Plötzlich pflegebedürftig- und nun?

Wie gehe ich vor, wenn die plötzliche Pflegebedürftigkeit bzw. eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes eintritt?

Viele Senioren, aber auch jüngere Menschen mit bereits bestehenden Diagnosen befassen sich erst spät mit der Möglichkeit, einen Pflegegrad zu beantragen. Oftmals geht es den Betroffenen gesundheitlich gut, man kommt im Alltag soweit zurecht und ist auch zu stolz, diese zusätzliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, obwohl es den Betroffenen längst zusteht. Ein Ereignis, wie z.B. ein unerwarteter Sturz von der Haustreppe mit einem längeren Krankenhausaufenthalt oder aber die zunehmende Vergesslichkeit kann dann die notwendige pflegerische Unterstützung hervorrufen.

Unser Tipp: frühzeitig Informationen sammeln, vorbereitet sein und sich an professionelle Beratungsstellen, wie z.B. dem Ambulanten Pflegezentrum Lahn in Leun wenden, um für den „worst case“ gut vorbereitet zu sein.

Eine plötzlich eintretende Pflegebedürftigkeit ist für den Betroffenen oftmals schwer zu akzeptieren und bedeutet für die aktuelle Lebenssituation eine enorme Umstellung. Doch wie geht man vor, wenn man einen Pflegegrad in Anspruch nehmen möchte? Sollten Sie im Krankenhaus sein, ist hier das CASE-Management, sprich das Entlassungsmanagement zuständig und kann für Sie einen Eilantrag auf einen Pflegegrad stellen und Sie ausführlich beraten. Sollten Sie in Ihren eigenen vier Wänden sein und dringend Unterstützung benötigen, müssen Sie sich mit ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen.

Die Krankenkasse spaltet sich ab Antragsstellung in die Krankenkasse und die Pflegekasse auf. Die Pflegekasse ist nun zuständig für die Bearbeitung Ihres Anliegens. Telefonisch wird der Erstkontakt aufgenommen- hier wird die Notwendigkeit auf einen Antrag der Pflegebedürftigkeit weitergeleitet. Die Pflegekasse schickt Ihnen dann wiederum einen schriftlichen Antrag zu, welcher auszufüllen ist und an die Kasse zurück zu senden ist. Gerne können Sie sich auch über die Onlineportale der Kassen direkt Antragsformulare herunterladen, um lange Telefonwarteschleifen zu vermeiden. Ist der Antrag erst einmal gestellt, heißt es Geduld an den Tag legen. In der Regel meldet sich nicht die Kasse, sondern der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) bei Ihnen und schlägt einen Begutachtungstermin vor Ort vor. Dies kann durchaus mehrere Wochen dauern. Wichtig ist allerdings, das Datum der Antragstellung. Sollte der MDK als Beispiel erst nach 5 Wochen zu Ihnen kommen um eine Pflegbedürftigkeit festzustellen, gilt der Pflegegrad rückwirkend zum Datum der Antragstellung.

Der Medizinische Dienst sendet Ihnen in aller Regel im Vorab einen ausführlichen Fragebogen zu. Dieser umfasst alle Abschnitte Ihres Alltages, von der körperlichen Pflegesituation, über die psychische Situation, über die Schlafgewohnheiten, die Bewegung, die kognitiven und psychischen Zustände, die Diagnosemitteilung etc. Wichtig ist, diesen Bogen nach bestem Wissen auszufüllen. Wir empfehlen den Fragebogen im besten Falle mit Familienmitgliedern oder dem Pflegedienst gemeinsam auszufüllen. Auch der Begutachtungstermin selbst sollte immer mit der eingetragenen Pflegeperson, z.B. eines der Kinder oder der Ehepartner durchgeführt und somit unterstützt werden. Denn es zählt die Momentaufnahme und so eine Begutachtung, in der es um die weitere Pflegeunterstützung geht, kann einen schon einmal schnell überfordern. Eine Fachkraft vom MDK führt die Befragung mit Ihnen durch, i.d.R. gibt es immer die Möglichkeit auch in einem vier Augen Gespräch mit dem Gutachter zu sprechen. Das Ergebnis des Gutachtens erhalten Sie i.d.R. ca. 14 Tage nach Ihrem vor Ort Termin. Sollten Sie mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden sein, können Sie innerhalb von vier Wochen Widerspruch einlegen und eine Begründung abgeben, warum Sie anderer Sicht sind. Hier wird dann eine neue Begutachtung durchgeführt.

Sollten Sie Arztbriefe mit Diagnosen, Gutachten eines Pflegdienstes oder andere Arztberichte (Facharztberichte) haben (manchmal stellt Ihnen der Hausarzt auch ein Schreiben über die akt. Situation aus), fügen Sie diese bitte dem Fragebogen des Medizinischen Dienstes in Kopie anbei, ebenso den aktuellen Medikamentenplan.

Die Pflegegrade teilen sich wie folgt auf:

Pflegegrad

 

Pflegegeld

Sachleistung/Kombinationsleistung

PG 1

0 Euro

125 Euro

PG 2

332 Euro

761 Euro

PG 3

573 Euro

1432 Euro

PG 4

765 Euro

1778 Euro

PG 5

947 Euro

2200 Euro

 

Sollten Sie nach der Begutachtung einen Pflegegrad erhalten haben, haben Sie die Möglichkeit die Pflege selbständig durchzuführen bzw. ein Familienmitglied oder jemanden aus dem Freundeskreis/Nachbarschaft zu benennen, der Sie bei allen Aktivitäten unterstützt. Dann können Sie Leistungen des Pflegegeldes beziehen. Dies bedeutet, dass Sie monatlich einen Betrag (siehe Tabelle) seitens der Pflegkasse ausgezahlt bekommen. Um die Leistungen auch künftig weiter zu beziehen, sind Sie verpflichtet, sich einen Pflegedienst 2-4 Mal im Jahr (je nach Pflegegrad) zu Ihnen nach Hause zum Beratungsgespräch zu bestellen. Dieser stellt fest, ob der Pflegegrad weiter gerechtfertigt ist und Sie soweit mit allem zurechtkommen oder Unterstützung bzw. weitere Beratung benötigen.

Als Alternative können Sie die Sachleistung/Kombinationsleistung beziehen. Hier ist entweder vollständig oder zum Teil ein Pflegedienst involviert und unterstützt bei der Körperpflege, sowie der Betreuung und Hauswirtschaft. Viele denken, Sie müssen sich entscheiden zwischen Pflegegeld und Pflegedienstleistungen, aber das ist nicht ganz korrekt. Die Kombinationsleistung macht es möglich, z.B. den Pflegedienst ausschließlich zwei Mal wöchentlich zum Duschen zu beauftragen und gleichzeitig noch Pflegegeld ausgezahlt zu bekommen. Hier kann der Pflegedienst seine Leistungen direkt mit der Pflegekasse abrechnen und Sie bekommen im Folgemonat anteilmäßig Pflegegeld ausgezahlt.

Zudem gibt es noch Sonderleistungen wie den Entlastungsbetrag nach §45b, die Verhinderungspflege, die Tagespflege und die Kurzzeitpflege, sowie viele andere Unterstützungsmöglichkeiten durch verschiedene Hilfsmittel.

Gerne beraten wir Sie diesbezüglich individuell und ausführlich in einem persönlichen Gespräch.

Beste Grüße und bleiben Sie gesund!

Ihre Anne Bördner

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