Chirurgischer Ratgeber: Tetanus-Impfung schützt

Wundstarrkrampf schon bei kleinster Verletzung möglich

„Impfen“ ist in aller Munde, „Corona-Impfung“ beschäftigt uns Tag für Tag und Jedem sollte eigentlich bewusst sein, dass der „Schutz“ das wesentliche ist.

Die Älteren unter uns wissen noch zu gut, welche Gefahr von auch noch so winzigen Verletzungen ausgehen kann, wenn sich ein Tetanus-Erreger, ein Bakterium, wie der Fachmann sagt und kein Virus, in der Wunde und damit im Körper „breit macht“.

Denn ausgerechnet in der Erde verbirgt sich das Tetanus-Bakterium. Schon ein kleiner Stich mit einem Splitter oder Dorn im Garten oder Sandkasten genügt.

Die Biss-Verletzungen von Haustieren müssen besonders ernst genommen werden.

Krankheitsverlauf

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (https://www.bzga.de) teilt wie folgt über den Krankheitsverlauf mit: „Nicht die Bakterien selbst verursachen die Krankheit, sondern die Gifte, die sie ausscheiden! Etwa drei Tage bis drei Wochen (selten auch Monate) nach der Verletzung treten die ersten Krankheitszeichen auf. Typisch sind Krämpfe der Gesichtsmuskulatur. Die Patienten scheinen zu grinsen und sind oft nicht in der Lage, den Mund richtig zu öffnen. Auch andere Muskelgruppen können betroffen sein. Krämpfe des Kehlkopfes und der Brustmuskulatur können so ausgeprägt sein, dass sie zum Erstickungstod führen. Trotz moderner intensivmedizinischer Behandlung sterben auch heute noch 10-20 Prozent der Patienten – meist an Atemnot oder Herzversagen.“

Tierbissverletzungen sind keine Bagatelle

Bei großen und schmutzigen Wunden besteht eine besondere Gefahr, dazu gehören vor allem die Tierbisse.

Ein gemeinsames Urlaubsvergnügen weit weg von der Heimat kann abrupt eine Wendung nehmen, wenn völlig unerwartet ein Hund oder wildes Tier aus heiterem Himmel zubeißt. Doch auch in heimischen Gefilden sind Tierbisse sehr häufig, zwischen 30.000 bis 50.000 Kinder und Erwachsene werden jährlich in unserem Land wegen Hundebissen chirurgisch versorgt.

Sofortige ärztliche Behandlung einleiten

Durch den Biss entsteht eine tiefgreifende Wunde, die sofort mit sehr gefährlichen Keimen (Bakterien) und Giftstoffen (Toxinen) besiedelt ist.

Das noch frei zirkulierende Gift muss unwirksam gemacht werden.

Das Unterschätzen des Ausmaßes der Verletzung erfolgt besonders häufig bei den sehr kleinen Wunden nach Katzen-Biss. Der Biss erfolgt immer bis unter die Haut und die Krankheitserreger breiten sich mit hoher Geschwindigkeit zunächst „unsichtbar“ aus. Die Bissverletzung muss sofort professionell ärztlich im Notdienst ambulant versorgt werden, schwere Verletzungen und zu spätes Eingreifen mit beginnenden Komplikationen werden stationär behandelt.

Behandlungsgrundsatz: „offene“ Wundbehandlung

Etwa die Hälfte der Bissverletzungen liegt im Hand- und Handgelenksbereich. Die Infektion durch die aggressiven Keime verursacht eine sich schnell ausbreitende flächige und in die tiefe gehende Entzündung (Phlegmone). Der chirurgische Grundsatz für die Versorgung nennt man „offene Wundbehandlung“. Das bedeutet, dass die gereinigten oder/und mit dem Skalpell ausgeschnittenen Wunden nicht mit Naht verschlossen werden dürfen. Die betroffene Gliedmaße wird ruhiggestellt, eine Antibiotikaprophylaxe ergänzt die Behandlungsstrategie. Wenn Wunden älter als 8 Stunden sind und keine Antibiotikaprophylaxe erfolgte, wenn klinische Anzeichen für eine Infektion bestehen oder wenn tieferliegende Strukturen wie Gelenke, Knochen oder Sehnen beteiligt sind, ist eine gezielte Antibiotikatherapie erforderlich.

Bissverletzungen des Gesichtes

Gesichtsverletzungen, die zur Narbenbildung führen, sind lebenslang sichtbar. Schrecklich sind Berichte, wenn insbesondere Kinder von einem oder mehreren Hunden massiv verletzt werden. Die Versorgung der Gesichtsbiss-Verletzungen, oft sogar mit Defektbildungen, wenn Teile von Lippen, Wangen oder Nase „abgebissen“ wurden, stellt höchste Anforderungen an die Erstversorgung. Nur im Gesicht dürfen Wunden „locker“ mit Naht (Situationsnaht) verschlossen werden, meist muss dann die kosmetisch-plastische Chirurgie durch Folgeeingriffe versuchen, weitestgehend ein zufriedenstellendes Narbenergebnis zu erreichen.

Sofortigen Tetanusschutz erreichen

Jeder Bürger unseres Landes, ob jung oder alt, sollte eigentlich einen kompletten Schutz gegen Tetanus besitzen und von sich aus dafür sorgen, dass entsprechende „Auffrischungen“ über den Hausarzt erfolgen. Die Nachweise werden in den Impfausweis eingetragen.

Kann bei einer frischen Verletzung nicht der sichere Nachweis eines bestehenden Tetanus-Impfschutzes vorgelegt werden, besteht unverzügliche Impfpflicht, um dem gefürchteten Wundstarrkrampf zu verhindern.

Impfen schützt

Die erste Impfung erfolgt im Alter von 2 Monaten, die zweite Impfdosis 8 Wochen später, die letzte Teilimpfung im Alter von 11 Monaten.

Die erste Auffrischimpfung soll im Alter von 5 bis 6 Jahren (vor Schulbeginn) erfolgen, dann eine weitere im Alter zwischen 9 und 17 Jahren. Den genaueren Verlauf und die Kombinationen mit den weiteren Impfungen können beim Kinderarzt/Hausarzt erfragt werden oder weitere Informationen den Informationen der Ständigen Impfkommission (STIKO) entnommen werden.

Die Auffrischimpfungen für Erwachsene mit vollständiger Grundimmunisierung sollen alle 10 Jahre vorgenommen werden.

Die Gefahren von Impfreaktionen und seltenen Nebenwirkungen sind sehr gering, der Nutzen der Impfung überwiegt maximal, weil Impfen schützt.

 

Über den Autor

Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold
Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold

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