„Wirbelkörperbrüche:
eine unterschätzte Bedrohung und schleichende Gefahr“

Wirbelkörperbrüche sind doppelt so häufig wie Hüftfrakturen; etwa 25 % der Frauen nach der Menopause haben mindestens eine Fraktur erlitten. Im Gegensatz zu den Hüftbrüchen, die fast immer die Folge eines Sturzes sind, sind Wirbelbrüche in der Regel mit einem geringen oder gar keinem Trauma (Keine Gewalteinwirkung) verbunden. Die durch Osteoporose geschwächten Wirbel können der normalen Belastung und dem Druck nicht widerstehen, so dass sie bei einer einfachen Bewegung - Bücken, schnelles Drehen oder Anheben eines gekippten Fensterflügels - nachgeben können.

Keine Schmerzen, keine Sorgen?

Warum Sie dennoch auf Wirbelbrüche achten sollten?

Etwa zwei Drittel der Wirbelbrüche sind symptomlos und werden möglicherweise nicht diagnostiziert, bis sie auf einer Röntgenaufnahme entdeckt werden, die aus einem anderen Grund angefertigt wurde. Eine einzelne Fraktur mag auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen, doch hat sie langfristige Auswirkungen, einschließlich eines höheren Risikos für neue Frakturen. In einer Studie, die 2007 im „Journal of the American Medical Association“ veröffentlicht wurde, fanden Forscher der „Study of Osteoporotic Fractures“ heraus, dass Frauen mit einer Vorgeschichte von Wirbelbrüchen ein vierfach höheres Risiko hatten, während der 15-jährigen Nachbeobachtungszeit einen neuen Bruch zu erleiden. Sie hatten auch ein höheres Risiko für andere Knochenbrüche, insbesondere Hüftfrakturen. Die kumulativen Auswirkungen von Mehrfachfrakturen können schwerwiegend sein. Chronische Schmerzen, Behinderungen und Schwierigkeiten bei der Teilnahme an normalen Aktivitäten des täglichen Lebens können zu Isolation, Beziehungsproblemen und emotionalen Schwierigkeiten führen – einschließlich Depressionen, die bei 40 % der Menschen mit Wirbelbrüchen auftreten. Wirbelbrüche erhöhen auch das Risiko eines vorzeitigen Todes, wenn auch nicht in dem Maße wie Hüftfrakturen. Da die Bevölkerung immer älter wird, wird die Zahl der osteoporotischen Frakturen im Allgemeinen voraussichtlich steigen. Glücklicherweise haben wir heute mehr Möglichkeiten, diese Frakturen zu behandeln als noch vor 10 Jahren, einschließlich Verfahren, die Schmerzen lindern, beschädigte Wirbel stützen und Behinderungen verringern.

Rücken an Rücken: Warum multiple Wirbelbrüche eine ernste Gesundheitsgefahr darstellen?

Ein Wirbel ist nicht im üblichen Sinne des Wortes gebrochen. Er bricht nicht wie ein Zweig oder wie ein gebrochenes Bein oder ein gebrochener Arm. Stattdessen bricht er zusammen, so wie ein Pappbecher zerdrückt wird, wenn man auf ihn tritt. Der gängige Begriff für diese Art von Bruch ist Kompressionsfraktur. Der daraus resultierende Schmerz kann stechend oder dumpf sein und sich an der Bruchstelle oder weiter entfernt in den Seiten oder im Bauchraum bemerkbar machen. In vielen Fällen treten nur geringe oder gar keine Schmerzen auf, und das wichtigste Anzeichen ist ein allmählicher Höhenverlust oder eine gebückte Haltung. Die meisten Menschen mit Wirbelfrakturen haben einen oder zwei Brüche, meist im Bereich der Brustwirbelsäule (mittlerer Rücken), manchmal auch im Bereich der Lendenwirbelsäule (unterer Rücken). Ein oder zwei Brüche führen wahrscheinlich zu einem leichten Höhenverlust, aber mehrere Brüche können zu einer Rundung des Rückens beitragen, die als dorsale Kyphose oder "Witwenbuckel" bezeichnet wird. Die Wirbelsäule gerät zunehmend in eine Schieflage. Der Oberkörper ist nach vorne geneigt und gerundet. Der Raum zwischen den Rippen und dem Becken verengt sich, die Brustwand ist verkrampft, und die Bauchorgane werden zusammengepresst, so dass sich der Bauch nach vorne wölbt. In sehr schweren Fällen kann die Atmung erschwert und die Verdauung beeinträchtigt sein.

Die heimtückische Bedrohung: Was ist bei Wirbelbrüchen zu tun?

