Tod durch Kohlenmonoxid
Zunächst einige typische Pressemeldungen, aus denen die tödliche Gefahr von Kohlenmonoxid offenkundig wird:
Fall 1: Die Obduktion hat es ergeben: Austretendes Kohlenmonoxid aus einem Gasofen war die Todesursache der sechsköpfigen Familie. Das Giftgas strömte offenbar durch einen von Vormietern verursachten Defekt der Heizung in die Wohnung.
Und nur wenige Tage später:
Fall 2: Am Montagabend hatte die Polizei die Leichen von drei jungen Frauen in einem Iglu-Zelt gefunden. Sie hatten sich neben drei Einweggrills gelegt und das Zelt mit einer Plane und Klebeband abgedichtet. Todesursache war eine Kohlenmonoxid-Vergiftung.
Während im ersten Fallbeispiel von einem Unglücksfall auszugehen war, spricht der zweite Geschehensablauf für eine beabsichtigte Selbsttötung.
Besonders häufig werden Kohlenmonoxidvergiftungen jedoch im Zusammenhang mit „Grillfeiern“ beschrieben:
Fall 3: Wegen ungünstigen Witterungsverhältnissen wurde das Grillen im Freien abgebrochen und in die Wohnung verlegt, wobei sich tödliche Werte an Kohlenmonoxid wegen fehlender Abzugsmöglichkeiten ergaben.
Die steigende Beliebtheit von Holzpellets als alternative Energiequelle birgt schließlich eine weitere Gefahrenquelle, die häufig unterschätzt wird: Bereits während der Lagerung kann Kohlenmonoxid freigesetzt werden. Dies führt zu der aktuellen Empfehlung, sog. Pelletbunker nur mit einem CO-Warngerät und/oder Atemmaske zu betreten.
Nachfolgend sollen die wichtigsten Eigenschaften von Kohlenmonoxid (CO) beschrieben werden:
Kohlenmonoxid (CO)
CO-Vergiftungen gehören zu den häufigsten tödlichen Vergiftungen. CO besitzt eine 200-300fach größere Affinität zu Hämoglobin als Sauerstoff und kann sich daher auch bei geringen Raumluftkonzentrationen im Blut anreichern. Es führt durch Bildung des sehr stabilen Komplexes mit Hämoglobin (CO-Hb) und kompetitiver Blockade zu einer Hemmung des Sauerstofftransports und somit zum anoxischen Ersticken. Hauptsächliche Vergiftungsquellen sind das Einatmen von Auspuffgasen und das unvollständige Verbrennen selbst von Gasen (z.B. Erdgas), die primär kein CO enthalten. Die besondere Gefahr besteht darin, dass CO ein geruch- und farbloses Gas ist und Decken sowie Wände durchdringen kann.
Häufig führen verstopfte Schornsteine dazu, dass Kohlenmonoxid in die Wohnung eindringen kann und nicht nach außen abgeführt wird. Hauptursachen hierfür sind beispielsweise Vogelnester (Abb. 2), daneben aber auch Manipulationen von Vormietern, die den Abzug nicht benötigten und ihn daher zur Vermeidung von Zugluft oder Energieverlusten mit Textil- oder Kunststoffmaterialien abdichteten.
Die einzelnen Stadien einer Vergiftung mit Kohlenmonoxid sind in Tab. 1 wiedergegeben.
CO-Hb-Konzentration Symptomatik
bis 10 % keine wesentlichen Beschwerden (Raucher)
10-15 % evtl. Kurzatmigkeit bei körperlicher Anstrengung (starke Raucher)
15-25 % In Ruhe meist keine Wirkung, Kurzatmigkeit bei körperlicher Anstrengung
25-35 % Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Störung der Urteilsfähigkeit, Sehstörungen
35-45 % Verwirrtheitszustände, Lähmungserscheinungen, Ohnmacht bereits bei leichter Anstrengung
45-55 % starke Bewusstseinseinschränkung bis Bewusstlosigkeit, Kollaps, Todesgefahr bei längerer Einwirkung
55-65 % Zusätzliche Krämpfe, Atemlähmung
ab ca. 65 % Unmittelbare Todesgefahr
Wichtig! Bei jedem unklaren Todesfall ist insbesondere in geschlossenen Räumen, in denen mit offener Flamme geheizt wird (z.B. Kamin, Durchlauferhitzer) eine CO-Vergiftung auszuschließen, nicht zuletzt auch zum Selbstschutz und Schutz Dritter.
Differentialdiagnose: Erhöhte CO-Hb- und evtl. auch Zyanidkonzentrationen sowie Einatmung von Ruß sprechen grundsätzlich für ein vitales Erleben des Brandgeschehens. Fehlen diese Anzeichen, so ist der Verdacht auf ein Ableben vor dem Ausbruch eines Brandes und damit ein Verbrechen (Leichenbeseitigung) begründet.
Behandlungsbedürftigkeit besteht immer, wenn Menschen sich in mit CO belasteten Räumen aufgehalten haben und die oben beschriebenen klinischen Zeichen einer Vergiftung aufweisen. Die Therapie der CO-Intoxikation beruht letztendlich auf einer Umkehr der Mechanismen durch schnellstmögliche Elimination des Kohlenmonoxids. Erreicht werden kann das durch die Gabe reinen Sauerstoffs. Diese sollte grundsätzlich als Akuttherapie möglichst unverzüglich nach Rettung aus dem Unfallort eingeleitet und bis zur Beseitigung jeglicher Symptomatik fortgeführt werden.
Gesteigert wird die CO-Elimination mit Hilfe der hyperbaren Sauerstofftherapie, bei der medizinisch reiner Sauerstoff unter einem erhöhten Umgebungsdruck in speziellen Überdruckkammern zugeführt wird.
Wichtige Kontaktdaten bei Vergiftungsfällen
Berlin (Charité-Univeritätsklinikum):
Tel. 030 450 65 35 66
E-mail: Giftinfo@charite.de
Internet: www.charite.de
Weitere Adressen von Giftinformationszentren in Bonn, Erfurt, Freiburg, Göttingen, Homburg, Mainz, München und Nürnberg s. www.bfr.bund.de
Über den Autor
Forensischer Toxikologe
Institut für Rechtsmedizin der Universität Gießen