Myopie adé….
jetzt starte ich in ein neues Leben

Die Zunahme der Kurzsichtigkeit, auch Myopie genannt, ist zu einem weltweiten Gesundheitsproblem geworden.

Im Zuge technologischer Fortschritte und veränderter Lebensgewohnheiten hat sich die Verbreitung der Kurzsichtigkeit in den letzten Jahrzehnten rapide erhöht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass bis zum Jahr 2050 etwa die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig sein wird. Dieser dramatische Anstieg wird teilweise auf den vermehrten Gebrauch von Bildschirmgeräten, weniger Zeit im Freien und genetische Faktoren zurückgeführt. In asiatischen Ländern, wie zum Beispiel in China und Südkorea, ist die Prävalenz besonders hoch. Hier sind Myopieraten von über 80 Prozent unter jungen Erwachsenen keine Seltenheit. Auch in Deutschland ist die Prävalenz der Kurzsichtigkeit in den letzten Jahren gestiegen. Insbesondere Kinder und Jugendliche sind betroffen. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts aus dem Jahr 2018 haben etwa 23 Prozent der 3- bis 17-Jährigen in Deutschland eine Kurzsichtigkeit (s. auch Artikel zur Myopie bei Kindern!).

Durch eine bestehende Kurzsichtigkeit kann die Lebensqualität in verschiedenen Bereichen nachhaltig beeinträchtigt werden. Kinder und Jugendliche sind besonders gefährdet, da die Sehbeeinträchtigung nicht nur die schulischen Leistungen beeinflussen kann, sondern auch einen Einfluss auf soziale Aktivitäten, Freizeitbeschäftigungen und letztlich auch die Berufswahl haben kann. Präventive Maßnahmen wie die Förderung von Outdoor-Aktivitäten, die Beschränkung der Bildschirmzeit und regelmäßige Augenuntersuchungen sind entscheidend, um die Auswirkungen einer Kurzsichtigkeit zu minimieren. Eine frühzeitige Diagnose durch den Augenarzt und die Anpassung adäquater Sehhilfen durch den Optiker können die Lebensqualität von kurzsichtigen Menschen deutlich verbessern. Die Sensibilisierung für die Bedeutung von Lebensstil und Umweltfaktoren für die Sehgesundheit ist von zentraler Bedeutung, um die wachsende Prävalenz der Myopie weltweit zu adressieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.

Die Behandlung der Kurzsichtigkeit bei Erwachsenen hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte, z.B. durch die Anwendung von verschiedenen Laser- und Linsentechnologien, erfahren. Diese innovativen Ansätze bieten effektive Wege zur dauerhaften Korrektur von Sehproblemen und versprechen eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität. Dennoch bleibt das oftmals grundlegende Problem eines sehr lang gewachsenen Augapfels mit den möglichen Komplikationen wie z.B. einer Netzhautablösung weiterhin bestehen und regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt sind dringend erforderlich!

Im Folgenden geben wir einen Überblick über die gängigsten Methoden:

Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK):

Die LASIK ist eine weit verbreitete Lasermethode der Hornhaut, um eine Kurzsichtigkeit zu behandeln. Hierbei wird zunächst eine Hornhautklappe (Flap) präpariert, die von der übrigen Hornhaut abgehoben wird. Anschließend wird die bestehende Fehlsichtigkeit mittels eines Lasers korrigiert und abschließend wird der Flap wieder auf die Hornhaut aufgelegt, wo er sich von selbst „festsaugt“. Der Flap kann entweder mit einem weiteren Laser oder auch mit einem Mikrokeratom, einer Art Messer, erzeugt werden.

Photorefraktive Keratektomie (PRK) / Laser Epithelial Keratomileusis (LASEK)

Diese Verfahren sind der LASIK sehr ähnlich, allerdings wird hier keine Hornhautklappe (Flap) angelegt, sondern die Laserung erfolgt nach dem Abtragen der obersten Hornhautschicht (Abschaben des Hornhautepithels), die entweder komplett entfernt wird oder nach der Laserung wieder auf die restliche Hornhaut zurückgeschoben wird.

Refractive Lentical Extraction und Small Incision Lentical Extraction (RELEX SMILE)

Bei dieser neuartigen Lasermethode wird ebenfalls kein Flap erzeugt. Stattdessen erfolgt die Präparation eines kleinen Hornhautscheibchens innerhalb der Hornhaut (Lentikel), das dann durch einen kleinen Zugang wie durch ein Schlüsselloch entfernt wird. Sowohl der Lentikel als auch der Zugang werden durch einen Laser angelegt.

