Parkinson bleibt lange im Verborgenen

Else B. merkte es beim Kochen: Den gewohnten Duft des Sonntagsbratens nahm sie nicht mehr wahr. Ihre Schrift wurde krakelig und klein. Ihre Muskeln fühlten sich steif an und ihre Hände zitterten. Was die 70-Jährige zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Sie litt an Parkinson.

„Es gibt bei Parkinson leider kein Frühwarnsystem wie bei anderen Erkrankungen. Wenn diese ersten Symptome auftreten, ist die Krankheit bereits in vollem Gang. Dann sind in der Regel bereits 50 Prozent der Dopamin produzierenden Gehirnzellen zerstört“, sagt der Ärztliche Direktor des Vitos Klinikums Weil-Lahn und Klinikdirektor der Vitos Klinik für Neurologie Weilmünster, Privatdozent (PD) Dr. med. Christoph Best. Hinzu kommt das große Problem, dass Symptome wie Riechstörungen, Zittern oder Muskelverspannungen auch ganz andere Ursachen haben können.

Die internationale Forschung hat aber mittlerweile herausgefunden, dass Menschen, die während der Tiefschlafphase ihre Träume in Bewegung umsetzen, um sich schlagen oder schreien, später an Parkinson erkranken. Das könnte ein erstes Frühsymptom für Parkinson sein. Es ist allerdings derzeit nur ein Hoffnungsschimmer, dem die Forschung weiter nachgeht.

Detektivische Diagnostik klärt auf

Es ist wichtig, zunächst genau abzuklären, ob es sich tatsächlich um Parkinson handelt. Dabei wird ein breites Spektrum von Untersuchungsmethoden angewandt: eine Ultraschalluntersuchung des Gehirns, die Messung der Gehirnströme, der Nervenleitgeschwindigkeit und der elektrischen Muskelaktivität. Ein Dopamin-Test zeigt, ob die Verabreichung dieses Hormons bzw. Botenstoffes die vom Gehirn gesteuerten, koordinierten Bewegungen beeinflusst.

„In unserer Klinik ergänzen wir diese Standard-Verfahren um weitere Untersuchungen. Neben einer Magnetresonanz-Tomografie des Schädels lassen wir unsere Patienten mit Parkinson-Verdacht auch nuklearmedizinisch in der Uniklinik Gießen untersuchen“, berichtet der Facharzt für Neurologie. Nachdem ein radioaktives Medikament injiziert wurde, zeigt die Bildgebung den Dopamintransporter, der den ausgeschütteten Botenstoff Dopamin wieder zurück in die Nervenzelle bringt. Stirbt die Gehirnzelle ab, verschwindet auch der Transporter. So entsteht ein genaues Bild vom tatsächlichen Dopamin-Stoffwechsel. „Meist ist das die ausschlaggebende Untersuchung, um eine Parkinson-Krankheit zu bestätigen oder auch auszuschließen. Wir wollen auf `Nummer sicher‘ gehen“, sagt PD Dr. med. Christoph Best.

Den Verlauf verlangsamen

Steht die Diagnose „Parkinson“ fest, muss therapeutisch alles getan werden, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Denn Parkinson ist bis heute nicht heilbar. Die Vitos Klinik für Neurologie Weilmünster setzt auf eine multimodale Behandlung. Neben der medikamentösen Therapie trainieren Ergotherapeuten mit den Patienten unter anderem den Umgang mit Einschränkungen im Alltag und erarbeiten eine Tagesstrukturierung. Logopäden widmen sich den häufigen Schluck- und Sprechstörungen, mit denen Parkinson-Patienten zu kämpfen haben. Die Physiotherapeuten kümmern sich um eine bessere Beweglichkeit und Koordination. Da etwa 60 Prozent der Parkinson- Erkrankten eine Demenz entwickeln, fördern Neuropsychologen die geistige Leistungsfähigkeit etwa mit Achtsamkeits- und Konzentrationsübungen.

Was ist Parkinson?

Parkinson ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Ihren Namen hat sie vom britischen Arzt James Parkinson, der 1817 erstmals die Symptome beschrieb. Es kommt zum Verlust von Nervenzellen im Gehirn, die das lebenswichtige Hormon Dopamin produzieren. Das Gehirn wird nach und nach zerstört, der Körper baut insgesamt ab, es kommt u.a. zu Bewegungs- und Sprachstörungen und zu starkem Zittern. Parkinson tritt überwiegend ab 60 Jahren auf.

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