Vorrat für aktuelle und Dauermedikation bei Vorerkrankungen nicht vergessen.

Gegen Reiseübelkeit: „Emesan“ oder „Vomex“ Zäpfchen oder Saft – evtl. bereits kurz vor Reiseantritt verabreichen

Sonnenschutzcreme mit Mindestlichtschutzfaktor 50 für Kinder plus leichtes Shirt und Sommerhütchen sowie Hautwundcreme bei Sonnenbrand

Insektenstichsalbe: „Fenistil Hydrocort“, Insektenrepellent zum prophylaktischen Einreiben

Ausreichend Flüssigkeit und Ruhepausen während der Fahrt.

Für alle Medizinprodukte, die im Text beispielhaft erwähnt werden, stehen vergleichbare Präparate anderer Hersteller zur Auswahl und Verfügung. Eine jederzeit fachliche Beratung finden sie bei dem Arzt und Apotheker ihres Vertrauens.

Zur weiteren Information

www.kinderaerzte- im-netz.de

Internetsuche z.B. google, wikipedia zu einzelnen Indikationen und Präparaten

Buchtipp: „Der Kinderarzt“ von Dr. Gunhild Kilian - Kornell und Dr. Annette Eiden im Südwest Verlag

 

Über den Autor

Dr. med. Josef Geisz
Dr. med. Josef Geisz
Kinder-Jugendarzt/Allergologie, Wetzlar

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