
Etoricoxib – ein entzündungshemmendes Schmerzmittel
In unserer „Schmerzmittelreihe“ im Gesundheitskompaß geht es heute erstmals um ein entzündungshemmendes Schmerzmittel, den Wirkstoff Etoricoxib.
Es handelt sich dabei um einen vergleichsweise „jungen“ Wirkstoff, der vor ca. 20 Jahren in Deutschland zugelassen wurde, unter dem Handelsnamen Arcoxia® auf den Markt kam und bis heute der Verschreibungspflicht unterliegt. Mit Ablauf des Patentes im Jahre 2017 kamen viele preisgünstigere Generika auf den Markt, die oft unter dem Freinamen Etoricoxib oder ähnlich klingenden Namen wie Etoriax, Etorican o.ä. vertrieben werden.
Herkunft und Einordnung
Das „Schmerzmittel“ Etoricoxib ist ein sogenanntes Nichtsteroides Antirheumatikum (= NSAR) und gehört zur Wirkstoffklasse der Coxibe. Coxibe sind Inhibitoren des Enzyms COX-2, weshalb man sie auch als COX-2-Hemmer bezeichnet, was uns beim Versuch, die Wirkweise zu verstehen, noch beschäftigen wird. Der erste Vertreter dieser Wirkstoffklasse, Rofecoxib, kam im Jahre 1999 unter dem Handelsnamen Vioxx® auf den Markt, verschwand aber bereits 2004 wieder, da der Verdacht auf schwerwiegende kardiale Nebenwirkungen bestand. Ebenso erging es Lumaracoxib (Prexige®), das bereits nach wenigen Monaten wegen vereinzelt aufgetretener schwerer Leberreaktionen wieder vom Markt genommen wurde. Geblieben sind Celecoxib (Celebrex®) und Etoricoxib, die nunmehr seit zwei Jahrzehnten ihren festen Platz in unserem Arzneimittelrepertoire haben. Aber was sind die Vorzüge dieser Substanzen gegenüber Wirkstoffen wie Ibuprofen oder Diclofenac, die viele Ihnen kennen werden? Worin liegt ein therapeutischer Fortschritt?
Anwendung und Wirkung
Um dies zu verstehen, müssen wir uns kurz mit dem Wirkmechanismus beschäftigen, was nicht ganz einfach ist. Etoricoxib hemmt – wie andere NSAR auch – das Enzym Cyclooxygenase (= COX, auch Prostaglandinsynthase genannt), das an unterschiedlichen Stellen in unserem Körper eine wichtige Rolle spielt. Es gibt zwei „Untertypen“, die COX-1 und COX-2 genannt werden.
COX-1 bewirkt die Bildung von Prostaglandinen, das sind entzündungsfördernde Botenstoffe. Daher ist sie wichtig bei der Entstehung von Entzündungen, Schmerzen und Fieber. COX-1 ist aber auch an der Regulation des Blutdrucks und der Blutgerinnung beteiligt, an der Regulation der Magensäureproduktion und der Auslösung von Wehen bei der Geburt. Weiterhin fördert es die Nierendurchblutung und steigert so die glomeruläre Filtrationsrate der Niere.
COX-2 wurde erst 1990 entdeckt und bewirkt ebenfalls die Bildung entzündungsfördernder Prostaglandine, greift jedoch – sehr vereinfacht ausgedrückt – nicht an all den oben aufgeführten Stellen im Körper ein. Mit einer gezielten Hemmung von COX-2 durch ein Medikament kann man also Entzündungsprozesse hemmen, ohne z.B. in die Produktion von Magensäure einzugreifen. Dies hat zur Folge, daß COX-2-Hemmer wie Etoricoxib deutlich besser magenverträglich sind als „ältere“ Substanzen wie Ibuprofen, Diclofenac u.a., die auch durch COX-Hemmung wirken, jedoch nicht spezifisch COX-2 blockieren. Da die Selektivität der COX-2-Hemmer leider nicht vollständig ist, erklären sich so auch manche Nebenwirkungen.
Etoricoxib wird – wie viele andere sog. NSAR auch – zur Behandlung von Arthrose und rheumatoider Arthritis eingesetzt, Erkrankungsbilder, die sehr viele Menschen betreffen. Seltener ist die Anwendung bei Morbus Bechterew, einer chronisch-entzündlichen Erkrankung der Wirbelsäulengelenke. Auch zugelassen ist es zur Behandlung des akuten Gichtanfalls, einer schmerzhaften Erfahrung bei zu hohen Harnsäurewerten, die durch die Bildung und Ablagerung von Harnsäurekristallen in Gelenken ausgelöst wird. Hierbei ist die Anwendung oft auf wenige Tage beschränkt, da sich das akute Geschehen schnell bessert und dann ursächlich durch andere Medikamente zur Senkung des Harnsäurespielgel weitertherapiert werden muß.
Dosierung und Nebenwirkungen
Die Dosierung von Etoricoxib beträgt meistens 60 mg oder 90 mg pro Tag als Einmalgabe und liegt damit (in mg) deutlich niedriger als die Tagesdosis bei Wirkstoffen wie Ibuprofen oder Naproxen. Der Wirkstoff wird nach der Einnahme schnell und vollständig resorbiert, die Wirkung setzt bereits nach 20 bis 30 Minuten ein. Aufgrund der vergleichsweise langen Halbwertszeit von 20 bis 26 Stunden hat es eine lange Wirkdauer und muß daher nur einmal täglich genommen werden, wogegen ältere Wirkstoffe wegen des schnelleren Abbaus zwei- oder dreimal täglich gegeben werden müssen.
Natürlich sind auch für Etoricoxib Nebenwirkungen beschrieben, die auftreten können und beachtet werden müssen. Es kann – wie allen anderen NSAR auch – zu Bluthochdruck und Wassereinlagerungen im Gewebe kommen. Daher ist besonders bei Patienten mit Herz-Kreislauferkrankungen besondere Aufmerksamkeit durch den behandelnden Arzt geboten, insbesondere wenn es sich um die Behandlung einer chronischen Erkrankungen über einen längeren Zeitraum handelt. Patienten mit einer Niereninsuffizienz oder einer schweren Leberschädigung dürfen nicht mit Etoricoxib behandelt werden, da Verstoffwechselung und Ausscheidung nicht im notwendigen Umfang gewährleistet sind und der Wirkstoff kumuliert. Während Schwangerschaft und Stillzeit verzichtet man ebenfalls auf die Anwendung dieses Wirkstoffes und verwendet stattdessen „ältere“ Substanzen, für die aufgrund jahrzehntelanger Anwendungserfahrung eine wesentlich breitere Datenbasis existiert.
Der kurze Blick auf diesen einen Wirkstoff, der noch gar nicht so lange zu unserem „Medikamentenschatz“ zählt, zeigt auch für den Laien, wie hochkomplex die Wirkung von Arzneimitteln ist. Sie müssen das nicht alles verstehen. Aber sie sollten Respekt vor Arzneimitteln haben, die an ganz unterschiedlichen Stellen im Körper ganz verschiedene Effekte haben können. Und sie sollten Verständnis für die strikte Verschreibungspflicht aufbringen und die Verantwortung, die Ärzte und Apotheker Ihnen gegenüber zu tragen haben.