Röntgenschürze ade?
Warum bekomme ich bei Röntgenuntersuchungen keinen Bleischutz mehr angeboten?
Wer in den letzten Monaten Röntgenuntersuchung im Krankenhaus oder eine Praxis durchgeführt bekam, wunderte sich vielleicht darüber, dass er keine Röntgenschürze während der Aufnahme tragen musste. Früher war doch immer das Tragen eines Röntgenschutzes zumindest um das Becken notwendig gewesen?
Hintergrund dieser Veränderung, die sich zunehmend bundesweit durchsetzt ist eine Empfehlung der Strahlenschutzkommission.
Wer ist die Strahlenschutzkommission?
Die Strahlenschutzkommission ist ein Gremium aus 14 unabhängigen und nicht an Weisungen gebundenen, ehrenamtlich tätigen Experten auf dem Themenfeld des Strahlenschutzes. Sie hat den Auftrag das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) bei vielen Fragen des Strahlenschutzes zu beraten.
Im September 2022 hat die Strahlenschutzkommission für „normale“ Röntgenaufnahmen, z.B. des Brustkorbes, einer der häufigsten Röntgenuntersuchungen, aber auch bei Aufnahmen der Wirbelsäule, der Hüften, des Bauchs, der Zähne oder der Arme und Beine kein Röntgenschutz mehr empfohlen. Tatsächlich wird für keine konventionelle Röntgenuntersuchung mehr ein Strahlenschutz empfohlen – bei Untersuchungen am Computertomographen, ein Ring mit einer um den Patienten rotierenden Röntgenröhre, sieht das etwas anders aus.
Warum wird beim Röntgen kein Patientenstrahlenschutz mehr empfohlen?
Bisher wurden Bleiabdeckungen verwendet, um empfindliche Organe vor der angewendeten Strahlung zu schützen, bekannt ist vor allem die Röntgenschürze für das Becken, Bleiplatten, welche die Eierstöcke bei Aufnahmen des Beckens schützen sollten oder auch die sogenannte Hodenkapsel, welche die Hoden kugelförmig umschließt. Viele Studien haben in den vergangenen Jahren jedoch gezeigt, dass diese Schutzmittel bei falscher Anwendung die Strahlenbelastung sogar erhöhen kann. Außerdem war schon länger bekannt, dass der Anteil der möglichen Dosisreduktion im Vergleich zur sorgfältigen und korrekten Einstellung und Durchführung der Untersuchung gering ist. Ein unnötiger Einsatz kann zudem die Akzeptanz für eine notwendige Röntgenuntersuchung verringern – die Hodenkapsel ist ein typisches Beispiel und auch ein Beispiel für Hygieneprobleme, welche die Strahlenschutzkommission zur Begründung anführt.
Wie soll ich mich beim Röntgen als Patient verhalten, wenn ich doch eine Bleischürze angeboten bekomme?
Vertrauen Sie dem medizinisch-technischen Personal und fragen Sie im Zweifel nach. Das Wichtigste beim Röntgen ist, dass die Untersuchung gerechtfertigt ist und technisch korrekt durchgeführt wird. Beides wird sichergestellt durch einen im Strahlenschutz fachkundigen Arzt und einen fachkundigen, medizinisch-technischen Assistenten. Das Strahlenschutzgesetz setzt hohe Anforderungen, die erfüllt werden müssen, um die notwendigen Fachkunden zu erlangen. Ob mit oder ohne Bleischürze spielt bei den meisten Untersuchungen, zum Beispiel bei einer Röntgenaufnahme des Handgelenkes oder des Sprunggelenkes, eine untergeordnete Rolle. Eine notwendige, aber unterlassene Röntgenuntersuchung hingegen kann einen wesentlichen, negativen Einfluss auf die Gesundheit eines Patienten haben.
Über den Autor
Chefarzt Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie