Allergiebehandlung im Herbst und Winter
Allergie ist mittlerweile ein Ganzjahresthema in der Apotheke. Hochsaison hat es oft schon im Frühjahr, wenn der Pollenflug beginnt.
Bereits im Januar / Februar blühen Hasel und Erle, im April / Mai Pappel und Weide, im Sommer folgt die Gräserblüte. Hausstauballergiker leiden ganzjährig. Dem Herbst und Winter kommt als Jahreszeiten besondere Bedeutung zu, da nun eine Zeit beginnt, in der präsaisonale Desensibilisierungen durchgeführt werden können.
Allergien sind keine banalen Erkrankungen. Was sich oft anfangs nur mit einer laufenden Nase oder juckenden Augen manifestiert, gemeinhin als „Heuschnupfen“ bezeichnet wird, kann sich unbehandelt zu einem allergischen Asthma entwickeln mit schwerwiegenden Symptomen. Der Behandlung erster Beschwerden kommt daher große Bedeutung zu. Zudem sind die benötigten Wirkstoffe in großer Zahl nicht verschreibungspflichtig, jeder Betroffene kann also nach Abklärung der Situation und klarer Diagnosestellung eigenverantwortlich tätig werden, um ernsthafte Erkrankungen zu vermeiden.
Die verfügbaren Behandlungsmethoden sind sehr effektiv, auf die Auswahl der richtigen Wirkstoffe ist besonderes Augenmerk zu richten. Zunächst wird man stets versuchen, die Beschwerden lokal zu behandeln und Wirkstoffe nur am Ort der Beschwerden einsetzen, d.h. Augentropfen oder Nasensprays verwenden. Für die Behandlung am Auge stehen Mastzellstabilisatoren und Antihistaminika zu verfügen, wobei erstere, z. B. Cromoglicinsäure, kaum mehr Anwendung finden, da sie 4 x täglich angewendet werden müssen und erst nach mehrtägiger konsequenter Anwendung den gewünschten Linderungseffekt bringen. Antihistaminika sind wesentlich schneller wirksam und oftmals ist eine zweimalige Anwendung pro Tag ausreichend. Zur Behandlung allergischen Schnupfens in der Nase sind zusätzlich gut wirksame cortisonhaltige Nasensprays verfügbar. Mit Fluticason-17-propionat und Mometasonfuroat sind hier zwei Corticoide verschreibungsfrei erhältlich, deren Anwendung auch über einen längeren Zeitraum unbedenklich ist, da der Effekt nur lokal erfolgt und keine systemische Wirkung eintritt. Für alle Behandlungsansätze gilt, dass sie konsequent durchgezogen werden müssen. Die längere Anwendung normaler „Schnupfensprays“ über mehr als eine Woche, die Xylometazolin oder Oxymetazolin als Wirkstoff enthalten, ist bei Heuschnupfen nicht sinnvoll, führt schnell zu einem Gewöhnungseffekt und schädigt bei Langzeitnutzung die Nasenschleimhaut.
Ist die lokale Behandlung nicht erfolgreich, werden Antihistaminika oral als Tablette, Saft oder Tropfen verabreicht. Der Wirkstoff wird dann resorbiert und durch den Blutkreislauf im ganzen Körper verteilt. Der antiallergische, juckreizstillende Effekt tritt also überall ein. Ältere Wirkstoffe wie Dimetinden oder Clemastin müssen wegen kurzer Halbwertszeiten mehrmals täglich eingenommen werden, zudem machen sie in der Nebenwirkung häufig müde. Bei neueren Wirkstoffen reicht oft die tägliche Einmalgabe; zudem passieren diese Wirkstoffe die Blut-Hirn-Schranke schlechter, machen somit weniger oder gar nicht mehr müde. Auch hier ist die dauerhafte Anwendung für die Zeit der Pollenexposition sehr wichtig. Wird eine wirksame Behandlung nicht konsequent durchführt, erfolgt leicht ein „Etagenwechsel“, d.h. die Beschwerden verschieben sich ins Bronchialsystem, die Bronchien ziehen sich krampfartig zusammen und es kommt zu typisch asthmatischen Beschwerden. Was zunächst als trockenes Hüsteln beginnt, entwickelt sich zu starken Hustenanfällen und Kurzatmigkeit mit Atemnot, insbesondere bei körperlicher Belastung und Sport. Aber soweit muss es bei sachgerechter Allergiebehandlung nicht kommen.
Die bisher geschilderten Therapiemöglichkeiten beschränken sich alle nur auf eine Verhinderung von Krankheitssymptomen und stellen keine kausale Therapie dar. Eine ursächliche Behandlung von Allergien ist wesentlich schwieriger und zeitaufwendiger. Zunächst muss durch eine Testung herausgefunden werden, auf welches Allergen genau man reagiert. Oft sind dies mehrere, was durch einen sogenannten „Prick-Test“ ermittelt wird. Einzige Möglichkeit einer Kausalbehandlung ist bisher die Hyposensibilisierung, die über einen Zeitraum von wenigstens 3 Jahren durchgeführt werden muss. Nicht für jeden Patienten ist dies sinnvoll, insbesondere dann, wenn eine Vielzahl von Allergenen identifiziert wurde. Auch erfolgreich ist diese Methode längst nicht bei allen Probanden. Bei einer Hyposensibilisierung versucht man einfach gesagt, den Körper an das Allergen zu gewöhnen, will ihm ermöglichen, auf das Allergen durch Immunmodulation zu reagieren und eine Toleranz gegenüber dem Allergen zu entwickeln. Dazu muss der Körper dem Allergen in kleinsten Dosen ausgesetzt werden, die noch keine allergische Reaktion auslösen, um das Immunsystem zu provozieren. Dies kann in Form von Lutschtabletten oder Tropfen sublingual gemacht werden oder aber durch Spritzen subkutan. Diese Behandlungen werden von erfahrenen Allergologen durchgeführt und die applizierten Allergenmischungen werden aufgrund der vom Arzt erhobenen Testergebnisse teils speziell für den einzelnen Patienten hergestellt. Nicht alle, aber viele solcher Therapien beginnt man in Jahreszeiten, in denen die natürliche Allergenexposition gering ist. Deshalb sind Herbst und Winter für diesen Therapieansatz oft der richtige Zeitpunkt.