Eine Röntgenaufnahme der Wirbelsäule kann die Diagnose bestätigen. Wirbelkompressionsfrakturen bei Frauen nach der Menopause werden in der Regel durch Osteoporose verursacht, gelegentlich sind sie aber auch die Folge eines Traumas, einer Infektion oder eines Krebstumors. Die Behandlung schmerzhafter Frakturen beginnt mit Schmerzmitteln. Starke Schmerzen erfordern möglicherweise kurzzeitige Bettruhe und stärkere Medikamente, beginnend mit niedrigen Dosen von Opiaten. Längere Bettruhe sollte vermieden werden, da sie zu Knochenschwund und anderen Gesundheitsproblemen beitragen kann. Zur Schmerzlinderung und Stabilisierung der Wirbelsäule während der Heilung wird in der Regel eine Rückenbandage/ Korsett empfohlen. Die Bandage ist so konzipiert, dass sie die Wirbelsäule gerader als gewöhnlich hält, den Druck auf die beschädigten Wirbel verringert und das Risiko eines weiteren Zusammenbruchs reduziert.

Osteoporose und ihre verheerenden Auswirkungen auf die Wirbelsäule: Die Patienten sollten mittels einer Untersuchung der Knochenmineraldichte auf Osteoporose untersucht werden, und die Osteoporose sollte mit Standard- Osteoporosemedikamenten wie den Bisphosphonaten Alendronat (Fosamax), Risedronat (Actonel) und Ibandronat (Boniva) behandelt werden. Injizierbare Bisphosphonate - Zoledronsäure (Reclast, Zometa) und das injizierbare Denosumab (Prolia) - sind eine Alternative für Frauen, die die orale Form nicht einnehmen können. Die anti-Osteoporose Therapie können die Rate neuer Wirbelfrakturen um bis zu 50 % senken.

Die unsichtbare Epidemie: Verfahren zur Behandlung von Wirbelfrakturen

Bei zwei minimalinvasiven Verfahren - Vertebroplastie und Kyphoplastie - wird ein medizinischer Zement injiziert, um gestauchte Wirbel zu stabilisieren. Sie wurden in den 1990er Jahren in den Vereinigten Staaten eingeführt und werden zunehmend zur Behandlung von Frakturschmerzen eingesetzt, die auf konservative Therapien nicht ansprechen. Wenn keine Beschwerdebesserung auftritt und die Person weiterhin Schmerzen hat, wird der Eingriff in Betracht gezogen. Es ist nicht klar, ob eines der beiden Verfahren die Stabilität der Wirbelsäule verbessert oder Frakturen langfristig verhindert. Der Hauptgrund für diese Eingriffe ist jedoch Schmerzen, und 85 % bis 90 % der Patienten, die sich ihnen unterziehen, erfahren sofortige Linderung. Eine 2007 in der Zeitschrift „Pain Physician“ veröffentlichte Auswertung von 21 Studien mit 1 309 Patienten ergab, dass beide Verfahren die Schmerzen um mehr als 50 % reduzieren. Es wird angenommen, dass der Zement hilft, indem er den Wirbel wieder stabilisiert, was die Entzündung und damit die Schmerzen reduziert. Es ist auch möglich, dass der Zement die schmerzleitenden Nervenenden im Wirbelkörper

zerstört. Vor beiden Eingriffen wird in der Regel eine MRT-Untersuchung durchgeführt, um festzustellen, ob der Patient voraussichtlich davon profitieren wird. Ein guter Kandidat ist ein Patient, dessen MRT das Vorhandensein von Knochenödemen oder -flüssigkeit zeigt, die mit einer kürzlich erfolgten Fraktur in Verbindung stehen. Mit Hilfe einer MRT kann auch festgestellt werden, ob eine Bandscheibe, das Rückenmark oder andere Weichteile betroffen sind.

Rücken gegen die Wand: Wenn Knochenbrüche zur Operation zwingen

Sowohl die Kyphoplastie als auch die Vertebroplastie werden perkutan (d. h. durch die Haut) durchgeführt. So läuft der Eingriff ab: Bei diesem ebenfalls bildgesteuerten Verfahren, das durch winzige Schnitte im Rücken durchgeführt wird, werden aufblasbare Ballons durch Schläuche auf beiden Seiten des gebrochenen Wirbels eingeführt. Die Ballons werden aufgeblasen, wodurch ein Hohlraum entsteht und die Höhe des Wirbels wiederhergestellt wird. Anschließend wird die Luft/flüssiges Kontrastmittel aus den Ballons abgelassen, sie werden zurückgezogen und der Hohlraum mit Zement gefüllt. Der Eingriff dauert 30 bis 60 Minuten pro Fraktur und erfordert manchmal einen Krankenhausaufenthalt über Nacht. Die Kyphoplastie ist ein minimalinvasiver Eingriff, der ein geringeres Komplikationsrisiko als die traditionelle offene Operation, birgt. Das Verfahren ist mit einer geringen Rate an Infektionen, Blutungen und Nervenschädigungen verbunden. Es wird prognostiziert, dass die Prävalenz osteoporotischer Frakturen mit der Alterung der Bevölkerung zunehmen wird. Die gute Nachricht ist, dass es heute mehr praktikable Alternativen zur Behandlung dieser Frakturen gibt als noch vor zehn Jahren. Dazu gehören Operationen, die die Schmerzen lindern, die verletzten Wirbel stabilisieren und die Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften Behinderung vermindern.

Ihr

Mina Aziz

Bildergalerie

Aktuelle Ausgabe4/2024