Neues zur Vorsorge von Magen- und Darmkrebs

Zur Bedeutung von Bakterien bei der Krebsentstehung

Dickdarmkrebs ist die häufigste geschlechterunabhängige Krebserkrankung in Deutschland. Jährlich erkranken rund 60 Tausend Menschen in Deutschland an Darmkrebs. Darmkrebs entsteht in der Regel aus Adenomen, gutartigen Vorstufen, die im Laufe von Jahren zu bösartigen Tumoren heranwachsen können. Rechtzeitig erkannt, können die Adenome entfernt und die Entstehung einer Krebserkrankung vermieden werden. Da weder Adenome noch frühe Formen einer Darmkrebserkrankung Symptome verursachen müssen, wird allen Menschen ab 50 Jahren eine Vorsorge-Koloskopie empfohlen. Die Koloskopie gehört zu den wenigen Vorsorgemaßnahmen, mit denen nicht nur frühe noch gut behandelbare Krebserkrankungen erkannt, sondern vielfach auch die Entstehung von Krebs vermieden werden kann. Dennoch sterben in Deutschland jährlich ca. 24 Tausend Menschen an Darmkrebs. Das liegt vor allem daran, das viel zu wenige an der Vorsorgekoloskopie teilnehmen. Wir Deutschen sind Vorsorgemuffel und dies betrifft die Herren noch mehr als die Damen.

Magenspiegelung zur Magenkrebsvorsorge?

Magenkrebs ist mit 17 Tausend Neuerkrankungen pro Jahr seltener als Darmkrebs. Typische Krebsvorstufen, die sich zur Krebsvermeidung endoskopisch entfernen lassen, sind viel seltener. Eine Magenspiegelung zur Vorsorge wurde daher lange Zeit nur Patienten mit besonderen Risiken empfohlen. In der aktuellen Leitlinie aus dem Jahr 2019 steht daher:
„Ein bevölkerungsbezogenes endoskopisches Screening zum Nachweis von Magenkarzinomen soll in Deutschland nicht erfolgen.“
Der größte bekannte Risikofaktor für die Entstehung von Magenkrebs ist eine Infektion mit dem Bakterium „Helicobacter pylorii“. Die Bakterien sind für den überwiegenden Teil der Magenkarzinome verantwortlich. Aus diesem Grunde wird die Untersuchung auf eine Helicobacterinfektion als Vorsorge für alle Menschen ab 50 Jahren und im Rahmen einer allgemeinen Vorsorge (z.B. der Darmspiegelung) jetzt erstmals in der aktualisierten Leitlinie „Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit“ erwähnt. Dies kann durch eine Magen- und Darmspiegelung in gleicher Sitzung erfolgen. Statt mittels Magenspiegelung kann Helicobacter auch mit anderen Methoden nachgewiesen werden, z.B. Stuhl oder Atemtests (wobei dann doppelt getestet werden soll). Wird Helicobater nachgewiesen folgt eine in der Regel zehntägige medikamentöse Behandlung. Vier Wochen nach Abschluss der Therapie sollte erneut getestet werden.

Helicobacter und Darmkrebs

Epidemiologische Daten zeigen, dass mit Helicobacter infizierte Menschen ein knapp zweifach erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Darmkrebs haben. Forscher vermuten, dass Helicobacter einen negativen Einfluss auf das Mikrobiom, d.h. die Zusammensetzung der Darmflora hat und dies den Krebs begünstigt. Wissenschaftler aus München konnten zumindest im Mausversuch zeigen, dass die Behandlung von Helicobacter das Krebsrisiko wieder normalisiert. Die Testung und Behandlung von Helicobacter reduziert nicht nur das Magenkrebsrisiko, sondern ist vermutlich auch für die Darmkrebsprävention sinnvoll.

Über den Autor

Dr. med. Roger Agne
Dr. med. Roger Agne
Chefarzt Innere Medizin
Dill-Kliniken

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