Adipositas – Zucker und Fett

Das neue Jahr hat begonnen. Eine große Zahl der Menschen wünscht sich, dass vieles besser werden möge als im vergangenen Jahr. Und viele wünschen sich, etwas abzunehmen.

Der Wunsch fällt in die Kategorie der so genannten „Guten Vorsätze“ und erscheint durchaus erreichbar. Trotzdem gelingt es nur wenigen Menschen, ihren guten Vorsatz in die Tat umzusetzen und das gesteckte Ziel auch zu erreichen.

Woran liegt das?

Es hat jedenfalls nichts mit der Sinnhaftigkeit des Vorsatzes zu tun. Uns ist wohl bewusst, dass eine Gewichtsabnahme, unsere Gesundheit eindeutig verbessern würde. Das sagt unser Verstand. Dazu müssten wir aber unsere lieb gewonnenen Gewohnheiten ändern und das ist schwierig. Gerade Essen hat mit Wohlfühlen und Genuß zu tun. Essen verspricht Sättigung und Zufriedenheit. Der gute Vorsatz ist machtlos. Keine Zufriedenheit, keine Belohnung nur Stress. Es bleibt alleine der langfristige Gewinn. Leider ist der nur „rational“, also durch unser Großhirn erfahrbar und nicht „emotional“ wie der Genuß eines Stücks Schokolade. Deswegen verliert unser Großhirn regelmäßig diesen Kampf.

Viele verschiedene Komponenten nehmen Einfluss auf unsere Nahrungsaufnahme. Ich möchte hier auf einige Aspekte besonders aufmerksam machen.

Unter den vielen Faktoren, die zu der Erkrankung Adipositas führen, sind nur wenige von uns beeinflussbar.

Die Aufnahme von Kalorien in Form der Nahrung und die Verbrennung der Kalorien durch unsere körperliche Betätigung.

An dieser Stelle besteht in unserer Zeit ein Missverhältnis zugunsten der Kalorienaufnahme. Jedes Lebewesen ist genetisch so programmiert, dass es fressen muss und sich eigentlich ständig auf Nahrungssuche befindet. Der Mensch (jedenfalls wir in der westlichen Welt) befindet sich seit etwa 100 Jahren in der Situation, dass ein Überangebot an Nahrung vorliegt und er sich selten körperlich schwer anstrengen muss, um es zu bekommen. Dies führt nahezu zwangsläufig dazu, dass das durchschnittliche Körpergewicht des Menschen ständig zunimmt.

In der Einschätzung der Welt-Gesundheits-Organisation WHO nimmt die Erkrankung der Adipositas inzwischen eine herausragende Stellung innerhalb aller Erkrankungen ein. Weltweit gibt es heute mehr schwere Erkrankungen mit Todesfolge aufgrund von Übergewicht als durch Hunger. Daraus ergibt sich die absolute Notwendigkeit der Erkrankung einerseits vorzubeugen und sie andererseits wirksam zu behandeln.

Jedes Jahr verbraucht jeder lebende Mensch in der Bundesrepublik Deutschland etwa 35 kg Zucker im Jahr. Das entspricht einer Menge von etwa 32 Stück Würfelzucker am Tag. Zucker ist der „schnelle Energielieferant“ für unseren Körper. Wir brauchen ihn ständig, denn er versorgt gerade unser Gehirn, welches kein Fett verbrennen kann, mit Energie. Er liegt in verschiedenen Formen vor. Glukose (Traubenzucker), Fruktose (Fruchtzucker), Saccharose (unser Haushaltszucker), Galaktose und viele andere. Um von unserem Körper verwendet werden zu können, müssen alle Zuckerformen zu Glukose verwandelt werden. Bei Zuckerzufuhr ohne Bedarf, lagert unser Körper den umgebauten Zucker ab. In der Leber und der Muskulatur als Glykogen und als Fett im Fettgewebe. Erst an dieser Stelle beginnt es schwierig zu werden. Da Zucker nicht gut sättigt, nimmt man schnell zu viel zu sich. Gerade in Soft-Drinks, Fruchtsäften und anderen zuckerhaltigen Getränken befindet sich sehr viel Zucker der unsere Kalorienzufuhr in die Höhe schnellen lässt. Ein Wort zur Fruktose. Der Fruchtzucker ist nicht gesünder als andere Formen. In der Werbung wird dies gerne suggeriert. Es ist aber falsch. Richtig hingegen ist, dass die Fruktose erst in der Leber zu Glukose umgebaut werden kann und diese somit belastet. Bei zu hohem Konsum an Fruktose (Fruchtsäfte etc) kann eine Fettleber entstehen.

