Paracetamol – ein wichtiges, rezeptfreies Schmerzmittel

Nachdem der Artikel im letzten Gesundheitskompaß sich mit dem sehr starken und dem Betäubungsmittelgesetz unterlegenden Schmerzmittel Fentanyl beschäftigt hat, geht es heute um einen Wirkstoff, den vermutlich alle kennen und auch rezeptfrei in Apotheken kaufen können: Paracetamol (PCM). Interessanterweise hat sich hier tatsächlich der INN-Name, also der von der WHO für den Wirkstoff vergebene „Internationale Freiname“, durchgesetzt, nicht der chemische Nomenklaturname oder ein Handelsname. Dass es in den USA wie auch in Deutschland unter dem Handelsnamen „Tylenol®“ im Handel war, ist heute kaum jemandem in Erinnerung geblieben. Bekannter dürfte hierzulande noch der Handelsname „Benuron®“ sein, unter dem es 1959 von den Firma Bene auf den deutschen Markt gebracht wurde.
Herkunft
Der INN-Name „Paracetamol“ stellt eine Verkürzung der chemischen Bezeichnung para-Acetylaminophenol dar. Damit ist Paracetamol eine recht einfache chemische Verbindung, nämlich ein Acetamid des p-Aminophenols, das synthetisch leicht durch Umsetzung von p-Aminophenol mit Acetanhydrid gewonnen werden kann.

„Vorgängersubstanzen“ des Paracetamols waren Phenacetin und Acetanilid, die schon seit Ende des 19. Jahrhunderts als Schmerzmittel Verwendung fanden. Beide Substanzen werden nach Einnahme im Körper zu Paracetamol metabolisiert, das man Anfang der 1950er Jahren als den eigentlichen Wirkstoff erkannte. Da Phenacetin bei langfristigem Gebrauch schwere Nebenwirkungen zeigte (sog. Phenacetin-Nieren, Harnblasenkarzinome), wurde seine Anwendung in Deutschland bereits 1986 verboten und man bevorzugt seither die direkte Gabe von Paracetamol als dem eigentlich schmerzstillend wirksamen Metaboliten des Phenacetins.

Anwendung und Wirkung
Paracetamol wirkt schmerzstillend und fiebersenkend, hat jedoch keine entzündungshemmende Wirkung. Es hat – im Gegensatz zu Acetylsalicylsäure (Aspirin®) – auch keine Wirkung auf die Blutgerinnung und führt nicht zu Reizungen der Magenschleimhaut und Magengeschwüren. Meist wird es heute als Monopräparat verwendet, kommt jedoch auch in Kombination mit Acetylsalicylsäure (Aspirin®), Ibuprofen, Codein oder Tramadol zum Einsatz. Viele von Ihnen werden den Wirkstoff schon selbst eingenommen haben, denn er ist bei leichten bis mittelstarken Schmerzen unterschiedlicher Genese gut wirksam und wirkt zuverlässig fiebersenkend, was zur häufigen Anwendung bei grippalen Infekten führt, die meist mit Kopf- und Gliederschmerzen wie auch erhöhter Körpertemperatur einhergehen.
Bei Migräne und Spannungskopfschmerz wird es häufig in Kombination mit Coffein und ASS (Acetylsalicylsäure) eingesetzt. Coffein bewirkt im Gehirn eine Verengung der Blutgefäße und verstärkt die schmerzstillende Wirkung des Paracetamols, sodass die PCM-Dosis reduziert werden kann.
Für die rezeptfreie Anwendung von Paracetamol stehen heutzutage Tabletten, Brausetabletten, Säfte und Zäpfchen zur Verfügung. Bei der Verwendung von Saft oder Brausetabletten ist natürlich ein schnellerer Wirkeintritt festzustellen, da der Wirkstoff bereits aufgelöst eingenommen wird. Die Gabe von Zäpfchen hat den Vorteil, dass durch die Umgehung der ersten Leberpassage (First-Pass-Effekt) mehr Wirkstoff ankommt. Die Verstoffwechselung erfolgt in der Leber, wesentlich durch Sulfatierung und Glucuronidierung des Wirkstoffes, die entstandenen Metaboliten werden über die Niere ausgeschieden.
Der Wirkmechanismus des Paracetamols ist bis heute weitgehend unbekannt. Vermutet wird ein Zusammenkommen verschiedener Mechanismen, die zu einem schmerzlindernden Effekt führen. Die bekannten Einzelheiten sind jedoch viel zu komplex, als dass an dieser Stelle darauf eingegangen werden könnte.
Dosierung und Nebenwirkungen
Viel wichtiger erscheint der Hinweis auf die Nebenwirkungen und mögliche Anwendungsfehler, die schwerwiegende Folgen haben können, wobei vorweggesagt werden soll, dass Paracetamol insgesamt ein sehr sicherer Wirkstoff ist, der bei korrekter Dosierung und Anwendung nur sehr selten zu unerwünschten Nebenwirkungen führt. Die Einzeldosis Paracetamol liegt bei oraler Gabe bei 10 – 15 mg pro kg Körpergewicht, für normalgewichtige Erwachsene also bei 500 – 1000 mg; bei Kindern ist die Dosis stets an das gewogene Körpergewicht anzupassen. Diese Einzeldosis kann unter Beachtung eines Einnahmeabstandes von 6 Stunden 4 x täglich erfolgen. Eine Anwendung hoher PCM-Dosen über längere Zeiträume hat ohne ärztliche Anweisung und Kontrolle jedenfalls zu unterbleiben, da ein entstehender Metabolit, das N-Acetyl-p-Benzochinonimin, zu Leberschädigungen führt. Überdosierungen können lebensgefährlich werden, führen zu irreversiblen Leberschädigungen und Leberversagen. Deshalb ist die Packungsgröße auf 20 PCM-Tabletten à 500 mg bzw. 10 PCM-Tbl. à 1000 mg pro Schachtel begrenzt. Paracetamol ist ein vielfältig einsetzbares, gut wirksames und verträgliches Schmerz- und Fiebermittel, das einen hohen Stellenwert in der Selbstmedikation hat. Für alle Schmerzmittel gilt jedoch: Nehmen Sie sie nie grundlos, dauerhaft oder überdosiert ein und lassen sie bei längerem Gebrauch stets Schmerzursachen abklären und ggf. ausschalten.

Über den Autor

Dr. Karl-Heinrich Horz
Dr. Karl-Heinrich Horz
Apotheker

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