Fahrtauglichkeit bei M. Parkinson (PS)

Die Diagnose M. Parkinson sorgt für eine ganz Reihe von Auswirkungen, die den Alltag verändern, auch die Fahrerlaubnis kann betroffen sein.

In den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Stand 31.12.2019) wird folgendes definiert:

„Wer unter einer extrapyramidalen…Erkrankung leidet, die zu einer herabgesetzten Leistungs- und Belastungsfähigkeit führt, ist nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden. Die Fähigkeit, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 sicher zu führen, ist nur bei erfolgreicher Therapie oder in leichteren Fällen der Erkrankungen gegeben.
Sie setzt die nervenärztliche/neurologische und, je nach den Umständen, psychologische Zusatzbegutachtung voraus.“ (2)

Der M. Parkinson zählt zu den extrapyramidalen Erkrankungen.

Die Tauglichkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs bei PS ist somit nur in leichten Fällen der Erkrankung oder bei erfolgreicher Therapie gegeben.

Die Fahrtauglichkeit bezeichnet dabei die generelle Fahreignung, währen die Fahrtüchtigkeit die situations- und zeitbezogene Fähigkeit beschreibt, ein Fahrzeug zu führen.

Dies trifft z.B. auf Alkoholkonsum zu, aber auch für Nebenwirkung von Medikamenten. Die Pflicht zur Aufklärung über die eingeschränkte Fahrtauglichkeit liegt beim Arzt. In der Praxis geschieht dies allerdings nicht immer. Deshalb sollten Betroffene oder besorgte Angehörige von sich aus das Gespräch mit dem Arzt anregen. Eine andere Möglichkeit ist der Besuch einer Fahrschule, die auf Menschen mit Behinderungen ausgerichtet ist (Beobachtungsfahrt zur Beurteilung der Fahreignung). Auch der Technische Überwachungsverein (TÜV) bietet entsprechende Fahrstunden an. Über das Ergebnis herrscht Schweigepflicht.

Der Gesetzgeber hat für M. Parkinson die oben genannten Einschränkungen der Fahrtauglichkeit ausgesprochen. Deshalb ist es wichtig, diesem Thema Beachtung zu schenken.

Mögliche Hinweis auf Einschränkungen der Fahrtauglichkeit, welche von Angehörigen oder Mitfahrern beobachtet werden können, sind: unangemessene Geschwindigkeit, sowohl zu schnell als auch zu langsam, Schwierigkeiten die Spur zu halten, Missachtung von Geboten, Schildern und Ampeln, verlangsamte Reaktionen, z.B. verspätetes Bremsen, Überforderung bei unerwarteten Reaktionen, Fahrfehler, Unfälle, Lackschäden.

Nach einer tiefen Hirnstimulation besteht automatisch ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten. Ob danach erneute Fahrtüchtigkeit besteht, richtet sich nach dem Gesundheitszustand des Patienten.

Gesetzeslage

Patienten und Angehörigen müssen wissen, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs im Zustand der Fahruntüchtigkeit einen Strafbestand darstellen kann. Denn gemäß § 315 c Absatz 1 Ziffer 1b StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft, wer infolge geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen. Tathandlung des § 315 c StGB ist das Führen eines Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr im Zustand der Fahruntüchtigkeit.

Fahruntüchtigkeit i. S. des § 315 c ist nach ständiger Rechtsprechung immer dann gegeben, wenn der Führer des Kfz nicht fähig ist, eine längere Strecke so zu steuern, dass er den Anforderungen des Straßenverkehrs, und zwar auch bei plötzlichem Auftreten schwieriger Verkehrslagen, so gewachsen ist, wie es von einem durchschnittlichen Fahrzeugführer zu erwarten ist. Die Fahruntüchtigkeit kann neben Alkoholkonsum oder anderen berauschenden Substanzen auch durch geistige und körperliche Mängel hervorgerufen werden. Wichtig hierbei ist zu erwähnen, dass der § 315 c StGB ein konkretes Gefährdungsdelikt benennt mit der Folge, dass die Strafbarkeit nicht von einem Unfallgeschehen abhängig ist, sondern für eine Bestrafung die naheliegende Wahrscheinlichkeit eines schädigenden Ereignisses ausreicht.