Implantierbare Kontaktlinsen (ICL)

ICLs sind spezielle Linsen, die zwischen der natürlichen Augenlinse und der Rückfläche der Regenbogenhaut implantiert werden. Diese Methode ist reversibel und bietet eine dauerhafte Korrektur der Myopie. ICLs eignen sich besonders für Patienten mit höheren Myopiegraden oder dünner Hornhaut, wo ein Laserverfahren nicht mehr angezeigt ist.

Refraktiver Linsentausch

Der refraktive Linsentausch eignet sich besonders für Patienten mit einer Myopie, die zusätzlich auch bereits die so genannte Altersweitsichtigkeit (Presbyopie) haben. Prinzipiell wird bei diesem Verfahren die eigene Linse aus dem Auge entfernt und eine Kunstlinse mit anderer Brechkraft an selber Stelle implantiert.

Während die drei oben dargestellten Laserverfahren in einer lokalen Betäubung durchgeführt werden, ist bei der Implantation einer ICL oder einem refraktiven Linsentausch auch die Durchführung einer kurzen Vollnarkose möglich.

Orthokeratologie (Ortho-K)

Ortho-K beinhaltet den Einsatz spezieller Kontaktlinsen, die während des Schlafs getragen werden. Diese Linsen formen die Hornhaut über Nacht und ermöglichen es den Patienten, tagsüber ohne Brille oder Kontaktlinsen klar zu sehen. Ortho-K ist eine nicht-chirurgische Option, die besonders für Kinder und Jugendliche geeignet ist.

Welche Methode kommt für mich in Frage?

Diese Frage kann man generell nicht ohne entsprechende Voruntersuchungen und Beratungsgespräche mit dem individuellen Patienten beantworten. Denn neben den Wünschen der Patienten (z.B. dauerhafte Lösung vs. keine Operation gewünscht, Berufswahl des Patienten, Brillenfreiheit, etc.) spielen auch eine Vielzahl an Untersuchungsergebnissen der Hornhaut, des Augapfels und der Grad der Kurzsichtigkeit eine ganz entscheidende Rolle.

Welche Veränderungen sind nach einer Behandlung zu erwarten?

I. Verbesserte Sehschärfe und Unabhängigkeit:

Eines der unmittelbaren Ergebnisse der refraktiven Chirurgie oder der regelmäßigen Anwendung der Ortho-K Linsen ist die signifikante Verbesserung der Sehschärfe. Viele Patienten berichten über ein gesteigertes Gefühl der Unabhängigkeit, da sie nicht mehr auf Brillen oder Kontaktlinsen angewiesen sind. Die Möglichkeit, ohne visuelle Hilfsmittel klar zu sehen, trägt dazu bei, das alltägliche Leben zu erleichtern und verschiedene Aktivitäten ohne Einschränkungen zu genießen.

II. Emotionales Wohlbefinden und Selbstbewusstsein:

Die emotionalen Auswirkungen erstrecken sich weit über die rein physische Verbesserung der Sehschärfe hinaus. Viele Patienten berichten von einem gesteigerten Selbstbewusstsein und einem positiven Einfluss auf ihre emotionale Gesundheit.

III. Berufliche Vorteile und Lebensstilverbesserungen:

Die refraktive Chirurgie kann auch berufliche Vorteile mit sich bringen. Insbesondere in Berufen, in denen eine klare Sicht entscheidend ist, wie beispielsweise im Militär, in der Luftfahrt oder im Sport, können Patienten von einer gesteigerten Leistungsfähigkeit profitieren. Darüber hinaus erleichtert die refraktive Chirurgie oft das Ausüben von Sportarten und Aktivitäten im Freien, ohne die Einschränkungen von Sehhilfen.

Fazit

Die verschiedenen Verfahren zur Myopiekorrektur können nicht nur Auswirkungen auf die Sehschärfe, sondern auch auf die Lebensqualität der Patienten haben. Eine generelle Standardlösung für jeden Patienten gibt es bei der Korrektur der Kurzsichtigkeit nicht. Wie bei allen Interventionen bestehen neben den Vorteilen auch potentielle Risken und Nebenwirkungen. Sprechen Sie mit Ihrem Augenarzt und Optiker, um die bestmögliche individuelle Lösung für Ihre Augen zu finden.

Über den Autor

Prof. Dr. med. Thomas Bertelmann
Prof. Dr. med. Thomas Bertelmann
FEBO
Facharzt für Augenheilkunde

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