Neue Berufskrankheit: Pestizid-Parkinson
Bereits seit vielen Jahren wird in Studien über mögliche Auslöser der Parkinson-Krankheit berichtet, wie zum Beispiel verschiedene Schwermetalle, wie Mangen, Kupfer, Quecksilber oder Blei, aber auch Umweltgifte wie das Insektizid Rotenon.
Es wurde aus diesem Grund in Deutschland bereits 1987 als Pflanzenschutzmittel verboten. Es ist bekannt, dass Rotenon im Tiermodell sowohl parkinsontypische Symptome, wie Bewegungsstörungen, als auch entsprechende krankhafte Veränderungen in Zellgeweben hervorrufen kann.
Im März 2024 hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB) die Anerkennung der Parkinson-Krankheit unter bestimmten Voraussetzungen als Berufskrankheit „Parkinson-Syndrom durch Pestizide“ empfohlen. Es ist jetzt wohl nur noch Formsache, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, vermutlich in der zweiten Jahreshälfte 2024, dies in die Liste für Berufskrankheiten aufnimmt. Faktisch ist damit Parkinson erworben durch Pestizide schon jetzt als Berufskrankheit anerkannt. In den USA, Frankreich und Italien gilt dies bereits seit Jahren.
Die aktuellen Kriterien für das Vorliegen einer Berufskrankheit sind: die Erfüllung des Dosismaßes von mindestens 100 trendkorrigierten Anwendungstagen (in eigener Vor- und Nacharbeit der Pestizid-Ausbringung oder in eigener Pestizid-Ausbringung oder in eigener Störungsbeseitigung im Rahmen der Pestizid-Ausbringung) und das gesicherte Vorliegen einer Parkinson-Erkrankung. Alle Menschen, auf die dies zutrifft, haben das Recht, sich an die Berufsgenossenschaft zu wenden.
Die kritische Auseinandersetzung mit den Stärken und Schwächen der der Empfehlung zugrunde liegenden langjährigen Studien erlaubte den ärztlichen Kollegen eine differenzierte Sicht auf das schwierige Thema. Hervorzuheben ist die gezielte Beurteilung unterschiedlicher Substanzen und Substanzgruppen von Herbiziden, Fungiziden oder Insektiziden, die unter dem Sammelbegriff „Pestizide“ als Pflanzenschutzmittel Verwendung finden.
Die Darstellung bisher bekannter Mechanismen, die zur Entstehung von Parkinson beitragen können, veranschaulicht, dass neben einer direkt giftigen Wirkung auf Nervenzellen, insbesondere auf die Nervenzellen, die bei der Parkinson-Erkrankung zugrunde gehen, auch Stoffwechselvorgänge verändert und Mechanismen induziert werden, die ebenfalls zur Krankheitsentstehung beitragen. Dies sind u. a. Störung der Kraftwerke der Zellen, Bildung sogenannter freier Radikale und damit Zunahme von oxidativem Stress (Zellstress), Störung des Aufbaus des Stützapparats von Zellen und vieles mehr.
Die bisherigen Erkenntnisse dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass vieles noch unbekannt ist. Bei der Auslösung der Parkinson-Krankheit spielen Umweltfaktoren, wie die Exposition gegen eines oder mehrere der in der wissenschaftlichen Empfehlung behandelten Pestizide, aber auch andere schädigende Umwelteinflüsse wie Feinstäube eine wichtige Rolle. Andere Ursachen liegen in genetischen Veränderungen und Lebensstilfaktoren. Dennoch konnte auf dem Boden der bereits bekannten Zusammenhänge die nun vorliegende Empfehlung der Sachverständigen erarbeitet werden, die erstmals eine einheitliche und wissenschaftlich fundierte Grundlage zur Prüfung des Vorliegens einer Berufskrankheit ermöglicht.
Allerdings werden wird dadurch auch die Notwendigkeit des Schutzes für exponierte Personen klarer. Zum Schutzarsenal der Arbeitsmedizin zählen das Tragen von Schutzkleidung inklusive Ganzkörper-Schutzanzügen, Schutzhandschuhen und festem Schuhwerk sowie die Verwendung von schützenden Kabinenfahrzeugen und Atemmasken.
Weitere Informationen
- Wissenschaftliche Empfehlung für die Berufskrankheit "Parkinson-Syndrom durch Pestizide" (derzeit nicht barrierefrei) [PDF, 906KB]
- Informationen auf bmas.de zum Berufskrankheitenrecht allgemein, zu Anerkennungsvoraussetzungen und Leistungsansprüchen sowie zu anderen Berufskrankheiten.