Alzheimer-Krankheit: Die Wahrheit

Im Fokus dieses Themas stehen die Unterscheidung zwischen „normalem“ Vergessen und den ersten Anzeichen einer möglichen Demenzerkrankung sowie die Darlegung heutiger Behandlungsmöglichkeiten.

Demenzielle Erkrankungen, unter denen die Alzheimer-Demenz die häufigste Demenzform darstellt, sind eine der größten Herausforderungen für das Gesundheitssystem im 21. Jahrhundert. Gut 118 Jahre nachdem Dr. Alois Alzheimer das „eigenartige Krankheitsbild“ seiner Patientin Auguste D. vor Psychiatern und Nervenärzten beschrieben hat, sind ca. 1,5 Million Menschen in Deutschland von dieser Krankheit betroffen und jährlich werden es etwa 300.000 mehr. Alle 70 Sekunden wird weltweit die Diagnose gestellt und 70% der Demenzerkrankten werde zu Hause von Angehörigen mit jährlichen Kosten von über 40.000 Euro liebevoll betreut mit häufiger Vernachlässigung der eigenen Gesundheit.

Demenz ist ein Syndrom als Folge einer langsam fortschreitenden Krankheit des Gehirns mit Störungen höherer Gehirnfunktionen, u.a. betroffen sind vor allem das Gedächtnis, die Orientierung, die Lernfähigkeit, die Sprache sowie das Urteilsvermögen und die Fähigkeit zur Entscheidung. Diese Veränderungen führen dann zum Verlust der Alltagskompetenzen und zu Störungen im Sozialverhalten und der emotionalen Kontrolle.

Diese genannten Veränderungen entstehen über einen langen Zeitraum, was häufig dazu führt, dass frühe Warnzeichen einer möglichen Demenzerkrankung sowohl von dem Patienten als auch von Angehörigen leicht übersehen werden können.

Die Alzheimer Krankheit beginnt mit einem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Termine werden verpasst und Betroffene stellen immer wieder dieselben Fragen. Das Namensgedächtnis lässt nach und selbst die Namen der engsten Freunde und Verwandte werden vergessen und verwechselt. Der Betroffene beginnt sich unsicher zu fühlen, manchmal kommt es zu einer depressiven Verstimmung, vor allem wenn Angehörige und Freunde Bemerkungen machen. Natürlich vergessen wir schon mal den Namen eines Nachbarn, verlegen unseren Hausschlüssel und vergessen warum wir in den Keller gegangen sind. Wir können aber in der Regel mit einiger Konzentration “zurückdenken“ und den Schüssel finden und schließlich die Kartoffeln aus dem Keller holen.

Ein weiteres Merkmal einer beginnenden Demenzerkrankung ist, dass Betroffene schnell überwältigt sind von alltäglichen Aufgaben, die zuvor mit Leichtigkeit verrichtet wurden. Eine häufige Bemerkung von Betroffenen ist, dass ihnen Vieles einfach zu viel wird. Auch das Interesse an vielen Dingen lässt nach und man zieht sich aus dem Alltag zurück.

Obwohl eine Heilung der Alzheimer Krankheit noch weit entfernt ist, kann eine frühzeitige Diagnose einige der oben beschriebenen Merkmale zum Teil verhindern oder wenigstens lindern. Dies ist ein wichtiger Aspekt. Deshalb sollten Angehörige anfangs unbedenklich erscheinende Veränderungen bei Angehörigen wie etwa wiederholte Anrufe und Fragen, unsicheres Autofahren, Konzentrationsschwäche, depressive Verstimmung, Schwierigkeiten den Haushalt zu führen und Veränderungen der Persönlichkeit nicht ignorieren und den Hausarzt darüber informieren. Ebenso, sollte man persönlich den Hausarzt um Hilfe bitten, wenn man sich Sorgen um sein Gedächtnis macht.

Wenn dann eine Demenz-Erkrankung vorliegt, ist es sinnvoll so genannte Antidementiva Medikationen wenigstens probeweise einzunehmen. Studien haben eindeutig gezeigt, dass Patienten mit unterschiedlichen dementiellen Erkrankungen von diesen Medikamenten profitieren.

Die Behandlung einer an Demenz erkrankter Person muss auch immer die Angehörigen miteinbeziehen. Der richtige Umgang mit und vor allem die richtige Kommunikationsstrategie mit an Demenz Erkrankten ist für die Lebensqualität beider Personengruppen wichtig, dies betont der Experte Bludau ausdrücklich.

Selbsthilfegruppen helfen Angehörigen bei individuellen Problemlösungen, Tagesstätten erlauben Angehörigen etwas Ruhe und Erholung und eine frühzeitige Planung bei den Finanzen und der Vorsorgevollmacht sind unentbehrlich.

Sollte der Pflegeaufwand zum Ende der Krankheit stark zunehmen, dann darf ein notwendiger Umzug in ein Pflegeheim nicht unnötig verschoben werden. Eine gute 24-Stunden Pflege ist zu Hause häufig nicht

mehr möglich. Denn solange wir auf eine bessere Diagnostik und Therapie warten, müssen an Demenz Erkrankte und deren Angehörige kompetent behandelt und unterstützt werden.

 

Über den Autor

Dr. Jürgen Bludau
Dr. Jürgen Bludau
Leitender Arzt Geriatrie
Klinik für Innere Medizin
Asklepios Klinik Lich
Aktuelle Ausgabe2/2024