Wissenswertes über Alkohol –
seine Wirkungen und die Gefahren

Teil 1

Nicht Haschisch oder Heroin sind die häufigsten Rauschdrogen, sondern dem Alkohol (Ethanol, Ethylalkohol, C2H5OH, ältere Schreibweise Äthanol) kommt diese Rolle zu. Umso erstaunlicher ist es, dass oft beträchtliche Informationslücken hinsichtlich der Erkennung, Wirkung und anderen wichtigen Themen bestehen. Diese zu schließen soll Aufgabe dieses in 4 Folgen erscheinenden Beitrags sein.

Das Thema „Alkohol“ soll anhand typischer Fragen behandelt werden, die dem Verfasser im Verlauf seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Hochschullehrer und Gutachter bei Gericht sowie bei vielen Fortbildungsveranstaltungen gestellt wurden.

Bereits zu Beginn eine Frage, die bei vielen Lesern sicher auf ungläubiges Kopfschütteln stößt, zumal die spontane Antwort doch so klar erscheint:

Frage 1: Wo ist mehr Alkohol drin? – In 2 Flaschen Bier zu je 0,5 Liter oder in 7 Korn zu je 2 cL, d.h. 0,02 Liter (Abb. 1).

Insbesondere unter den männlichen Lesern wird sich wohl fast jeder vorstellen können, auch einmal 1 Liter Bier (in Bayern „1 Maß“) trinken zu können, während der Konsum von 7 Korn zu je 2 cl (insgesamt also 0,14 Liter) doch eher auf Zurückhaltung stößt.

Eine einfache Rechnung führt jedoch zu einem für viele Leser höchst erstaunlichen Ergebnis:

Um zu der besser vergleichbaren Konzentrationseinheit „Gramm pro Liter“ zu gelangen, muss man die Angaben in Vol.-% zunächst mit 8 (dieser Faktor berücksichtigt das spez. Gewicht von etwa 0,8 g/ mL und die Umrechnung von g/100 mL auf g/1 L) multiplizieren, also:

Bier: üblicherweise ca. 5 Vol.-% x 8 = 40 Gramm Alkohol pro Liter, bzw.

Korn: üblicherweise 32 Vol.-% x 8 = 256 Gramm Alkohol pro Liter

Schließlich muss natürlich noch mit dem Volumen multipliziert werden, um die jeweilige Gesamtmenge an Alkohol zu ermitteln:

1 Liter Bier enthält nach der obigen Berechnung 40 Gramm Alkohol,

7 Korn zu je 2 cL (= 0,02 Liter) enthalten 7 x 0,02 x 256 Gramm pro Liter = 35,8 Gramm Alkohol.

Dieses Ergebnis mag zunächst überraschen oder vielleicht sogar fehlerhaft erscheinen, es beruht jedoch auf der Schritt für Schritt dargelegten und leicht nachvollziehbaren Berechnungsweise. Angemerkt sei jedoch, dass sich der Verfasser selbst im konkreten Fall doch eher für die Bier-Variante entschließen könnte, da insbesondere der kurzzeitige „Genuss“ von 7 Korn im Gegensatz zu 1 Liter Bier in der Regel zu erheblicheren Ausfallerscheinungen führt, die hauptsächlich durch die steilere Anflutung des höherprozentigen Getränkes an der sog. Blut-Hirn-Schranke verursacht werden.

Frage 2: Was sind Alcopops, wie viel Alkohol enthalten sie und welche Promille-Werte können dadurch verursacht werden?

Das obige Beispiel zu Frage 1 zeigt deutlich, dass der Alkoholgehalt von Bier keinesfalls zu unterschätzen ist. In diesem Zusammenhang muss ausdrücklich davor gewarnt werden, auch die seit einiger Zeit beliebten und verbreiteten Alcopops hinsichtlich ihrer Rauschwirkung zu unterschätzen. Dem Verfasser sind im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Sachverständiger bei Gericht viele Fälle bekannt geworden, in denen Jugendliche durchaus glaubhaft versicherten, den Alkohol in dem häufig stark gesüßten und mit Aromastoffen versetzten Alcopop nicht oder kaum als solchen wahrgenommen zu haben.

