Wie gefährlich ist eigentlich Marathon?

Der erste Marathonläufer, Pheidippides, soll 40 Jahre gewesen sein und brach, nachdem er den Athenern 490 v. C. die Nachricht vom Sieg der Griechen über die Perser überbracht hatte, tot zusammen. Hitze, Flüssigkeitsmangel, schlechter Trainingszustand und vielleicht auch eine vorbestehende Herzerkrankung mögen diesen fatalen Ausgang hervorgerufen haben, der nicht verhindert hat, dass Millionen von Läufern jedes Jahr für diese Distanz antreten. Ihr Risiko für einen plötzlichen Herztod ist, so sehr spektakuläre Bericht in den Medien das Bild auch verzerren mögen, sehr niedrig. Bei 10,9 Millionen Marathon- und Halbmarathon-Läufern ereigneten sich 59 Fälle eines plötzlichen Herztodes (ca. 0,5/100.000), keiner bei Halbmarathonläufern, die Hälfte während der letzten 1,6 Kilometer. Die Häufigkeit des plötzlichen Herztodes bei Freizeit-Joggern liegt bei 13 pro 100.000 und Jahr, die der Allgemeinbevölkerung bei 60 – 90 pro 100.000 und Jahr. Das Risiko, bei einem Autounfall zu versterben, liegt in Deutschland bei etwa 1: 10.000. Dennoch stellt sich die Frage, wie gefährlich eigentlich Marathon ist.

In der Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen hat körperliche Bewegung einen festen Platz. Unabhängig von Alter, Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit reduziert Ausdauersport das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse, wobei der maximale präventive Effekt bei einem Energieverbrauch von ca. 3.500 kcal/Woche, entsprechend einer Trainingsdauer von 6 bis 7 Stunden/Woche auf mittlerem Niveau gesehen wird.

Leistungssportler, Langstreckenläufer und Teilnehmer an Stadtmarathons trainieren oft mehr und intensiver. Hier können dann Probleme beginnen, die im Wesentlichen in Form von Herzgrößenzunahmen über den gesunden Bereich hinaus, strukturellen Herzveränderungen und einer Bereitschaft zu Arrhythmien, insbesondere von Vorhofflimmern, auftreten können.

Als mögliche Mechanismen sind die zunächst physiologischen Anpassungen des Herzens zu sehen, die notwendig sind, um die hohe und notwendige Sauerstoffaufnahme während solcher unphysiologischen Belastungen sicherzustellen: Dickenzunahme der Herzwände, Größenzunahme von linker und rechter Herzkammer und höheres Schlagvolumen. Es sind zudem vermehrte Bindegewebseinlagerungen im Herzmuskelgewebe solcher Hochleistungssportler nachgewiesen worden.

Bei Marathonläufern fanden sich direkt nach Ende des Laufs in unterschiedlicher Ausprägung Störungen der rechten Herzkammer (Größe, Funktion, Druck) und in der Hälfte der Fälle eine Erhöhung der herzspezifischen Enzyme Troponin und NT-proBNP. Bei allen kam es innerhalb weniger Tage zu einer Normalisierung. Bei 13 Prozent konnten kleine Narben in einer Magnetresonanztomographie des Herzens (Kardio-MRT) nachgewiesen werden. Obwohl das Risikoprofil deutlich günstiger ist, sind Verkalkungen der Herzkranzarterien bei Marathon-Läufern genauso stark ausgeprägt wie bei altersgleichen Nicht-Sportlern.

Untersuchungen an 52.000 Ausdauersportlern aller Art mit Umfängen von mehr als fünf intensiven Trainingseinheiten pro Woche haben ein fünffach höheres Risiko für eine Entwicklung von Vorhofflimmern gezeigt.

Was bedeutet das nun für die tägliche Praxis? Leistungssport, zu dem exemplarisch Marathon in allen Leistungsklassen gezählt werden kann, führt bzw. muss zu Anpassungen des Herzens führen, die zunächst nicht gefährlich sind. Marathonlaufen ist sicher eine Herausforderung, die man nicht als „gesund“ bezeichnen kann, aber genau so wenig als „gefährlich“ bezeichnen muss. Jede Autofahrt ist mit einer ungünstigeren Statistik behaftet, von Rauchen und Bewegungsmangel ganz zu schweigen. Dennoch ist die langfristige Bedeutung der nachweisbaren Veränderungen (Bindegewebseinlagerungen, Verkalkungen der Herzkranzarterien, kleine Narben im Kardio-MRT) bislang offen. Gesichert ist das deutlich erhöhte Risiko des Auftretens von Vorhofflimmern bei Leistungs- und Extremsport.

Über den Autor

Prof. Dr. med. Martin Brück
Prof. Dr. med. Martin Brück
Chefarzt der Medizinischen Klinik I
Klinikum Wetzlar

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