Zur Früherkennung des tiefen Mastdarmkrebs

Chirurgischer Ratgeber: Die Untersuchung mit dem Zeigefinger

Ist es vermessen, im Zeitalter der Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) in allen Lebensbereichen, Industrie und Forschung, überhaupt noch von einer medizinischen Untersuchung zu sprechen, die „nur“ den Zeigefinger zur möglichen Erkennung eines schwerwiegenden und lebensverkürzenden Befundes benötigt?
Alle medizinischen Lehranstalten auf unserer Erde vermitteln seit Jahrhunderten Kenntnisse über Symptome, die man schlicht durch die direkte Kontaktaufnahme mit dem Menschen erkennen kann.
Es klingt furchtbar einfach, aber die geschulten Sinne mit Sehen, Riechen, Fühlen und Tasten, erfassen krankhafte Merkmale.
Natürlich sind die inzwischen angewendeten und von künstlicher Intelligenz gesteuerten technischen Untersuchungsmöglichkeiten in der Lage, frühzeitig Krankheitsbefunde zu erkennen und zu bewerten, von denen die vor 50 Jahren tätigen Mediziner nur träumen konnten.
Aber dazu ist es erforderlich, dass der vermeintlich „Gesunde“ auch in den „Genuss“ dieser Möglichkeiten so frühzeitig wie möglich gerät. Vorsorgeuntersuchungen sind das Mittel zur Erkenntnis.
Welche Vorsorgeuntersuchungen für Erwachsene gibt es?
Gesetzlich Krankenversicherte haben einen Anspruch auf eine ganze Reihe regelmäßiger Früherkennungsuntersuchungen. Diese sind abhängig vom Geschlecht und Alter und werden jeweils in unterschiedlichen Abständen gewährt (Tabelle).
Wer diese Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wahrnimmt, tut etwas zum Erhalt der Gesundheit und zur Verbesserung der Heilungschancen. Je früher schwere Krankheiten erkannt werden, desto besser sind oft die Möglichkeiten, darauf medizinisch zu reagieren.
Und so zurück zur Feststellung in der Überschrift: 
Die Untersuchung mit dem Zeigefinger, trägt zur Früherkennung des tiefe Mastdarmkrebs (am Schließmuskel des Afters) entscheidend bei.
Die rektal-digitale Untersuchung, so der Fachbegriff, erfasst einen Bereich unseres Mastdarmes im Schließmuskelbereich. Leider „verstecken“ sich dort kleine Krebsgeschwülste ohne jegliche Beschwerden. In der urologischen Untersuchung geht immer diese Untersuchung mit dem Zeigefinger voran.

Es sollte jede Vorsorgeuntersuchung, egal welches Fachgebiet sie ausübt und in welchem Alter die zu Untersuchenden sind, diese Untersuchung nicht vernachlässigen. 

Vorsorgeuntersuchungen für Erwachsene


ab 18 Jahren bis zum Alter von 35 Jahren (Frauen und Männer)
Hausarzt: ein einmaliger, allgemeiner Gesundheits-Check-up
ab 20 Jahren (Frauen),
Frauenarzt: einmal pro Jahr eine Genitaluntersuchung (Pap-Abstrich) zur Früherkennung von Krebserkrankungen
bis 25 Jahre (Frauen)
Frauenarzt: jährlicher Test auf eine Infektion mit Chlamydien
ab 30 Jahren (Frauen)
Frauenarzt: jährliche Brust- und Hautuntersuchung
ab 35 Jahren (Frauen)
Frauenarzt: alle drei Jahre ein kombiniertes Screening aus zytologischer Untersuchung und HPV-Test
ab 35 Jahren (Frauen und Männer)
Hausarzt: Alle drei Jahre ein allgemeiner Gesundheits-Check-Up zur Früherkennung zum Beispiel von Nieren-, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes, außerdem einmalig ein Screening auf eine Hepatitis B- und Hepatitis C-Virusinfektion.
ab 35 Jahren (Frauen und Männer) 
Hautarzt, Ärzte mit Zulassung: Alle zwei Jahre ein Hautkrebs-Screening 
ab 45 Jahren (Männer)
Urologe: jährliche Krebsfrüherkennungsuntersuchung der Genitalien und Prostata
ab 50 Jahren (Frauen)
Hausarzt, Frauenarzt, Internist: Früherkennung von Darmkrebs - und zwar als jährlicher Test auf verborgenes Blut im Stuhl
ab 50 Jahren (Männer)
Hausarzt, Urologe, Internist: Früherkennung von Darmkrebs: im Alter von 50 bis 54 Jahren wahlweise als jährlicher Test auf verborgenes Blut im Stuhl oder ab 50 Jahren durch zwei Darmspiegelungen im Mindestabstand von zehn Jahren in einer Praxis für Gastroenterologie.
ab 50 bis 75 Jahren (Frauen)
Zur Früherkennung von Brustkrebs erhalten Sie alle zwei Jahre eine Einladung zum Mammographie-Screening. Der Anspruch endet mit dem 76. Geburtstag. Seit 1. Juli 2024 können sich Frauen im Alter von 70 bis 75 Jahren bei den Zentralen Stellen für einen Untersuchungstermin in einer wohnortnahen Screening-Einheit anmelden. Dort wird geprüft, ob die Frau schon wieder anspruchsberechtigt ist. Die letzte Früherkennungs-Mammographie muss bei dieser Terminanfrage mindestens 22 Monate her sein. Ab Januar 2025 werden Frauen zwischen 70 bis 75 Jahren meldebasiert per Post eingeladen und müssen sich nicht mehr selbst beim wohnortnahen Screening melden. Voraussichtlich ab 2026 werden alle Frauen ab 70 Jahren eine schriftliche Einladung erhalten.
ab 55 Jahren (Frauen)
Früherkennung von Darmkrebs: wahlweise alle zwei Jahre als Test auf verborgenes Blut im Stuhl oder durch zwei Darmspiegelungen im Mindestabstand von zehn Jahren.
ab 65 Jahren (Männer)
einmaliger Anspruch auf eine Ultraschalluntersuchung zur Früherkennung von Aneurysmen der Bauchschlagader bei bestimmten Hausarztpraxen, Urologen, Internisten und Chirurgen mit entsprechender Genehmigung der kassenärztlichen Vereinigung.

 

Über den Autor

Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold
Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold

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