Wie Abb. 2 zeigt, enthalten Alkopops häufig Alkohol in einer mit Bier vergleichbaren Konzentration (5,6 Vol.-%), mitunter aber auch doppelt so hohe Gehalte (z. B. 10 Vol.-%). In Ausnahmefällen sind sogar Getränke mit fast 20 Vol.-% im Handel aufgetaucht.

Trinkt beispielsweise eine weibliche Person mit einem Körpergewicht von 60 kg 3 Dosen zu je 0,33 Liter eins Alcopops mit einem Alkoholgehalt von 10 Vol.-%, so lässt sich die dadurch erzielbare maximale Blutalkoholkonzentration (BAK) mit der sogenannten Widmark-Formel berechnen:

Widmark-Formel:

A = c x p x r

wobei A die im Organismus befindliche Alkoholmenge in Gramm, c die Blutalkoholkonzentration (in Gramm Alkohol pro kg Körpergewicht = Promille [‰]), p das Körpergewicht in kg und r den sog. Reduktionsfaktor oder Verteilungsfaktor bedeuten. r hängt hauptsächlich von der Konstitution ab.

Personen mit relativ hohem Fettgewebsanteil haben einen relativ niedrigen r-Wert (0,60) und damit bei sonst gleichen Parametern in der Widmark-Formel eine höhere Blutalkoholkonzentration, während hagere Personen (Leptosome) u.U. einen r-Wert von 0,80 oder sogar höher aufweisen können. Für eine männliche Person „normaler Konstitution“ bringt eine Rechnung mit r = 0,70 meist experimentell gut zu bestätigende Werte.

Rechnung:

3 Dosen Alcopop zu je 0,33 Liter und mit einem Alkoholgehalt von 10 Vol.-% enthalten 3 x 0,33 x 10 x 8 = 79 Gramm Alkohol. Für eine weibliche Person (r = 0,6) mit einem Körpergewicht von 60 kg ergibt sich durch Einsetzen in die WIDMARK-Formel

eine maximal erreichbare Blutalkoholkonzentration von 2,2 ‰ (!). Bei diesem Wert wäre allerdings noch der Alkoholabbau von Trinkbeginn an abzuziehen, der pro Stunde zwischen 0,1 und 0,2 ‰ anzusetzen ist. Außerdem können auch noch andere Größen ein Rolle spielen, auf die beispielsweise in dem Lehrbuch „Rechtsmedizin“ von Dettmeyer, Schütz und Verhoff (Springer Medizin, 2. Auflage 2014), das u.a. auch Tabellen zum Alkoholgehalt üblicher Getränke enthält, ausführlich eingegangen wird und in dem alle Gebiete der modernen Rechtsmedizin (u.a. auch die Rauschdrogen) verständlich und farbig illustriert behandelt werden.

Man kann leicht nachrechnen, dass die gleiche Alkoholmenge bei einem Mann mit einem Körpergewicht von 80 kg und Konstitutionsfaktor von 0,7 „lediglich“ zu einer maximalen Blutalkoholkonzentration von etwa 1,4 ‰ führen würde. Der unterschiedliche Einfluss von Körpergewicht und Konstitution ist übrigens die Hauptursache dafür, dass beim „geselligen Rundentrinken“ weibliche Teilnehmer wesentlich höhere Blutalkoholkonzentrationen erzielen können als ihre männlichen Mittrinker, obwohl beide Geschlechter identische Alkoholmengen konsumiert haben.

(Fortsetzung in Teil 2, in dem über Grenzwerte für Verkehrsteilnehmer, den Alkoholgehalt üblicher Getränke sowie Erkennungsmöglichkeiten für eine Alkoholbeeinflussung eingegangen wird).

 

Über den Autor

Prof. Dr. rer. nat. Harald Schütz
Prof. Dr. rer. nat. Harald Schütz
Forensischer Toxikologe
Institut für Rechtsmedizin der Universität Gießen

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