Zahlen und Fakten

Das Führen eines Kraftfahrzeugs stellt einen hohen Anspruch an die kognitiven und motorischen Fertigkeiten eines Menschen. Über 80 % der Parkinson-Patienten haben einen Führerschein und etwa 60 % der Patienten fahren einen Pkw. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen waren etwa 15 % der Patienten in einen Unfall verwickelt, dabei 11 % schuldhaft. Die Unfallrate und die Schwere der motorischen Einschränkungen stehen dabei in keiner direkten Korrelation, vielmehr spielen andere Faktoren eine wichtigere Rolle. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen das Alter, geistige Einschränkungen und Sehstörungen bei den Betroffenen, z.B. Doppelbilder oder Verschwommensehen. Ein guter Indikator für die Einschränkungen der Fahrtauglichkeit ist der Beifahrer, der die kritischen Situationen oftmals besser und früher wahrnimmt als der Betroffene selbst.

Kraftfahreignung

Wer unter einem Parkinson-Syndrom leidet, welches zu einer herabgesetzten Leistungs- und Belastungsfähigkeit führt, ist nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von LKW, Bussen und Fahrzeugen zur Fahrgastbeförderung (Taxi etc.) gerecht zu werden.

Die Fähigkeit, Pkw und andere Fahrzeuge bis 3.5 t sowie Motorräder sicher zu führen, ist nur bei erfolgreicher Therapie oder in leichteren Fällen der Erkrankung gegeben.

Die Feststellung der Fahreignung setzt die nervenärztliche/neurologische, und je nach den Umständen, psychologische Zusatzbegutachtung voraus. Nachuntersuchungen in Abständen von einem, zwei oder vier Jahren sind je nach den Befunden, die der Einzelfall bietet, zur Auflage zu machen (Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung des Bundesministeriums für Verkehr).

Pflicht und Aufklärung

Selbstprüfungspflicht des Patienten

Patienten sollten jedoch wissen, dass die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) eine gesetzliche Selbstprüfungspflicht auferlegt. Nach § 2 FeV muss jeder Verkehrsteilnehmer selbst Vorsorge für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr tragen. Zudem darf laut Straßenverkehrsgesetz (StVG) nur derjenige ein Fahrzeug steuern, der die notwendigen körperlichen und psychischen Voraussetzungen erfüllt.

Jeder Verkehrsteilnehmer (insbesondere also auch jeder Patient) hat somit die Pflicht, seine Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr zu prüfen und bei Unsicherheit ärztlichen Sachverstand einzuholen. Bestehen Zweifel an der eigenen Fahreignung, sollte dies gegenüber dem Arzt unbedingt thematisiert werden. Die Beurteilung, inwieweit eine Einschränkung der generellen Fahreignung (Fahrtauglichkeit) oder temporären Fahrfähigkeit (Fahrtüchtigkeit) vorliegt, muss durch einen in dem Gebiet erfahrenen Neurologen/Nervenarzt erfolgen, gegebenenfalls ist ein psychologisches Gutachten einzuholen oder eine Fahrprobe durchzuführen. In Abhängigkeit von der Dynamik und Schwere der Erkrankung ist eine ärztliche Nachbeobachtung in vom Gesetzgeber festgelegten Zeitintervallen notwendig.

Viele Menschen scheuen diesen Weg zum Arzt, weil sie Angst haben, ihren Führerschein zu verlieren. Doch behandelnde Ärztinnen und Ärzte unterliegen der Schweigepflicht. Sie dürfen den Behörden ihre Diagnosen nicht melden und auch kein amtliches Fahrverbot aussprechen. Die Polizei dürfen sie nur dann informieren, wenn Gefahr im Verzug ist (Beispiel: verwirrter Demenzpatient).

