Behandlung von Schmerzen an der Halswirbelsäule
(Nackenschmerzen)

Die Ursache für die weit verbreiteten „Nackenschmerzen“ verbirgt sich oft in der Halswirbelsäule. Dieses unangenehme Ziehen oder Drücken kennen wir nur zu gut – sei es nach stundenlanger Fehlhaltung oder durch langes Starren auf einen Bildschirm. Kein Wunder also, dass etwa zwei Drittel der Bevölkerung davon betroffen sind.

Halswirbelsäulenschmerzen können entweder akut oder chronisch auftreten. Akute Beschwerden halten meist bis zu zwei Wochen an, während chronische Schmerzen über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten bestehen. 

Nackenschmerzen können auch durch unspezifische oder spezifische Ursachen hervorgerufen werden. Unspezifische Nackenschmerzen entstehen ohne klar identifizierbaren Auslöser wie z.B. Muskelverspannungen. Spezifische Ursachen hingegen resultieren aus strukturellen Veränderungen, wie beispielsweise Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, einem Bandscheibenvorfall oder einer Spinalkanalstenose (Verengung des Wirbelkanals) im Bereich der Halswirbelsäule.

Ursachen der Spinalkanalstenose im Bereich der HWS 
Eine Spinalkanalstenose in der Halswirbelsäule bezeichnet eine Verengung des Rückenmarkkanals, die auch Nervenbahnen und Blutgefäße beeinträchtigen kann. Solche Verengungen entwickeln sich meist im Laufe des Lebens durch altersbedingte Verschleißerscheinungen an Bandscheiben, Facettengelenken und Bändern.
Das Fortschreiten dieser degenerativen Veränderungen hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter körperliche Belastung und der angeborene Durchmesser des Wirbelkanals. Ein enger Wirbelkanal erhöht das Risiko, dass altersbedingte Veränderungen zu einer kritischen Verengung führen.


Symptome der Spinalkanalstenose im Bereich der HWS
Eine Spinalkanalstenose der Halswirbelsäule äußert sich durch Beschwerden, die den Nacken, die Schultern, die Arme und sogar die Hände betreffen können. Häufig klagen Patienten über ausgeprägte Nacken- und Schulterschmerzen. Zudem können Feinmotorik, Beweglichkeit und Kraft in den Händen so stark beeinträchtigt sein, dass alltägliche Aufgaben wie Haare kämmen oder das Tippen auf einem Computer erschwert werden. 
Bei einer Verschlimmerung der Symptome können Schwindel, Taubheitsgefühle sowie eine Schwäche in der Hand- oder Armmuskulatur auftreten. Dadurch wird das Greifen von Gegenständen deutlich erschwert, was häufig dazu führt, dass Dinge ungewollt fallen gelassen werden.

Diagnostische Verfahren
Die Patientenanamnese ermöglicht es uns, die Beschwerden des Patienten gründlich zu erfassen, einschließlich der Dauer, Intensität und des bisherigen Krankheitsverlaufs. So gewinnen wir wichtige Informationen, die uns helfen, die genaue Ursache der Symptome zu identifizieren und eine gezielte Behandlung zu planen.
Die körperliche Untersuchung ist ein entscheidender Bestandteil der Diagnostik und wird vom Arzt durchgeführt. Dabei werden Ihre Körperhaltung und die Ausrichtung und Beweglichkeit der Wirbelsäule sorgfältig untersucht. Neurologische Überprüfungen dienen dazu, Koordinationsstörungen, Reflexe und die Muskelkraft zu überprüfen.
Zur Sicherung der Diagnose setzen wir verschiedene bildgebende Verfahren ein, um eine mögliche Verengung des Wirbelkanals darzustellen. Zu den wichtigsten Verfahren gehört die Röntgenaufnahme, gegebenenfalls ergänzt durch eine Funktionsaufnahme, um Instabilitäten der Halswirbelsäule auszuschließen. Der goldene Standard in der Bildgebung ist die Magnetresonanztomografie (MRT). Weitere wichtige Verfahren sind die Computertomografie (CT), welches uns mehr die knöchernen Strukturen der Wirbelsäule zeigt, sowie die Myelografie/Myelo-CT, die in speziellen Fällen zum Einsatz kommen. Zusätzlich werden neurologische Tests wie Elektromyografie (EMG), Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und Elektrophysiologie (EP) durchgeführt, um die Nervenfunktionen genauer zu untersuchen.

Therapiemöglichkeiten
Konservative Therapiemöglichkeiten

Bei Patienten ohne neurologischen Ausfälle, wird bei Schmerzen zunächst eine konservative Therapie angestrebt. Zu den konservativen Therapiemöglichkeiten gehören: Schmerzmedikationen, Halsorthese, Physiotherapie, Ruhe und Entlastung in der akuten Phase. Erfolge der konservativen Therapie werden nach etwa 6 Wochen sichtbar. 
Nervenwurzelinfiltration
Bei Patienten, bei denen die radikulären Schmerzen weiterhin bestehen, kann eine Röntgen- oder gegebenenfalls CT-gesteuerte Nervenwurzelinfiltration zur Schmerzlinderung beitragen. Unter präziser CT-Steuerung wird eine lokale Injektion von Entzündungshemmern (Kortisol) und Schmerzmitteln (Lokalanästhetikum) in den Bereich des komprimierten Nervs verabreicht. Diese Behandlung zeigt eine hohe Erfolgsrate bei der Linderung der Schmerzen.

Operative Therapiemöglichkeiten
Nach Ausschöpfung aller konservativen Therapiemaßnahmen und bei entsprechenden Indikationen wie z.B. Neulogischen Ausfällen  (Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen) kommt als erste Möglichkeit die Anteriore Zervikale Diskektomie mit Fusion (ACDF)-Operation in Frage. 

Dieser operative Eingriff ist der goldene Standard bei einer Stenose im Bereich der HWS. Bei dieser Operation wird ein kleiner Schnitt (ca. 4 cm) von vorne gesetzt. 

Eine weitere operative Möglichkeit ist die Implantation einer Bandscheibenprothese. Diese bewahrt die Beweglichkeit im operierten Segment und verhindert somit die Überlastung der angrenzenden Wirbelsäulenabschnitte. Die Voraussetzung für dieses Verfahren sind jedoch sehr individuell und muss durch den Operateur entschieden werden. 
Bei speziellen Fällen von Bandscheibenvorfällen, die nur die seitlichen oder foraminalen Bereiche der Halswirbelsäule betreffen, kann eine minimalinvasive Dekompression der betroffenen Nervenwurzel durch einen Zugang von hinten, über den Nacken, in Betracht gezogen werden. Dieser Eingriff wird als Frykholm-Operation bezeichnet und erfolgt nach der MISS-Technik (Minimally Invasive Spine Surgery).

Eine weitere Operationsmöglichkeit stellt die transossäre Dekompression dar. Diese minimalinvasive Technik, die von Priv.-Doz. Dr. med. H. Böhm entwickelt wurde, ermöglicht es, einen Bandscheibenvorfall durch einen kleinen Zugang von vorne zu entfernen, ohne dass ein Implantat oder eine Bandscheibenprothese erforderlich ist

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Aktuelle Ausgabe2/2025