Wie hilft die Akupunktur in der Schmerztherapie?

Akupunktur ist eine alternative Therapieform, die bereits seit über zweitausend Jahren erfolgreich angewendet wird und auch in unserer Gesellschaft zunehmend an Akzeptanz gewinnt.

Die schmerzlindernde Wirkung von Akupunktur wurde bereits in klinischen Studien nachgewiesen. Für den akuten Schmerz, der bei einer plötzlichen Verkrampfung der beteiligten Muskulatur entsteht, z.B. bei einem Hexenschuss oder einer Zerrung durch Überbelastung, kann die Akupunktur zeitnah den Schmerz lindern und die muskuläre Verspannung lösen. Bei bereits länger andauernden Schmerzen, die auch chronisch geworden sind, ist Akupunktur hilfreich. Hierbei verlängert sich die Behandlungsdauer, da die Verspannungen und die Nervenimpulse an das Schmerzzentrum in Gehirn und Rückenmark sich bereits verfestigt haben. Eine Umprogrammierung der Schmerzimpulse ist aber dauerhaft möglich.

Warum sollte man bei Schmerzen eine Akupunkturtherapie in Betracht ziehen?

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen hierfür eine Reihe von Gründen auf:

Neurobiologische Wirkung

Sticht man die Akupunkturnadel in die Haut, so wird die Durchblutung des Gewebes in der direkten Umgebung des Einstiches erhöht. Der Körper gerät in eine Stresssituation, die Nerven melden an Gehirn und Rückenmark und es werden Impulse zur Einstichstelle geleitet, die eine Reaktion auslösen. Diese Reaktion verbessert die Durchblutung, regt die Produktion heilender Substanzen in den Zellen an und setzt gleichzeitig entspannende Hormone frei. Der Körper beginnt zu arbeiten. Nicht nur das Gewebe rings um den Nadelstich ist betroffen, sondern auch tiefer liegendes Gewebe, z.B. die Tiefenmuskulatur. Diese ist manuell schlecht zu erreichen, durch den Nadelimpuls wird sie jedoch angeregt. Der schmerzlindernde Effekt hält auch nach Entfernung der Nadel für einige Zeit an.

Antientzündliche Wirkung

Durch den Reiz der Nadelung wird bei Entzündungen und Verletzungen von Gewebe und Muskulatur ein entzündungshemmender Prozess ausgelöst. Das Gehirn schüttet aufgrund des Reizes Endorphine („Glückshormone“) aus. Diese sammeln sich aufgrund mehrerer Nadelungen am Ort der Entzündung/Verletzung. Der Effekt ist eine schmerzstillende Wirkung, die auch noch Tage nach der Behandlung andauert. Das Bindegewebe wird durch den Reiz beim Einstich stimuliert, es kann sich reorganisieren und Reparaturprozesse anstoßen.

Entspannende Wirkung auf die Faszien

Ist das Muskelgewebe verhärtet, kommt es zu Schmerzen im gesamten Muskelstrang. Die direkte Nadelung von Schmerzpunkten stimuliert spezielle Triggerpunkte im Muskelgewebe. Dadurch werden krampflösende und schmerzstillende Prozesse innerhalb der Faszien ausgelöst, der Muskel wird wieder weich und verliert seine Verkrampfung. Die Durchblutung im Muskel wird wiederhergestellt, die Nervenleitungen ins Rückenmark und Gehirn funktionieren wieder.

Wirkung auf das „Schmerzgedächtnis“

Bereits chronisch gewordene Schmerzen können durch Akupunktur positiv beeinflusst werden. Das Nervensystem, das durch einen Schmerzvorfall empfindlich geworden ist, entwickelt ein „Schmerzgedächtnis“. Schmerzen kehren immer wieder, obwohl organisch alles in Ordnung zu sein scheint. Durch den Nadelstich der Akupunktur werden diese Schmerzimpulse in ihrer Übertragungsstärke an Gehirn und Rückenmark abgemildert, „leiser“ gemacht. Ein Gegenreiz wird gesetzt: Schmerz gegen Schmerz. Die beim Einstich ausgeschütteten Hormone beeinflussen die Intensität des Schmerzes und dessen Weiterleitung.

Wirkung auf das vegetative Nervensystem

Durch den Reiz der Nadelung wird im Körper eine Stresssituation ausgelöst, der Sympathikus wird gereizt. Entfernt man die Nadel, so löst sich auch die Körperanspannung. Nach der Akupunktur ist der körperliche Zustand entspannt und müde, da der Stress verschwunden ist und auch viele Prozesse innerhalb des Körpers angestoßen wurden. Bereits nach einigen Anwendungen verstärkt sich der Entspannungseffekt, die Empfindlichkeit des Körpers während der Nadelung reduziert sich.

Wirkung auf die inneren Organe

Zwischen Hautoberfläche und inneren Organen besteht eine wechselseitige Verbindung der Nerven, die sich vor allem im Phänomen des übertragenen Schmerzes zeigt. Stimmt etwas nicht mit den inneren Organen, so spürt man an der Hautoberfläche Schmerzen. Impulse aus dem Körperinneren übertragen sich als Reize auf die Haut, z.B. bei einer Blinddarmentzündung schmerzt die linke Leiste, bei Darmdivertikeln schmerzt die linke Unterbauchseite. Diese Reizleitung macht sich die Akupunktur zu Nutze, die Funktionsweise innerer Organe kann direkt durch die Nadeln beeinflusst werden.

Langzeitwirkung der Akupunktur

Da Akupunktur eine Reiztherapie darstellt, kumulieren bei wiederholter Nadelung die Effekte und führen zu einer Aktivierung der körpereigenen Schmerzhemmung. Während der ersten Behandlungen kann ein Nadelgefühl auftreten, dass als fremdartig und intensiv empfunden wird, der Körper erscheint als „schwer“. Im Lauf der Behandlung erfolgt eine Gewöhnung, der natürliche Schmerzreiz verschwindet und an die Stelle tritt Entspannung. Gleichzeitig erhöht sich die Widerstandskraft und die Infektanfälligkeit wird reduziert, da die Reaktionszeit auf Reize schneller ist. Dieser Effekt tritt jedoch nur nach einer ausreichenden Behandlungsdauer ein, hierbei rechnet man mit 8 – 10 Sitzungen, die benötigt werden.

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