Chirurgischer Ratgeber:

Bauchschmerzen durch "Verwachsungen"

„Und plötzlich hielt ich es vor Schmerzen im Bauch nicht mehr aus!“

Leider gibt es keine nichtoperativen Therapiemöglichkeiten bei Verwachsungen im Bauchraum (www.chirurgie-portal.de).

Der plötzliche Bauchschmerz stellt dann ein besonderes Problem dar, wenn sich für die Beschwerden trotz modernster Diagnostik kein fassbarer Grund finden lässt.

Umso schwieriger ist die Situation, wenn die Schmerzen mit einer drastischen Verschlechterung des Allgemeinzustandes einhergehen, heftiges Erbrechen bringt keine Linderung, der Stuhlgang bleibt aus. Wenn Koliken wegen Gallen –oder Nierensteinen genauso ausgeschlossen wurden, wie Darm –oder Magendurchbruch, die akute „Blinddarmentzündung“ und Bauchspeicheldrüsenentzündung nicht in Frage kommen, frauenärztliche akute Erkrankungen nicht bestehen, wird es praktisch „eng in der Diagnostik“.

Wurde schon einmal am Bauch operiert?

Ein Teil der Patienten mit heftigsten akuten Bauchschmerzen wurden, oft schon lange zurückliegend, am Bauch operiert. Selbst die schon längst vergessene „Blinddarm-Operation“ im Kindesalter, ein kleiner frauenärztlicher Eingriff vor Jahren, ein Kaiserschnitt, eine Gallenoperation und natürlich die großen Operationen an Magen; Darm; Leber können die Ursache sein.

Es haben sich Verwachsungen gebildet

Durch entsprechende Untersuchungen (Obduktionen) wissen wir, dass diese Verwachsungen auch ohne Voroperationen entstehen können (1/3 der Betroffenen).

Entwickelt sich eine Verwachsung so ähnlich wie „eine Schlinge um den Hals“, dann kann von einer Sekunde zur anderen ein Darmabschnitt „stranguliert“ werden. Die Blutversorgung wird abgeschnürt. Das Absterben des betroffenen Darmabschnittes beginnt - ein extremer Notfall (siehe Bild).

Absoluter Notfall mit Lebensgefahr!

Die Abschnürung führt innerhalb von wenigen Stunden zum Darmdurchbruch und damit zur bakteriellen Bauchfellentzündung. Man muß sehr hellhörig beim Bericht des Patienten über seinen Schmerzbeginn sein, der schlagartig ist, selbst eine rasche Drehung, wie beim Tanzen, kann zur vollständigen „Darmverschlingung“ führen und wenn sich tatsächlich der gesamte Dünndarm „um die Achse dreht“, und der Darm des Patienten nicht innerhalb von 2 oder 3 Stunden vom Chirurgen zurückgedreht wird, kann dies zu katastrophalen Folgen und Tod führen. Ein kürzeres Darmsegment kann man entfernen und die beiden Enden des Darmes wieder zusammenfügen, ein vollständiger Verlust kann nicht verkraftet werden.

Was kann man selbst dagegen tun?

Kommt das Krankheitsbild aus heiterem Himmel ohne jegliche Vorsymptomatik ist der direkte Weg zum Chirurgen immer noch das Beste. Anders sieht es aus, wenn schon seit Jahren uncharakteristische Bauchschmerzen bestehen, die vollständig durchuntersucht am Ende zu der Beratung führten, „wahrscheinlich haben Sie Verwachsungen, aber dagegen gibt es kein Mittel“. Diese Aussage trifft auf die offene Bauchchirurgie sicher zu, das ist die Chirurgie mit großen Schnitten. Seit rund 30 Jahren führen „minimal invasive Chirurgen“(MIC) Eingriffe am Bauchraum aus, die über kleine Stiche vorgenommen werden (Laparoskopie). Sie sind praktisch „Goldstandard“ für viele organische Erkrankungen geworden. Und es ist mit einem sehr geringen Risiko möglich, eben von solch’ einem Stich mit einer Kamera in den Bauch zu sehen. Es ist erstaunlich, wie viele „Raritäten“ gefunden werden können.

Endoskopische Durchtrennung von Verwachsungen im Bauchraum

In der Fachsprache heißt die Operation „Adhäsiolyse“. Oft sind einzelne Verwachsungen im Bauchraum "schuld" an den Beschwerden. Eine Durchtrennung von Strängen (Briden) kann einem plötzlichen Darmverschluss vorbeugen, ebenso die Beseitigung von Adhäsionen (Aneinanderhaftung von Darmbereichen). Die endoskopischen Eingriffe hinterlassen aufgrund ihres geringeren operativen Traumas (Verletzungen) offensichtlich viel weniger gefährliche Verklebungen. Der Zugangsweg für die Kamera wird meist im linken Oberbauch vorgenommen.

Konsequenz für die Entscheidung des Hausarztes

Ein Patient mit unklarer Schmerzsymptomatik sollte zunächst nicht als wehleidiger Ignorant abgetan sein, sondern es sollte die Laparoskopie durch einen mit dieser Problematik vertrauten „MIC-Chirurgen“ angestrebt werden.

Wie schon eingangs festgestellt, von „Außen“ also ohne chirurgische Instrumente, gibt es keine Behandlungsmöglichkeit.

Über den Autor

Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold
Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold

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Aktuelle Ausgabe04.01.