
Psychokardiologie – Therapie für Herz und Seele
Psychische Belastungen können sich negativ auf unsere Herzgesundheit auswirken.
Zum einen ruft psychischer Stress körperliche Reaktionen wie einen Anstieg des Blutdrucks hervor, der auf lange Sicht Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt. Gleichzeitig tragen Stress und psychische Erkrankungen wie Depressionen zu gesundheitsschädlichen Verhaltensweisen bei: Betroffene ernähren sich oft ungesund, bewegen sich weniger oder vernachlässigen medizinische Vorsorgemaßnahmen. So kann psychischer Stress zu akuten Herzbeschwerden bis hin zu Herzinfarkt, Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen führen.
Neben diesen organischen (also körperlich nachweisbaren) Herzkrankheiten kann die Psyche auch sogenannte funktionelle Herzbeschwerden auslösen. Darunter versteht man Symptome wie Herzstolpern, Herzrasen oder Herzschmerzen, für die sich allerdings keine ursächlichen Schäden am Herzen finden lassen. Häufig liegt hier eine durch Stress ausgelöste Störung des Nervensystems vor, die zum Beispiel Verspannungen der Muskeln oder eine Verkrampfung der Herzkranzgefäße verursacht. Eine rein internistische Behandlung bleibt bei solchen Beschwerden meist erfolglos.
Doch auch der umgekehrte Fall ist möglich: Schwere Herzereignisse können die Psyche stark unter Stress setzen. Ein Herzinfarkt löst beispielsweise bei Betroffenen fast immer Todesängste aus – auch wenn diese nicht immer bewusst wahrgenommen werden. Vor allem, wenn die Therapie der Herzerkrankung zusätzliche Belastungen mit sich bringt – wie Schockabgaben eines implantierten Defibrillators, häufige Krankenhausaufenthalte oder erhebliche Nebenwirkungen der Herzmedikamente – folgen oft Depressionen oder Angststörungen. Es entsteht ein Teufelskreis aus Herzkrankheit und psychischen Beschwerden.
Die noch recht junge medizinische Disziplin der Psychokardiologie befasst sich mit genau diesen Wechselwirkungen zwischen Herzerkrankungen und Psyche. Sie behandelt sowohl psychische Beschwerden, die durch die Auseinandersetzung mit der Herzerkrankung entstehen, als auch Herzkrankheiten, die durch psychischen Stress ausgelöst oder gefördert wurden.
Wenn bei einem Herzpatienten eine psychische Störung vorliegt, ist oft eine psychotherapeutische Behandlung notwendig. Eine Psychotherapie kann je nach Problemstellung wenige Sitzungen, manchmal aber auch regelmäßige wöchentliche Termine über ein Jahr und länger beanspruchen. Hilfreich ist es, gezielt nach einem psychokardiologisch ausgebildeten Psychotherapeuten zu suchen. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen, sofern der Therapeut über eine entsprechende Zulassung verfügt. Leider sind ambulante Psychotherapieplätze vielerorts nur begrenzt verfügbar, oder es bestehen lange Wartezeiten.
In den vergangenen 20 Jahren wurde versucht, das Behandlungsangebot der Psychokardiologie in Deutschland auszubauen. Kardiologinnen und Kardiologen können durch eine einjährige Ausbildung nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) die Zusatzqualifikation „Psychokardiologie“ erwerben. Allerdings sind die Behandlungsangebote in Deutschland leider noch nicht flächendeckend verfügbar.
Über den Autor

Internistin/Kardiologin
Psychokardiologie (DGK)
Medicum Wetzlar – Internistisches Zentrum Spilburg