Kälte macht Parkinson-Patienten krank...
In den Wintermonaten geht es Parkinson-Patienten oft schlechter. Sie vertragen die Kälte gar nicht gut. Warum ist das wohl so und was kann man dagegen tun?
Um den Körper gleichmäßig warm zu halten, bedarf es einer intakten Regulation der Körpertemperatur. Diese ist jedoch, wie wir wissen, bei Parkinson-Patienten gestört, da sie von den Nervenbahnen des vegetativen Nervensystems gesteuert wird. Dazu kommt noch, dass Parkinson-Patienten Kälte als solche oft nicht korrekt wahrnehmen, da die Temperaturmessfühler der Haut ebenfalls nicht richtig arbeiten. Sie kleiden sich trotz extremer Kälte oft zu spärlich und unterstützen so das Auskühlen der Haut und der Muskulatur. Wenn ich bei der Visite in ein „tiefgekühltes“ Zimmer komme und dies anspreche, bekomme ich oft zur Antwort: „Das macht mir nichts, mir ist warm, ich habe viel Hitze!“
Durch das Auskühlen verschlechtert sich jedoch die Durchblutung der Haut und der Muskulatur und die Muskelsteifheit (Rigor) nimmt zu. Sofern sich Patienten nicht richtig kleiden, muss der Körper viel Energie aufbringen, um „gegen diese Auskühlung anzuheizen“, dies kostet Kraft, die Patienten sind eher erschöpft und müde. Einige Patienten berichten auch über eine Zunahme des Tremors (Zittern) bei Kälte. Nimmt der Rigor zu, folgt die Bewegungsverlangsamung, alles wird langsamer und steifer.
Durch das rasche Dunkelwerden kommt es in den Wintermonaten zudem auch zu einer Verschlechterung der Stimmungslage („Winterblues“) und zu einem Mangel am Sonnenhormon Vitamin D. Fehlen Sonne und Vitamin D, leidet das Immunsystem, welches im Winter eigentlich viel zu tun hat und auf Hochtouren laufen sollte, um Infekte abzuwehren.
Da viele Patienten das Medikament Amantadin einnehmen, sind sie vor Erkältungen ganz gut geschützt, denn Amantadin ist ja eigentlich ein Anti-Grippemittel! Wenn sie jedoch durch die falsche Wärme- und Kälteempfindung auch noch unter starkem Schwitzen leiden, auch ohne körperliche Anstrengung oder große Hitze, dann sind sie im Winter besonders anfällig für Infekte. Denn häufig ist das Schwitzen besonders in der Nacht sehr ausgeprägt, es kommt zu regelrechten Schweißausbrüchen, als hätte man Fieber. Bettwäsche und Nachtkleidung sind vollkommen durchnässt und müssen nicht selten gewechselt werden.
Zehn hilfreiche Hinweise gegen M Parkinson im Winter
Kurbeln Sie Ihre Durchblutung an
Gehen Sie täglich an die frische Luft, auch bei Kälte, Sauna und Kneipp-Wechselduschen, nach dem Duschen Trockenbürstenmassagen, härten Sie sich ab!
Aufwärmen von innen
Trinken Sie heißen Tee (z.B. Ingwertee) oder genießen Sie eine heiße Suppe. Sie wirkt bei Kälte Wunder! Würzen Sie mit Chili oder Ingwer. Für unterwegs gibt es neben der traditionellen Thermoskanne bereits zahlreiche fantasievolle Isolierbehälter (Foodcontainer genannt!), hier können Sie von schwarz bis kunterbunt wählen.
Warm anziehen
Ziehen Sie sich der Umgebungstemperatur angepasst an. Falls Sie verschiedenen Temperaturen ausgesetzt sind (Spazierengehen, Besuch eines Cafés...) nutzen Sie das Zwiebelschalenprinzip. Vier leichtere Kleidungsstücke übereinander sind besser als drei dicke! Die Luftschicht zwischen der Kleidung isoliert zusätzlich und wenn es zu warm wird, kann man Schichten nach Bedarf abwerfen. Unterwäsche (Unterhemd, lange Unterhosen) hält besonders gut warm.
