Sondenlose Herzschrittmacher
Seit der ersten Implantation eines Herzschrittmachers am 8. Oktober 1958 durch Rune Elmquist und Ake Senning im Karolinska-Hospital in Solna/Schweden hat die Schrittmachertechnologie einige Weiterentwicklungen durchlaufen:
verlängerte Batterielaufzeiten, programmierbare Sensoren zur Steuerung der Herzfrequenz oder die MRT-Tauglichkeit.
Die Schwachstelle der Herzschrittmacher sind jedoch nach wie vor die Schrittmachersonden. Entsprechende Komplikationen wie Dislokationen, Brüche oder Infektionen der Sonden treten bei sieben bis zwölf Prozent aller Patienten auf.
Sondenlose Herzschrittmacher wurden entwickelt, um dieses Risiko zu reduzieren.
Dabei sind sämtliche Funktionseinheiten des Schrittmachers in einer kleinen Kapsel untergebracht (Bild 1).
Durch ihre geringe Größe ist eine kathetergestützte Implantation möglich, ohne dass die zuführenden Venen und die Trikuspidalklappe im Herzen mit Sonden dauerhaft belastet werden müssen (Bild 2).
Die Implantation erfolgt über die Leistenvene. Die Schrittmacher werden unter Röntgenkontrolle in die Nähe der Spitze der rechten Herzkammer implantiert (Bild 3).
Dabei werden die Implantate durch kleine Widerhaken im Herzmuskel fixiert oder sie werden wenige Millimeter in den Herzmuskel eingeschraubt. Eine Dislokation von sondenlosen Schrittmachern mit frei flottierenden Geräten im Herzen oder im übrigen Körper wurde in den Zulassungsstudien nicht beobachtet.
Die ersten sondenlosen Herzschrittmacher wurden vor zirka zehn Jahren implantiert. Die Schrittmacher sind MRT-fähig und weisen eine Batterielaufzeit von zwölf bis 18 Jahren auf. Bei sondenlosen Schrittmachern ist im Vergleich mit konventionellen Herzschrittmachern mit einer gering höheren Komplikationsrate bei der Implantation, jedoch einer niedrigeren Rate an mittel- und langfristigen Komplikationen – insbesondere im Bereich der Schrittmachertasche und der Schrittmachersonden – auszugehen. Zu beachten ist jedoch, dass Langzeitdaten des ersten zugelassenen sondenlosen Schrittmachers erst über zwei Jahre vorliegen. Seit kurzem ist ein zweiter sondenloser Schrittmacher in den USA und Europa zugelassen. Bislang gibt es keine Studien, die konventionelle mit sondenlosen Herzschrittmachern verglichen haben.
Für die Notwendigkeit einer Entfernung des sondenlosen Herzschrittmachers (Extraktion) ist am Ende des Gerätes eine entsprechende Vorrichtung eingebaut. Mittels spezieller Katheter können die sondenlosen Herzschrittmacher wieder aus dem Herzen entfernt werden.
Die sondenlosen Schrittmacher bieten im Gegensatz zu den bisherigen Schrittmachersystemen wenig Angriffsfläche für einen bakteriellen Bewuchs, so dass sie für Patienten mit einem erhöhten Infektionsrisiko (Diabetes mellitus, eingeschränkte Nierenfunktion, Dialyse, Immunsuppression) eine gute Alternative darstellen.
Insbesondere ältere Patienten können wegen ihrer häufigeren Risikofaktoren für das Auftreten von Langzeitkomplikationen nach der Implantation von konventionellen Schrittmachersystemen besonders von sondenlosen Schrittmachern profitieren.
Über den Autor
Chefarzt der Medizinischen Klinik I
Klinikum Wetzlar