Im Zweifelsfall ein Gutachten einholen

Wer trotz deutlicher Einschränkung der Leistungsfähigkeit Auto fährt, verliert bei einem selbstverschuldeten Unfall nicht nur den Führerschein, sondern auch seinen Versicherungsschutz und kann strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, ein verkehrsmedizinisches Gutachten bei einem Experten einzuholen. Darin werden unter anderem Funktionsfähigkeit von Armen und Beinen, das Gleichgewicht, die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit sowie Aufmerksamkeit und Belastbarkeit, Beeinträchtigungen der Sehschärfe oder Doppelbilder beurteilt. Auch Störungen der Bewegungskoordination oder Gleichgewichtsstörungen können die Fahrleistung mindern. Bei starker Ausprägung ist das Motorradfahren oft nicht mehr möglich und das Bedienen der Armaturen im Auto ist deutlich erschwert.

Auch im Fall eines unverschuldeten Unfalls kann der Patient in eine Bringschuld geraten, wenn der Unfallgegner Zweifel an der Fahreignung äußert und die Polizei diese Einschätzung teilt. Auch im Falle eines unverschuldeten Unfalls werden sich durch die Aufregung die Parkinson-Symptome verstärken und die Situation negativ färben. Sofern die Polizei ebenfalls Zweifel an der Fahrtauglichkeit hat, wird seitens der Behörde eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung angeordnet, deren Bestehen Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Fahrerlaubnis ist. In diesem Fall ist der Patient in einer wesentlich schlechteren Ausgangslage, da ein Unfallereignis stattgefunden hat und somit eine andere Ausgangslage mit Auflage zur Begutachtung besteht.

Einfluss der Medikation auf Fahrfähigkeit

Nicht nur die Erkrankung, auch die Wirkung der Medikation kann die Fahrleistung negativ beeinflussen. Eine generell fehlende Fahreignung durch Nebenwirkungen der Medikation besteht bspw. bei unvermittelt auftretendem Sekundenschlaf, aggressiven Impulskontrollstörungen oder durchgehenden Halluzinationen. Besteht eine erhöhte Tagesmüdigkeit ohne Einschlafattacken, ist die generelle Fahreignung möglicherweise noch gegeben, aber die situations- und zeitbezogene Fahrfähigkeit eingeschränkt. Wie jeder andere Fahrzeugführer auch, muss der Pat. vor jedem Fahrantritt seine Fahrfähigkeit überprüfen und darf z.B. bei Schwindel oder Müdigkeit nach Tabletteneinnahme nicht fahren. Neben der Müdigkeit spielen die Konzentration, aber auch durch Medikamente hervorgerufene Einschränkungen bestimmter Sinne, etwa des Sehens, eine wichtige Rolle. Auch nach einer tiefen Hirnstimulation besteht ein Fahrverbot von drei Monaten.

Kraftfahrzeughilfeverordnung

Berufstätige Parkinson-Patienten, welche in einem leichten Stadium der Erkrankung sind und ihr Fahrzeug zum Erreichen des Arbeitsplatzes benötigen, haben Anspruch auf Förderung, sollte ein Umbau erforderlich sein (z.B. von Fuß- auf Handbremse). Die Kraftfahrzeughilfeverordnung informiert im Detail, welche Leistungen bezuschusst werden.

 

Quellen:

https://neurotransconcept.com/download/impulse/ntcimpulse_2019_6.pdf

Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung Stand 31.12.2019, Seite 44

Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation (Kraftfahrzeughilfe-Verordnung - KfzHV), Stand 21.08.2021

Über den Autor

Dr. med. Ilona Csoti
Dr. med. Ilona Csoti
Ärztliche Direktorin
Gertrudisklinik Biskirchen

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