Vermeiden Sie Eisfüße
Tragen Sie warmes und nässedichtes Schuhwerk. Damit die Luft auch im Fußbereich zirkulieren kann, sollten die Schuhe nicht zu eng sein. Im Winter sollte man bequem dicke Socken tragen können. Wer unter kalten Füßen leidet, sollte Thermosohlen einlegen können. Falls sie Schnürschuhe tragen, binden Sie diese nicht zu fest. Denken Sie daran:
„Den Kopf halt' kühl, die Füße warm, das macht den besten Doktor arm!“
Handschuhe tragen
Finger frieren schnell, und einige Parkinson-Patienten bekommen bei Kälte schnell ganz weiße oder blaue Finger (M. Raynaud). Tragen Sie bereits ab Herbst Handschuhe, bei starker Kälte dicke Fausthandschuhe über leichten Fingerhandschuhen. Pulswärmer sind ebenfalls sehr effektiv. Patienten mit M. Raynaud sollten neben den Pulswärmern auch warme Stulpen über den Fußknöcheln tragen.
Nicht ins Schwitzen kommen
Beim Wandern oder Spazierengehen unbedingt Unterwäsche tragen, welche den Schweiß aufnimmt und schnell trocknet, es gibt dafür spezielle Funktionsunterwäsche im Fachgeschäft. Sie sollte eng anliegen. Die überliegenden Schichten sollten atmungsaktiv und leicht sein und ausreichend Wind- und Nässeschutz bieten.
Richtiges Atmen
Beim Einatmen kalter Luft muss diese auf dem Weg zur Lunge vom Körper erwärmt werden. Versuchen Sie deshalb, durch die Nase zu atmen, hier ist der Weg etwas länger und die Lunge bekommt keinen Schreck, wenn die kalte Luft ankommt.
Vermeiden Sie „Frostbeulen“
Wind und Wetter treffen direkt auf Ihr Gesicht. Die Haut sollte deshalb im Winter mit fetthaltiger Kälteschutzcreme gepflegt werden. Beim Wandern oder Skifahren in der glitzernden Wintersonne Kombipflege mit Kälte- und Sonnenschutz! Pflegeprodukte mit hoher Feuchtigkeit sind eher für den Sommer geeignet, im Winter kann sich die Feuchtigkeit schnell in Eiskristalle verwandeln und Hautschäden verursachen. Und vergessen Sie die Sonnenbrille nicht - auch im Winter. Bei trockenen Augen ist bei Kälte und Wind eine Sonnenbrille mit Kantenschutz ein Segen.
Licht für die Seele
Sparen Sie nicht mit Licht in Ihrer Wohnung. Die Dunkelheit lockt die Depression hinter dem Ofen hervor. Also alle Schalter an und Lichter in den Fenstern für die verlorenen Seelen. Für Patienten mit Winterdepression gibt es mehrere Studien über eine Besserung durch Lichttherapie. Entsprechende Lichtduschen bzw. Tageslicht-Lampen sind im Fachhandel oder im www. (Suchwort Lichttherapie) zu erschwinglichen Preisen zu erwerben.
Sorgen Sie für das Sonnenhormon
In den Wintermonaten fällt es schwer, genügend Sonne für eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D (Fisch, Ei, Käse, Avocados, Champignons...) zu tanken, selbst gesunden jüngeren Menschen. Parkinson-Patienten leiden jedoch ohnehin oft an einem Vitamin-D-Mangel. Ernähren Sie sich deshalb bewusst Vitamin-D-reich und nehmen Sie über den Winter zusätzlich Vitamin D in Kapselform ein, es gibt Kapseln für die tägliche oder wöchentliche Einnahme, ganz nach Wunsch. Lassen Sie sich von Ihrem Hausarzt beraten!
Über den Autor
Ärztliche Direktorin
Gertrudisklinik Biskirchen