Revolution in der Medizin vor 125 Jahren (Teil 2)

Mammographie

das Mammographiegerät ist ein hochgradig spezialisiertes Röntgengerät. Es kann lediglich zur Röntgenuntersuchung der Brust verwendet werden. Es wird eine spezielle Form der Röntgenstrahlung verwendet (die sogenannte weiche Strahlung), die zum größeren Anteil im Gewebe absorbiert wird. Hierdurch werden auch feinste Unterschiede in der Dichte des Brustdrüsengewebes erkennbar gemacht. Es ist dabei unabdingbar, dass das Gewebe der Brust zwischen Platten sorgfältig komprimiert wird. Nur dann ist es möglich, die Strukturen innerhalb des Brustdrüsengewebes akkurat darzustellen. Die Kompression ist zwar unangenehm, für eine qualitativ hochwertige Aufnahme jedoch notwendig. Auch hierfür sind die spezialisierten medizinisch-technischen Radiologieassistentinnen verantwortlich. Die Mammographie ist das einzige Verfahren, welches in der Lage ist, sogenannten Mikrokalk zu entdecken, der Ausdruck eines Brustkrebses sein kann. Diese Art der Röntgentechnik kann auch verwendet werden, um später Proben aus den entdeckten Mikrokalkbereichen zu entnehmen und so den Krebs auch feingeweblich nachzuweisen.

Computertomographie (CT)

in den siebziger Jahren wurden die ersten Computertomographen auf den Markt gebracht. Hierbei kreist die Röntgenröhre mit hoher Geschwindigkeit in einem Ring um den Patienten. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich der ebenfalls kreisende Detektor. Der Patient wird während der Untersuchung auf einem beweglichen Tisch durch diesen Ring bewegt. Dieser Ring wird Gantry (englisch) genannt, der Untersuchungstisch wird mit Motoren gesteuert, die für einen kontinuierlichen Vorschub des Patienten sorgen. Die Abschwächung der Röntgenstrahlung wird für alle Positionen gemessen, große Datenmengen entstehen, die so genannten Rohdaten. Erst in der Ära der computergestützten Datenverarbeitung konnte es gelingen diese großen Datenmengen mit einem speziellen mathematischen Verfahren, der „gefilterten Rückprojektion“, zu Schnittbildern zu verarbeiten. Revolutionär war hierbei, dass nun jeder Bildpunkt eine eigene Position im Körper repräsentiert. Überlagerungen, der Schwachpunkt des klassischen Röntgenbildes, kommen nicht mehr vor. Selbst kleinste Veränderungen können detektiert werden, wenn entsprechende Kontrastverhältnisse vorliegen. Hierzu muss dem Patienten oft zeitgleich während der Untersuchung ein Kontrastmittel in die Vene gespritzt werden. Dieses verteilt sich zunächst im Herz und dann über die Arterien im ganzen Körper. Der Patient spürt hierbei ein Wärmegefühl im Körper. Die Untersuchung kann mit den heutigen Geräten innerhalb weniger Sekunden durchgeführt werden. Der erste Computertomograph benötigte noch viele Minuten für eine Schicht und konnte lediglich den Kopf eines Patienten untersuchen. Die erstellten Schichtbilder sind häufig nur noch 0,6 Millimeter dick. Weiterhin ist es heute möglich, diese Daten so nachzuverarbeiten, dass dreidimensionale Bilder entstehen. Bei entsprechender Verteilung der Dichte (so genannte Hounsfield-Einheiten oder Grauwerte) können plastische Bilder von Arterien oder Knochen entstehen. Die beiden maßgeblichen Entwickler des Computertomographen Godfrey Hounsfield und Allan M. Cormack erhielten 1979 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.

Und was ist mit der Kernspintomographie (MRT) und der Sonographie?

Auch dies sind heute Verfahren, die aus der modernen, bildgebenden Diagnostik nicht mehr wegzudenken sind. Sie funktionieren jedoch mit anderen Prinzipien, eine Röntgenstrahlung wird hier nicht benötigt. In der Kernspintomographie, die auch Magnetresonanztomographie genannt wird, werden Magnetimpulse in den Patienten eingeleitet und das unmittelbar danach wieder abgegebene Magnetfeld mittels flacher Antennen aufgefangen, die um den Patienten herum positioniert werden. Auch hieraus lässt sich ein Bild errechnen. In der Sonographie werden Ultraschallwellen von verschiedenen Sonden, abgegeben. Diese Sonden können heute so klein sein, dass sie auch im Patienten angewendet werden (z.B. in der Speiseröhre oder auch in den Herzkranzarterien). Die reflektierten Ultraschallwellen werden wieder aufgefangen und auch hieraus können Bilder berechnet werden. Der große Vorteil der Kernspintomographie und der Sonographie ist, dass keine Röntgenstrahlung verwendet werden muss. Dies prädestiniert das Verfahren für die Anwendung an Kindern oder jungen Menschen. Die Sonographie kann zusätzlich mit einer hohen zeitlichen Auflösung den menschlichen Körper darstellen. So gelingt es zum Beispiel die Bewegung von Sehnen oder den Blutfluss in Gefäßen zu erfassen. Der Nachteil ist jedoch, dass die Schallwellen nicht durch Luft und auch nicht durch Kalk (Knochen) dringen können, so dass die Darstellung des Lungengewebes mit dem Ultraschall nicht gelingt oder auch ein sehr geblähter Darm verhindert, dass die dahinterliegenden Organe beurteilt werden können.

 

 

Wussten sie, dass Wilhelm Conrad Röntgen…

… von 1879-1888 ordentlicher Professor der Physik an der Universität Gießen war?

… zunächst die Habilitation wegen seines fehlenden Abiturs verweigert wurde?

… das Geld für den Nobelpreis nicht annehmen wollte?

… aufgrund eines testamentarischen Wunsches in Gießen beerdigt wurde?

… verfügte, dass alle seine wissenschaftlichen Aufzeichnungen nach seinem Tod vernichtet werden sollten?

 

Wer entscheidet, welches Verfahren angewendet wird?

Die Entscheidung, welches der hier aufgeführten Verfahren angewendet wird, um eine Diagnose zu stellen, muss individuell für jeden Patienten durch den Arzt erwogen werden. Es muss die so genannte Indikation gestellt werden (das Verfahren muss angezeigt sein). Der Arzt wägt hierbei den diagnostischen Nutzen gegen das eventuelle Risiko ab. Bei Verfahren, die Röntgenstrahlen verwenden, ist diese Indikationsstellung sogar in einem eigenen Gesetzeswerk vorgeschrieben (Strahlenschutzgesetz). Fachkundige Ärzte, meistens Radiologen, sind darin ausgebildet, das korrekte, bildgebende Verfahren zu wählen. Besteht die Indikation nicht, darf keine Röntgenstrahlung angewendet werden. Bei vielen Erkrankungen rechtfertigt jedoch bereits der Verdacht die Anwendung einer Röntgenuntersuchung, da der potenzielle Nutzen der Diagnose gegenüber den Risiken überwiegt.

 

Über den Autor

Dr. med. Tobias Achenbach
Dr. med. Tobias Achenbach
Chefarzt Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie

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