häufiges Symptom der arteriellen Verschlusskrankheit

Die Schaufensterkrankheit

Die arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) ist eine in den westlichen Industrienationen sehr häufig auftretende Erkrankung. Die Häufigkeit liegt in der deutschen Bevölkerung ab einem Alter von 65 Jahren bei ca. 20%, wobei sie mit steigendem Alter deutlich zunimmt und dann in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht bis zu 40 % erreicht. Von den Betroffenen leiden ca. ein Drittel unter Beschwerden. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wird die Erkrankung durch die Arteriosklerose verursacht. Diese ist ein schwelender Krankheitsprozess, der alle Gefäßregionen des Körpers betrifft und zu invalidisierenden Erkrankungen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen führt. Somit gilt das Vorliegen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit in all ihren Ausprägungen als zuverlässiger Indikator für ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. So liegt das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall bei Vorliegen einer pAVK bei 5-10 % pro Jahr.

Die sicherlich bekannteste Ausprägung der pAVK ist die Schaufensterkrankheit (Claudicatio intermittens). Sie beschreibt die schmerzhafte Einschränkung der Gehstrecke und den damit verbundenen Zwang, nach einer gewissen Strecke Gehpausen einzulegen. Gewöhnlich kann nach einer kurzen Pause die gleiche Strecke erneut zurückgelegt werden. Die pAVK ist in diesem Stadium meist über Jahre stabil, bedeutet für den Patienten aber nichts desto trotz eine Einschränkung seiner Mobilität und damit Lebensqualität. Je nach befallener Gefäßregion kommt es zu Schmerzen in der Gesäß-, Oberschenkel- oder Wadenmuskulatur. Der Schmerz wird als ziehend oder krampfartig beschrieben und durch bergauf gehen oder Treppensteigen verstärkt. Letztendlich entsteht er durch einen erhöhten Sauerstoffbedarf in der beanspruchten Muskulatur, der durch die Gefäßenge nicht gedeckt werden kann. Im Ruhezustand erholt sich die Muskulatur, da der Sauerstoffbedarf nun niedriger ist. Schwierig kann hier die Abgrenzung zu orthopädischen/neurologischen Krankheitsbildern wie der Spinalkanalstenose sein, die durchaus ähnliche Beschwerden verursachen können.

Ein einfaches Verfahren zur Unterscheidung der Krankheitsbilder ist die Bestimmung des KNÖCHEL-ARM-INDEX (ABI). Dies ist ein standardisiertes Verfahren, welches in der Lage ist, Durchblutungsstörungen an den Beinen aufzudecken. Es werden dabei der Blutdruck an beiden Armen sowie der Druck in den Fußarterien gemessen und miteinander verglichen. Der ermittelte Quotient erlaubt eine zuverlässige Aussage über das Vorliegen einer pAVK.

Messwert

Interpretation

>1,3

falsch hoch (Mediasklerose)

>0,9

Normalbefund

0,75-0,9

leichte pAVK

0,5-0,75

mittelschwere pAVK

<0,5

schwere pAVK

Tab 1: Interpretation von ABI-Messwerten

Es kann mit diesem einfachen Test aber nicht nur eine Aussage über das Vorliegen einer pAVK getroffen werden, sondern indirekt auch auf das Vorliegen einer Arteriosklerose bzw. von Gefäßengen in anderen Gefäßgebieten geschlossen werden. Wie bereits erwähnt, ist das Vorliegen einer pAVK mit einem deutlich erhöhten Risiko für das gleichzeitige Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung (60% der Pat. mit pAVK) sowie einer Erkrankung der hirnversorgenden Gefäße (50% der Pat. mit pAVK) verbunden. In der Folge resultiert eine bedenklich hohe Rate an Herzinfarkten und Schlaganfällen (innerhalb von 5 Jahren 20%), die zur Invalidität oder zum Tod führen. Patienten mit einer pAVK haben eine um 10 Jahre erniedrigte Lebenserwartung. Der Einfluss der Erkrankung auf das Überleben wird im Allgemeinen unterschätzt. Jedoch ist die Sterblichkeit insbesondere in Kombination mit weiteren Erkrankungen wie dem Diabetes mellitus höher als bei vielen Krebserkrankungen.

Daher ist ein frühes Erkennen der Erkrankung Arteriosklerose vordringlich, um Maßnahmen ergreifen zu können, die das Voranschreiten der Erkrankung aufhalten und Komplikationen verhindern. Sollte eine Arteriosklerose diagnostiziert werden, wird in aller Regel eine medikamentöse Therapie eingeleitet, die aus Aspirin (in niedriger Dosierung) und einer fettsenkenden Substanz besteht. Ob weitere Medikamente zur Behandlung zusätzlicher Erkrankungen notwendig werden, muss im Einzelfall entschieden werden. Je nach Beschwerdebild sind weitere Maßnahmen zur Behandlung beschwerdeverursachender Gefäßengen notwendig. Diese können in einem speziellen Gehtraining bestehen oder bei fortgeschritteneren Befunden in Katheterverfahren oder Operationen, um verengte oder verschlossene Arterien wieder zu eröffnen. Alle heutzutage gängigen Verfahren finden in unserer täglichen Praxis im Gefäßzentrum Wetzlar Anwendung. Hier arbeiten Gefäßspezialisten verschiedener Fachbereiche Hand in Hand zusammen, um Ihnen eine optimale Behandlung zu gewährleisten. In Zusammenarbeit mit den behandelnden Hausärzten bieten wir Ihnen ein komplettes und modernes Behandlungskonzept, welches Ihnen einen zügigen Zugang zu Diagnosestellung und Therapie sowie auch hinsichtlich der Nachbehandlung gewährleistet.

Über den Autor

Dr. Claudia Ellert
Dr. Claudia Ellert
Leitende Oberärztin der Abteilung für Gefäßchirurgie
Klinikum Wetzlar

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