Der übermäßige Konsum von Zucker ist eine ganz wesentliche Ursache für die Adipositas. Weltweit steigt er immer noch, auch in der BRD. Zucker ist in nahezu sämtlichen Nahrungsmitteln enthalten. Deswegen ist die tägliche Aufnahme so schwierig zu kontrollieren.

Tipp – Zucker dauerhaft und gezielt reduzieren bringt viel.

Problematisch ist die unkontrollierte Aufnahme durch hochkalorische Getränke und Süßigkeiten.

Im Gegensatz zum Zucker ist das Fett der deutlich stärkere Energieträger. Die Auswirkungen auf das Körpergewicht scheinen jedoch weniger gravierend zu sein. Obgleich Belgien und Deutschland Länder mit sehr hohem Fettkonsum sind, gehören beide Staaten nicht zu den Top-Scorern in der Adipositasliga. Das scheint auch daran zu liegen, dass „verarbeitetes Fett“ oder so genannte „Transfette“, die für die Adipositas eine wesentliche Rolle spielen, in Europa, im Gegensatz zu den USA, nicht so sehr verbreitet sind. Sie entstehen vor allem bei der Fetthärtung und beim Frittieren. (Starke Erhitzung von Fett). Außerdem ist die Möglichkeit, Fett als Nahrung aufzunehmen, begrenzt. Es tritt nämlich ein rascher und andauernder Sättigungseffekt ein.

Tipp – Reduktion von Fett, besonders von Junk-Food und frittierter Nahrung bringt viel.

In der Vorbeugung der Erkrankung ist der Einfluss der Eltern auf die Ernährung der Kinder extrem wichtig. In der Kindheit werden unsere Ernährungsmuster geprägt, die wir später als Erwachsene nicht mehr verlassen wollen oder es nur mit sehr viel Mühe können. Ein Kind, welches mit 12 Jahren unter einer Adipositas leidet, hat kaum eine Chance als Erwachsener mit 20 Jahren ein normales Körpergewicht zu haben. Deswegen haben die Eltern eine hohe Verantwortung für die Prävention der Erkrankung. Sie ist nicht zu überschätzen. Leider sind Süßigkeiten nach wie vor bei Kindern und ihren Eltern sehr beliebt. Wer mag denn auch eine „kleine Belohnung“ nicht?

Tipp – Denken Sie an Ihre Kinder.

Als Eltern sind Sie für sie verantwortlich. Die beste Behandlung der Adipositas haben die Eltern in der Hand.

Meine kleinen Tipps sind keine Lösung für jemanden, der eine massive Adipositas hat. Sie sollen dazu dienen, den Beginn einer Fehlentwicklung zu verhindern. Nur das Wissen um die Gefahr der Erkrankung und um die Wirkung von Zucker und Fett auf unser Körpergewicht versetzen uns in die Lage bereits frühzeitig gegenzusteuern. Ohne Diät. Ohne wie auch immer geartete Therapie. Entscheidend ist sich dauerhaft umzustellen.

Aber was tun, wenn die Prävention nicht erfolgt ist, was, wenn man adipös ist?

Am Beginn jeder Adipositasbehandlung steht die Entscheidung des Betroffenen, dass er oder sie etwas an der Situation ändern will. Der Vorsatz „Ich müsste mal …“ führt nicht weiter. Die Behandlung der Erkrankung ist nicht einfach und schmerzlos. Sie ist in erster Linie mühsam und langwierig.

Hier ist eine Beratung zuerst beim Hausarzt, später bei einer Ernährungsberatung der sinnvolle Einstieg. Auch eine verhaltenstherapeutische Vorstellung bei einem Psychologen oder einer Psychologin hilft bei der Behandlung der Erkrankung.

Das Adipositaszentrum der Lahn-Dill-Kliniken bietet eine sehr umfangreiche Beratung, eine individuell abgestufte Therapie und darüber hinaus den Zugang zu sämtlichen zur Therapie notwendigen Fachdisziplinen.

Eine Adipositas-Selbsthilfegruppe ermöglicht das unglaublich wichtige Gespräch mit anderen von der Erkrankung Betroffenen. Es ist durch nichts zu ersetzen. Häufig ist es für die Teilnehmer einer SHG das erste Mal, dass sie sich in ihren Problemen wirklich verstanden fühlen. In Wetzlar gibt es im „Kerngesund“ eine Selbsthilfegruppe, die sich über Ihren Anruf freut.

Kontakt:

bianca_hauschke@web.de
Tel: 01590-1210778

Lassen Sie sich bei Spezialisten beraten.

Seien Sie mutig.

Gehen Sie einen neuen Weg.

Über den Autor

Dr. med. Thomas Friedrich-Hoster
Dr. med. Thomas Friedrich-Hoster
Ehemaliger Leitender Oberarzt Allgemeine, Viszerale und Onkologische Chirurgie Klinikum Wetzlar
Ärztlicher Leiter des Adipositaszentrum

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