Zentrale Stütze des Rumpfes

Ursache, Diagnose und Therapiemöglichkeiten bei Erkrankungen der Wirbelsäule

Die Wirbelsäule stellt das zentrale Achsenorgan unseres Körpers dar. Ihre Form gleicht einem S- förmigen elastischen Stab. Sie lässt sich am ehesten mit einer federnden Stange vergleichen, die aus einzelnen Wirbelkörpern besteht, die durch Bandscheiben, Bänder, Kapselstrukturen und Muskeln miteinander verbunden sind. Normalerweise besitzt der Mensch 24 freie und 9 zu Kreuz- und Steißbein verwachsene Wirbelkörper. Alle Wirbel haben im Wesentlichen eine einheitliche Grundform, bestehend aus einem Wirbelkörper und einem spangenförmigen gewölbten Wirbelbogen.

Wenn man die Wirbelsäule von vorne anschaut, ist sie im Idealfall gerade wie ein Stab. In der Seitenansicht lässt sich eine doppelte S-Form erkennen. Diese physiologische Krümmung und das Zusammenspiel von Wirbelkörpern, Bändern, Bandscheiben und Gelenken erlauben es der Wirbelsäule, Stöße abzufangen. Zudem wird dadurch eine Bewegung des Rumpfes im Raum in allen Ebenen ermöglicht.

Die Wirbelsäule ist die zentrale Stütze des Rumpfes und schützt durch die Form des Spinalkanales das empfindliche Rückenmark sowie die abgehenden Nervenwurzeln. Die Bandscheiben werden auch als Zwischenwirbelscheiben bezeichnet und stellen Verbindungsbrücken zwischen den Wirbelkörpern dar. Sie bestehen aus einem hochfesten Faserring, welcher mit den angrenzenden Wirbelkörpern verwachsen ist, und einem zentral gelegenen elastischen, gallertartigen Kern. Dieser sorgt ähnlich wie ein Stoßdämpfer für eine gleichmäßige Druckverteilung.

Infolge von Alterungsprozessen und Trocknungsprozessen an der Bandscheibe kann es zu einer allgemeinen Höhenminderung der Bandscheibe, aber auch zu einer Rissbildung im hinteren Teil des Faserringes kommen. Die Folgen sind Bandscheibenvorwölbungen, sogenannte Protrusionen, und das Austreten von Bandscheibenmaterial, dem Bandscheibenprolaps mit Druck auf das Nervensystem und einem Nervenwurzelreiz. Es kommt dadurch häufig zu einer Schmerzausstrahlung in Arme oder Beine, die erheblich schlimmer sein kann als der Rückenschmerz selbst.

Weitere Probleme, die auftreten können, sind ein beobachteter Kraftverlust eines oder mehrerer Muskeln, Sensibilitätsstörungen in Form von Kribbeln oder Abnahme des Berührungssinnes und Reflexstörungen. Nimmt der Verschleiß an der Bandscheibe weiter zu, entstehen als Reaktion auf den zunehmenden Druck häufig knöcherne Anbauten an den Wirbelkörperrandleisten, die zusammen mit einer Bandverdickung der Wirbelgelenke und arthrosebedingter Verformung der Gelenke eine Einengung des Spinalkanales bedingen. Davon betroffen sind am häufigsten Patienten, die das 50. Lebensjahr überschritten haben.

Die Symptome sind Rückenschmerzen, die teilweise auch ausstrahlend sind, sowie ein kraftloser Gang. Gegenüber den Ausfallerscheinungen bei einem Bandscheibenvorfall sind die Beschwerden infolge einer Spinalkanalstenose vielfältiger und nehmen im Allgemeinen fortlaufend zu. Bei einer weit fortgeschrittenen Zermürbung der Bandscheibe kann es auch durch die Lockerung des Bandapparates und die einwirkenden Zugkräfte zu einer abnormen Überbeweglichkeit mit Lageveränderung des Wirbelkörpers, dem Wirbelgleiten kommen. Häufig betroffen sind die Bewegungssegmente der unteren Lendenwirbelsäule. Die durch den Wirbelkörperversatz induzierte Enge des Spinalkanales verursacht durch Druck auf das Nervensystem ähnliche Beschwerden wie auch die Spinalkanalstenose, oft geht jedoch eine längere Episode an Rückenschmerzen voraus.

Zu Klärung der Diagnose tragen heute – neben einer exakten Anamneseerhebung und der klinischen Untersuchung – moderne Untersuchungsverfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) sowie gegebenenfalls eine neurophysiologische Klärung möglicher Nervenschäden bei.

Therapeutisch ist grundsätzlich bei noch erträglichen Beschwerden und Nichtvorhandensein neurologischer Ausfallserscheinungen eine konservative symptomorientierte Behandlung über zirka sechs Wochen angebracht. In diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung scheint das regelmäßige Nachvollziehen erlernter krankengymnastischer Übungen sowie ein rückengerechtes Verhalten zu sein.

Die Frage „Operieren oder nicht?“ stellt sich bei Anhalten von Beschwerden über diesen Zeitraum hinaus. Leichtere Gefühlsstörung oder der alleinige Verlust der Muskeleigenreflexe ohne Schmerzen stellen dabei keine zwingende Operationsindikation dar. Starke Schmerzen, die anhalten oder aber in Intervallen wiederkehren und die Lebensqualität mindern, können wiederum ein Grund für eine Operation sein.

Absolut indiziert ist allerdings eine Operation im Falle von schweren neurologischen Störungen. Der Eingriff sollte dann möglichst schnell erfolgen, um eine Rückbildung der neurologischen Störung nicht zu gefährden.

Über den Autor

Susanne Markgraf
Susanne Markgraf
Fachärztin für Orthopädie

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