Chirurgischer Ratgeber: Operationen bei Schilddrüsenerkrankungen

Heißer Knoten / Kalter Knoten

Die Angst vor Schilddrüsenoperationen ist sehr groß, die Beeinträchtigung der Stimme danach gilt als wesentlichstes Argument und die Suche nach Alternativen ist verständlich.

Es ist uns nicht mehr bewusst, dass der Schweizer Chirurg Kocher schon 1876, also vor 143 Jahren, die erste Operation an der Schilddrüse ausführte, Generationen von Chirurgen haben seitdem diesen Eingriff millionenfach weltweit erfolgreich ausgeführt.

Die erfolgreiche Jodzufuhr in Wasser und Nahrung lässt die Anzahl der „Kropf-Operation“ schwinden, eine individuelle medikamentöse und nuklearmedizinische Behandlung kann viele Operationen vermeiden.

Welche Formen der Schilddrüsenerkrankungen gibt es?

Schilddrüsen-Vergrößerung:

Sie kann gleichmäßig das gesamte Organ erfassen oder auf einzelne Regionen des Drüsengewebes beschränkt bleiben. Hormonproduzierende Drüsenbereiche, werden als „heiße Knoten“ bezeichnet. Sie sind fast immer gutartig.

„Kalte Knoten“ sind Organabschnitte, in denen sich eine Gewebevermehrung abgespielt hat, ein Schilddrüsenhormon wird nicht produziert.

Etwa 5 % der kalten Knoten sind ein bösartiger Tumor (Krebs).

Schilddrüsenentzündungen:

Durch fehlgeleitete Abwehrreaktionen des körpereigenen Immunsystems können die Hashimoto-Thyreoiditis (Zerstörung des Drüsengewebes und einer dauerhaften Unterfunktion) auftreten, der Morbus Basedow ist stets mit einer Schilddrüsenüberfunktion verbunden.

Wie macht sich eine Schilddrüsenerkrankung bemerkbar?

Schilddrüsenunterfunktion oder -überfunktion beeinflussen die Befindlichkeit des Körpers und des vegetativen Nervensystems grundlegend.

Bei einer Schilddrüsenüberfunktion können innere Anspannung verstärktes Schwitzen, Wärmeunverträglichkeit, warme Haut, Herzklopfen, schneller und manchmal unregelmäßiger Puls, mäßiger Bluthochdruck, Nervosität, Unruhe, Gewichtsverlust trotz guten Appetits, häufige und manchmal durchfällige Stuhlentleerungen, Durst, Leistungsschwäche, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Regelstörungen und Potenzprobleme auftreten.

Langfristig entstehen Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern, der Internist sollte bei der Bewertung der Herzstörungen immer differentialdiagnostisch an einen „heißen Knoten“ der Schilddrüse als Ursache denken.

Auffällige Symptome bei der Schilddrüsenunterfunktion sind erhöhtes Kälteempfinden, Müdigkeit und Antriebsschwäche, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten, nachlassender Leistungsfähigkeit, langsamer Puls, Gewichtszunahme, Verstopfung, Hautveränderungen und eine raue Stimme.

Entzündungen der Drüse können mit Schmerzen verbunden sein, eine Vergrößerung des Organs mit Druck- oder Engegefühl.

Oft verlaufen die Schilddrüsenerkrankungen lange Zeit symptomarm und lösen erst im fortgeschrittenen Stadien Beschwerden aus.

Wann muss der Chirurg eingreifen?

Die genaue Diagnose der Erkrankung stellt heute in der Regel der Internist in Verbund mit dem Nuklearmediziner durch Blutuntersuchungen der „Schilddrüsenwerte“, die Szintigrafie und mit Durchführung der Ultraschalluntersuchung des Halses.

Aus diesen Untersuchungen heraus kann die Indikation zu einer Radio-Jod-Strahlentherapie gestellt werden, wenn hormonelle Störungen damit einhergehen.

Die Entscheidung, einen operativen Eingriff auszuführen beruhen auf den Faktoren eines spürbaren Wachstums der Schilddrüse sowie lokale Beschwerden (z. B. Druckgefühl).

Unter einer funktionierenden Tablettenbehandlung ohne Größenwachstum kann abgewartet werden.

Ein „Kropf“ der Schilddrüse sollte immer operativ entfernt werden, der kalte Knoten ist unter Umständen ein bösartiger Schilddrüsenkrebs, ein Belassen unter Medikamenten fatal.

Minimal invasive chirurgische Methoden

Wie eingangs zitiert, 143 Jahre wird standardisiert operiert, inzwischen mit Ultraschall-Scheren, gleichzeitiger Nervendarstellung mit Neuromonitoring, praktisch „blutlos“, auch mit ganz kleinen Schnitten minimal invasiv.

Die Entwicklung der Technik ermöglicht inzwischen eine Alternative, dabei können bei bestimmten Befunden auch sogenannte lokale nicht-operative Behandlungsverfahren zum Einsatz kommen (Thermoablatio der Schilddrüse).

Und welche Komplikationen treten auf?

Es sind keine Kunstfehler, eine entsprechende und umfassende Aufklärung gehört zur Operationsvorbereitung, weil in einem ganz kleinen Prozentsatz eine Schädigung der Nebenschilddrüsen (Kalziumstoffwechsel-Krämpfe), der Sprachnerven (Nervus recurrens-Heiserkeit), Nachblutung mit Wundheilungsstörung und ein kosmetisch unbefriedigendes Ergebnis bei deutlicher Narbenbildung (Keloid) auftreten können.

Zusammenfassung: Die moderne Schilddrüsendiagnostik muss das rechtzeitige operative Entfernen eines Schilddrüsenkrebses ermöglichen.

Zum Schluss sei darauf hingewiesen, dass viele kompetente Artikel unter dem Stichwort „Schilddrüsenerkrankungen“ im Internet nachlesbar sind.

 

Über den Autor

Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold
Dr. med. Klaus-Dieter Schiebold
Aktuelle Ausgabe2/2024